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Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition)

Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition)

Titel: Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geoff Rodkey
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allmählich spärlicher und der Felsen des Verderbens war schon aus fünfzig Meter Entfernung zu sehen. Er war nicht wiederzuerkennen – der Befestigungswall mitsamt der Kanone, die über das Kliff ragte, war noch da, doch auf dem Gelände ringsum war ein Graben ausgehoben worden, der so breit war, dass es mich wunderte, dass der Wall nicht abgebrochen und ins Meer gestürzt war.
    Stattdessen gruben sie noch immer weiter am Fuß eines der gewaltigen Steinbrocken am Klippenrand – eine Gruppe Piraten, fünf rovische Soldaten mit nacktem Oberkörper und Percy, der nicht ernsthaft mitarbeitete, sondern nur so tat und sich auf seine Schaufel stützte, während er sich den Schweiß von der fleischigen Stirn wischte.
    Ich reichte Quint sein Gewehr und richtete meines auf Percy. Wir waren noch ungefähr zwanzig Meter entfernt, als uns der erste Soldat bemerkte und den anderen etwas zurief, die sich daraufhin einer nach dem anderen zu uns umdrehten.
    Bei meinem Anblick klappte Percy die Kinnlade herunter.
    »Egbert … wie schön, dass es dir gut geht. Hab schon das Schlimmste befürchtet –«
    »Legt die Schaufeln nieder und verschwindet von meinem Land«, sagte ich. Wir blieben am Rand des breiten Grabens stehen, unsere Gewehre zeigten über das tief ausgehobene Niemandsland hinweg auf sie.
    »Das ist doch nicht nötig, Junge –«
    »Legt sie nieder und verschwindet von meinem Land«, wiederholte ich.
    Die Soldaten sahen einander an und schienen unsicher, wie ernst sie meine Aufforderung nehmen sollten.
    »Legt die Dinger hin, oder wir machen euch kalt, ihr«, sagte Guts.
    Percy versuchte ein Lächeln, doch es wirkte eher wie eine Grimasse. »Wir können doch über alles reden –«
    »Da gibt es nichts zu reden. Legt die Schaufeln nieder und macht, dass ihr wegkommt.«
    Sie rührten sich nicht.
    »Macht schon!«, brüllte Quint.
    Sie bewegten sich noch immer nicht. Die Soldaten schienen auf einen Befehl von Percy zu warten, der jedoch wie angewurzelt dastand.
    »Wen soll ich zuerst abknallen?«, fragte Guts laut.
    »Noch nicht!«, flüsterte ich ihm zu. Mit einem Mal wünschte ich mir, ich hätte etwas gründlicher über eine Strategie nachgedacht. Wir hatten zwar die Gewehre, doch selbst wenn man die Piraten nicht mitzählte, waren die anderen doppelt so viele wie wir, und sobald jeder von uns einen Schuss abgegeben hatte, würde es länger dauern nachzuladen, als sie brauchen würden, um sich auf uns zu stürzen. Und wenn es auf einen Faustkampf hinauslief, hatten wir kaum eine Chance.
    Und dann waren da noch die Piraten. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, auf wessen Seite sie standen. Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen wussten sie es vermutlich selbst nicht. Mungs Gemurmel hinter mir ließ darauf schließen, dass er uns unterstützen würde, doch er und Quint waren die beiden einzigen, deren ich mir in jeder Hinsicht sicher war.
    »Du«, sagte ich und richtete das Gewehr auf Percy, »und ihr fünf« – ich deutete mit dem Lauf auf die Soldaten – »verschwindet von meinem Land. Oder ihr seid tot.«
    Ich versuchte, ruhig und unversöhnlich zu klingen, doch ich bekam das Zittern nicht ganz aus meiner Stimme.
    Percy legte seine Schaufel hin, stieg den Graben am anderen Ende hinunter und kam langsam auf mich zu.
    »Das Problem ist nur, Junge«, sagte er mit freundlicher Stimme – zumindest mit der Freundlichkeit, deren er fähig war –, »das hier ist nicht dein Land. Es gehört deinem Vater.«
    »Mein Vater ist tot.«
    »Nicht deinem ehemaligen Vater. Sondern deinem neuen.«
    »Er ist nicht mein Vater!«
    »Knall ihn ab!«, zischte Guts.
    Percy war schon halb über das Niemandsland und lächelte zu mir hoch.
    »Ich fürchte schon. Ich habe die Papiere gesehen.«
    »Lügen auf Papier bleiben trotzdem Lügen.« Mein Gesicht glühte und das Gewehr wurde immer schwerer. Ich verlagerte gerade das Gewicht in meinen Händen, da hörte ich zu meiner Linken ein pffft -Geräusch.
    Alle waren verblüfft und drehten sich zu Guts, der finster auf sein Steinschlossgewehr starrte, das auf Percy gerichtet gewesen war, als es versagte. Guts schüttelte das Gewehr und brüllte es an, da feuerte es plötzlich mit einem lauten Donnern. Die Munition wirbelte gut fünf Meter neben Percy eine harmlose Dreckwolke im Graben auf.
    Während Guts verärgert fluchte und auf den Knien hektisch versuchte, nachzuladen, kamen zwei Soldaten einen Schritt auf ihn zu, blieben allerdings stehen, als Quint mit seinem Gewehr in ihre

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