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Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition)

Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition)

Titel: Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geoff Rodkey
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Obstfeldern. Ein paar hielten Laternen. Der Rest trug Pflückhaken.
    Otto blieb vor mir stehen, als er lächelte, glänzten seine grauen Zähne im Licht der Laterne.
    »Da haste dir was eingehandelt, Bubi«, sagte er. Er streckte mir die Hand entgegen und wir besiegelten die Abmachung mit Handschlag.
    »Wo wollen die alle hin?«, fragte ich.
    Er rieb sich den Hals. »Kleine Panne. Das Frachtschiff wird in drei Tagen die Frühernte nach Pella Nonna bringen. Wir ham’s in letzter Zeit ’n bisschen schleifenlassen – dein Dad war ja weg und dann ham wir nach dem Schatz gesucht. Aber wenn wir die Ernte nich einholen und auf dieses Schiff laden, war’s das wahrscheinlich mit der Plantage.«
    »Was bedeutet das?«, fragte ich.
    »Es bedeutet, der Vertrag platzt, das Schiff segelt einfach so davon, die Früchte auf den Feldern verfaulen und wir ham nix mehr, um hier einzukaufen. Keine Stinkfrucht, kein Geld … alles für die Katz.«
    Ich wurde fuchsteufelswild. »Und warum fällt dir das erst jetzt ein?!«
    »War doch nich unser Problem. Bis jetzt ham wir hier bloß gearbeitet.«
    Es gelang mir, Otto zu überzeugen, Stumpy, den Kutscher, nach Galgenhafen zu schicken. Er sollte herausbekommen, wann Percy und die Soldaten in See stachen, damit wir ausrechnen konnten, wie viel Zeit uns blieb, bevor die Verstärkung aus Morgenröte eintraf.
    Ansonsten beharrte Otto darauf, dass er keine Männer entbehren konnte, um am Morgen nach dem Schatz zu suchen. Die Piraten würden ihre überstürzte Ernte nur unterbrechen, um gegen die Soldaten zu kämpfen, falls sie zurückkamen.
    Und das war nicht unser einziges Problem – keiner von ihnen besaß ein Gewehr (Dad hatte Waffenbesitz verboten, was eigentlich eine ziemlich vernünftige Regel war) und wir hatten auch kein Geld, um in Galgenhafen welche zu kaufen.
    »Irgendwo muss doch Geld sein«, flehte ich Quint an, als wir zum Haus zurückkamen.
    »Erst, wenn wir die Ernte verkaufen. Und das meiste davon ist schon für Nahrungsmittel verpfändet. Du kannst keine Pistolen kaufen, es sei denn, ihr wollt bis zum Frühjahr nix mehr essen. Und das wird sich dieser Haufen nich gefallen lassen.«
    »Hatte Dad nicht irgendwelches Geld in Reserve?«
    »Bisschen, ja.«
    »Wo ist das?«
    »War in seine Jacke eingenäht.«
    »Welche Jacke?«
    »Die Jacke, die er trug, als er nach Morgenröte segelte.«
    Danach konnten wir nicht viel mehr tun, als ins Bett zu gehen und zu hoffen, dass am nächsten Morgen alles etwas weniger trostlos aussehen würde. Millicent verschwand in Venus’ Zimmer im ersten Stock, während Guts in Dads Bett plumpste, wo er fast augenblicklich losschnarchte. Ich hätte in Millicents Nähe bleiben und in Adonis’ Zimmer schlafen können, aber ich wollte – zum ersten Mal seit ungefähr einem Monat – lieber behaglich in meinem eigenen Bett liegen. Also verzog ich mich in meine vertraute kleine, fensterlose Kammer neben der Küche, wo ich mir im Dunkeln den Kopf darüber zerbrach, wie ich heil aus diesem ganzen Chaos herauskäme.
    Die Behaglichkeit wurde mir allerdings etwas vergällt durch die Tatsache, dass mein Bett nach Soldat stank, ganz zu schweigen davon, dass ich die Plantage meiner Familie gegen die Ergebenheit von fünfzig verkrüppelten Piraten eingetauscht hatte, die, wenn ich nicht irgendwo Gewehre für sie auftrieb, im Kampf gegen die Soldaten völlig nutzlos wären.
    Dann war da noch der Schatz. Selbst wenn es ihn tatsächlich gab, hatte ich keine Ahnung, wie ich ihn finden sollte. Dad war über ihn gestolpert, als er die Kanone reinigen wollte, also musste er irgendwo zwischen diesem Haus und dem Felsen des Verderbens liegen. Aber das hatte auch Percy gewusst. Und selbst mit fast fünfzig Mann, die eine Woche lang wie die Verrückten gebuddelt hatten, hatte er keinerlei Hinweis gefunden.
    Allerdings kam mir die Graberei, je mehr ich darüber nachdachte, immer sinnloser vor. Dad hatte keine Schaufel dabeigehabt, als er an jenem Morgen aufgebrochen war, um die Kanone zu reinigen. Warum sollte man also graben müssen, um das zu finden, was er gefunden hatte?
    Es schien vollkommen sinnlos, andererseits war es vermutlich Percys Idee gewesen. Und der war noch nie besonders helle gewesen.
    Ich konnte den Schatz finden – ich musste mich nur klug anstellen und gründlich über alles nachdenken. Wie Dad denken.
    Auf welchem Pfad ging er an diesem Morgen den Berg hinauf? Schnurstracks nach oben? Oder nahm er einen Umweg, zum Beispiel am Rand der Klippe

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