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Die Legenden der Albae - Vernichtender Hass

Die Legenden der Albae - Vernichtender Hass

Titel: Die Legenden der Albae - Vernichtender Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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geschah, dennoch
spielte auch bei ihren Entscheidungen die Grundstimmung im Volk und vor allem
die der wichtigeren Persönlichkeiten eine Rolle.
    Polòtain
war vor zehn Teilen der Unendlichkeit als einer der Führenden in den Reihen der Kometen nach hinten getreten, hatte sich auf seinen
Landsitz nach Avaris zurückgezogen und sein Stadtanwesen in Dsôn Robonor
überlassen. Doch nachdem sich Sinthoras, der ebenso zu den Kometen zählte, eine derartige Heimtücke erlaubt hatte, konnte er nicht mehr
stillsitzen. Seine Verbindungen waren in Dsôn und in allen sechs Strahlarmen
nach wie vor vorhanden. Durch eine solche Verbindung hatte er bereits ein
Versprechen erhalten, das bald Früchte tragen sollte.
    Â»Ich
werde dich in die Knie zwingen, Sinthoras«, murmelte er. »Wehe, du stirbst mir
in Tark Draan. Ich wünsche dir zahllose glorreiche Siege, die dich aufsteigen
lassen – desto tiefer wird dein Fall sein, und ich werde mich daran weiden.«
    Polòtain
hatte keinen Blick für die ausgefallene Pracht des Viertels um ihn herum, in
dem sehr viele bedeutende Künstler wohnten. Er beachtete nicht die in sich
gedrehten Bauwerke aus grau und dunkel gefärbten Hölzern, aus gepressten
Steinen mit verschiedensten Metalleinlagen, mit Ornamenten aus schwarzen und
weißen Knochenplättchen, mit gravierten Fensterfronten und vieles mehr. Auch
nicht die in Form geschnittenen Bäume, in deren Ästen sich kleine Kunstwerke
im zarten Wind bewegten.
    Er
hatte für vieles Schöne den Blick verloren, weil es keine Bedeutung mehr für
ihn hatte. Sein Hass auf Sinthoras und Timānris war so groß, dass er
Meisterstücke ihres Vaters, von denen er etliche besessen hatte, auf der Straße
vor seinem Haus hatte zerstören lassen, und das von den niedrigsten Sklaven,
die er hatte finden können.
    Polòtain
merkte nicht, wenn er von Vorübergehenden gegrüßt wurde. Er schlurfte durch das
Viertel, bis ihm die Beine schmerzten und er doch in die Sänfte stieg. Er war
nicht mehr der Jüngste.
    Was
hatte er sich alles ausgemalt für die Zukunft, die er auf das Vorankommen von
Robonor ausgerichtet hatte. »Der junge Held«, sagte er schluchzend und bedeckte
die Augen mit den Fingern der Rechten, tupfte die Tränen mit dem Ärmel ab.
    Bevor
er in seinem Stadtanwesen angekommen war, schüttelte Polòtain den Kummer ab,
der zu sehr lähmte und die klaren Gedanken trübte. Seine schwerste Schlacht
führte er gegen einen Feind in den eigenen Reihen, für den er nur vernichtenden
Hass empfand.
    Die
Sänfte hielt, Polòtain stieg aus.
    Kaum
trat er durch das Tor, wurde er von seinem Urenkel Godànor empfangen, der ein
schwarzes Gewand trug, und um dessen Hüfte sowie die Brust weiße Ledergurte
spannten, die mit Gold und Silber beschlagen waren. »Da bist du ja!«, rief er
aufgeregt. »Komm! Du hast Besuch.«
    Polòtain
ahnte, was ihn erwartete: War etwa das erste Versprechen eingelöst worden?
»Weswegen machst du es derart spannend?«
    Â»Ich
mache es nicht spannend. Du kannst mich fragen.« Godànor nahm ihn an der Hand
und eilte los, zog ihn über den Hof zum Gesindehaus, in dem die Sklaven ruhten.
    Â»Langsam!
Ich bin heute schon viel gelaufen.« Polòtain hatte entschieden, sich
überraschen zu lassen.
    Vom
Gesindehaus gelangten sie zur kleinen Schmiede, deren Tür Godànor öffnete.
    Zwei
Bewaffnete erwarteten sie, auf deren leichten Rüstungen das Zeichen von Eranior
prangte. Persönliche Gefolgsleute. Am Amboss hatten sie zwei zusammengekettete
Menschen in schäbiger, zerrissener Kleidung angebunden, die sich sofort
duckten, als die Neuankömmlinge eintraten. Polòtain bemerkte einen säuerlichen
Geruch, den einer der Barbaren verströmte, als litte er unter einer im Innern
schwärenden Krankheit.
    Â»Das
sind Samrai und Chislar«, sagte Godànor und deutete auf die Bewaffneten, dann
langte er in die Tasche seines Gewands, um seinem Urgroßvater einen Brief zu
überreichen. »Sie haben diese Barbaren zusammen mit der Nachricht überbracht.«
    Polòtain
erbrach das Siegel und las die knappen Zeilen, die lediglich die besten
Empfehlungen enthielten und ihm viel Erfolg beim Verhör wünschten: Es waren
zwei der drei Sklaven, die sich in jener Nacht auf offener Straße geprügelt
hatten und die Robonor hatte festnehmen wollen, bevor er zu Tode gekommen

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