Die Legenden der Albae: Tobender Sturm (Die Legenden der Albae 4) (German Edition)
gebaut aus abgetragenen Mänteln, zerschlissenem Segeltuch und zerfetzten Planen. Gnome und kleinere Scheusale wuselten umher, zankten und stritten sich um halb verdorbene Fleischbrocken, deren Herkunft mehr als fragwürdig war.
Der Gestank nach Fäkalien, der ihnen entgegenschlug, rief Übelkeit in Aiphatòn hervor. Der umherwabernde Qualm der zahlreichen Feuerstellen vermochte ihn nicht zu übertünchen. Jede Bestie, jeder Mann und jede Frau, jede Kreatur dieses Heeres schien sich zu erleichtern, wo es gerade passte.
Dabei sind sie noch gar nicht lange an diesem Ort. Aiphatòn spürte den Ekel, der ihn anfiel. Der Boden federte aufgeweicht unter ihren Sohlen, während sie auf den spitzen, weißen Turm zueilten, auf dem grüne Runen prangten und sicherlich verkündeten, dass die Nhatai-Familie diese Streitmacht unter ihrem Befehl hatte.
Bald erkannte Aiphatòn, dass das hohe Bauwerk am anderen Ende des Lagers errichtet worden war, sodass die Albae einmal quer hindurchmarschieren mussten.
Aus den kleinen Zelten wurden Unterstände aus Holz, zuerst mit Reisigwänden gegen den Wind versehen, dann mit Stämmchen, schließlich mit Planken und später sogar Mauerwerk aus aufgeklaubten Steinen.
Der Macht der Botoikerin gelang ein Wunder: Orks schliefen neben Menschen am Lagerfeuer, Trolle und Oger lagen mittendrin, da sie zu groß für die Behausungen waren, und hatten die hässlichen Köpfe auf ihre Arme gebettet. Sämtliche verfeindeten Wesen und Rassen hockten dicht aufeinander, ohne dass sie sich an die Gurgel und ans Fleisch gingen.
Zwar kam es laut hörbar zu Streit, doch der Zwist endete so rasch, wie er aufgeflammt war, sobald sich ein Ghaist blicken ließ, wie Aiphatòn verfolgte. Sie dienten ganz offenkundig als Kontrollinstanz, um einzugreifen und den Zauber der Botoikerin gezielt zu verstärken.
Wie immer sie das anstellt. Aus den Augenwinkeln sah er, dass einer der Kupferhelme einem Ork, der sich nicht beruhigte, mit bloßen Händen den Schädel vom Hals riss und den Leichnam seiner Sippe hinwarf, die sich hungrig darüber hermachte. Es gab nicht einen Funken des Aufbegehrens gegen den Umgang mit ihrem Angehörigen. Schmatzend und grunzend fraßen sie ihren Artgenossen.
Der Tross ging weiter und weiter, vorbei an den bekannten und unbekannten Bestien von Ishím Voróo.
Aiphatòn machte sogar mehrere Oboona aus, die den Albae nicht voll Verzückung nachblickten, wie sie es hätten tun müssen.
Er erinnerte sich an die Geschichten, die ihm Carmondai über sie berichtet hatte und wie Caphalor seine Familie an die Schlimmste von ihnen verlor. Nun laufen ihre Götter an ihnen vorbei, und sie starren lediglich ins Feuer. Sie fanden eine stärkere Macht.
Kôr’losôi erschien neben ihm. »Wundere dich nicht, wenn deine Beine gleich einen anderen Weg wählen«, eröffnete er, ohne dass er Aiphatòn berührte. Er verkündete somit den Willen seiner Vetterin. »Wir werden von Fa’losôi im Turm erwartet. Aber vorher will sie dich gewaschen und umgezogen wissen.«
Um ein Haar hätte Aiphatòn mit einer Frage geantwortet, aber er sah den mahnenden Ausdruck auf dem Gesicht des Botoikers.
Er bog mit Kôr’losôi ab und verließ das albische Heer aus Elhàtor, das weitereilte und auf einen Bereich zuhielt, wo sich schwarze Zelte erhoben. Sein Volk schien das einzige in dem Haufen zu sein, das bei allem Zauber einen Rest Würde aufrechtzuerhalten versuchte.
Der Eingang zum schmalen, weißen Turm, der sich wie ein Fremdkörper aus dem Unrat und der Ansammlung von Kreaturen erhob, lag in fünf Schritt Höhe, ohne dass eine Treppe hinaufführte. In der Tür stand eine braunhaarige Frau in einem dunkelgrünen Kleid, das weiße Stickereien zeigte.
»Nicht wundern. Ich deutete an, was geschehen wird«, sagte Kôr’losôi.
Besonders kräftige Orks, die unterhalb des Einlasses herumlungerten, blieben plötzlich stehen und formten mit ihren Körpern eine stabile Treppe, die Aiphatòn und der Botoiker hinaufgingen; kaum standen die beiden im Inneren des Bauwerks, sprangen die Bestien auseinander, und die Stiege aus breiten, gepanzerten Orknacken löste sich auf.
»Willkommen, Kôr’losôi. Unsere Vetterin ist gespannt, was du ihr alles berichten kannst«, sprach die Botoikerin, die das Haar kurz trug und ihrem Verwandten sehr ähnelte.
»Danke, Saî’losôi. Du warst ihr eine gute Vertraute und Stütze bei der Kontrolle des Heeres?« Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn.
Sie erwiderte seine Begrüßung. »Sie
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