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Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege

Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege

Titel: Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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den Vorplatz in den vermeintlich sicheren Wald geschleift, wo die Pfahlgruben weitere schreiende Opfer forderten. Armbrüste wurden gespannt, die Bolzen zischten harmlos durchs Blattwerk.
    Rebraal beobachtete einen der Anführer. Es war ein großer, starker Mann, der eine gewaltige Axt in der Hand hatte. Ein dichter Bart bedeckte seine Wangen, den Hals und das Kinn. Er schritt zur Tür des Tempels und befahl den anderen, ihm zu folgen.
    »Ausgezeichnet«, sagte Rebraal halblaut. »Schickt sie nur alle dorthin.«
    Dann sah er nach rechts, wo ein verängstigter Mann dafür plädierte, in den Wald zu laufen. Er spannte den Bogen
und ließ den Pfeil fliegen, die Spitze durchbohrte den Oberschenkel des Mannes. Der Eindringling stürzte und starrte blicklos zu den Bäumen; er schrie vor Schmerzen und wimmerte vor Angst. Ein zweiter Mann bückte sich, um ihm zu helfen. Ein Pfeil, der auf der anderen Seite des Vorplatzes abgeschossen wurde, traf sein Auge. Die Pfeile hatten die gewünschte Wirkung. Der verletzte Mann kam mühsam hoch und folgte seinen Kameraden, die zum Tempel flohen.
    Leise, fast unhörbar, fluchte Sheth’erei. Rebraal erschrak.
    »Sprüche«, murmelte sie.
    So war es. Brennende Tropfen regneten plötzlich aus dem wolkenlosen Himmel herab und gingen zu beiden Seiten der Vorplatzes in den Bäumen nieder. Die nassen Blätter der Banyan- und Feigenbäume am Rand der Lichtung begannen zu schmoren, als die magischen Flammen der Fremden sie trafen und hängen blieben. Auf der anderen Seite des Vorplatzes hatte das Feuer bereits fünfzig Fuß hoch im Blätterdach Nahrung gefunden, doch die Pfeile flogen unvermindert weiter, und die Fremden stürzten. Ein Tropfen traf die Plattform, auf der Rebraal stand. Das nasse Holz zischte, ein verkohlter Fleck entstand, Rauch stieg auf.
    »Sheth, du bist an der Reihe«, flüsterte Rebraal.
    Sie nickte und wirkte ihren Spruch. Von Norden fegte parallel zum Boden ein Sturm aus rasiermesserscharfen Hagelkörnern heran, als würde er von einem mächtigen Wind getrieben. Er schürfte das Fleisch von ungeschützten Gesichtern und Händen, drang tief in Lederrüstungen ein und trieb die Fremden noch schneller zu den Türen des Tempels. Plötzlich herrschte ein ohrenbetäubender Lärm. In das Knistern der Flammen und das Knacken
brennenden Holzes mischten sich die Schreie der Geschöpfe im Wald, die vor der Gefahr flohen, die sie am meisten fürchteten, während die Fremden auf dem Vorplatz sich gegenseitig und den Wald anbrüllten und versuchten, sich irgendwie vor dem Todeshagel zu schützen.
    Der Hagelschauer hielt zu ihrem Glück nicht lange an, doch auch dieses Glück war nicht von Dauer. Ungehindert flogen Pfeile von den Plattformen herunter und fanden ihre Ziele. Nur selten verfehlte ein Pfeil sein Ziel und prallte vom Stein ab, blieb in einem Baumstamm stecken oder verschwand im Unterholz. Diejenigen, die getroffen worden waren, spürten schnell die Wirkung des Gifts. Sie verloren das Gleichgewicht und taumelten oder stürzten. Ihr Gesichtsfeld verengte sich, dann konnten sie überhaupt nichts mehr sehen, und schließlich, kurz bevor der Tod sie holte, strömte Blut aus Ohren, Nase und Mund. Das Gift zerstörte Venen und Arterien.
    Mehr als die Hälfte der Fremden war jetzt tot oder lag im Sterben. Zehn Schritte vor der Tür des Tempels hatten sie sich gesammelt. Zehn Schritte vor ihrem Ziel. Der bärtige Anführer hatte eine Abwehr aus Schilden organisiert, und wieder begannen sie mit Armbrüsten zu schießen, die jedoch kein Ziel fanden.
    »Sie werden versuchen, den Schutzspruch an der Tür aufzulösen«, warnte Sheth’erei.
    Rebraal schoss einen weiteren Pfeil ab. Er hatte nicht mehr viele, auch Skiriin ging die Munition aus. »Kannst du sie aufhalten?«
    »Wir müssen sie ablenken«, sagte sie. Dann hielt sie inne und atmete erschrocken ein. »Oh, nein, Erin, nein.«
    Zum ersten Mal, seit der Kampf begonnen hatte, schlich sich Furcht in Rebraals Herz. »Was ist?«

    Dann sah er es selbst. Der Heiße Regen fiel weiter, doch auf der anderen Seite des Vorplatzes erreichte er die Bäume nicht mehr. Erin’heth hatte einen Schild aufgebaut, und die schützende Kuppel war für die feindlichen Magier so deutlich zu sehen wie ein Leuchtfeuer.
    »Wir müssen das Schweigen endlich brechen«, sagte Sheth’erei.
    Rebraal nickte. »Also los.«
    Gleichzeitig stießen sie die abgehackten Rufe des Seeadlers aus. Es war die Aufforderung zu fliehen. Gleich nachdem sie den Ruf

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