Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege
ausgestoßen hatten, stieg Rebraal, den Bogen über die Schulter geschlungen, als Erster die Leiter hinunter und verließ die Plattform. Er konnte bereits rennende Füße hören. Die Fremden hatten auf die Laute reagiert.
Doch er machte sich nicht um sich selbst Sorgen. Am Fuß der Leiter drehte er sich um und sah direkt über den Plattformen vier Feuersäulen aus dem Himmel in den Wald stürzen. Es war ein Spruch, von dem er gehört hatte, den er aber noch nie gesehen hatte. Die Flammen suchten die Seelen und rissen sie in die Hölle. Erin’heths Schild fiel unter dem machtvollen Angriff in sich zusammen.
Die Bretter brachen, die schützenden Lederplanen hingen noch daran. Ein Blitz ließ den Tempel und seine Umgebung für einen Moment grell hervortreten. Rebraal sah brennende Körper von einer Plattform stürzen und in einem Schauer aus Funken und Asche im Unterholz landen. Die Hitze verschmorte die Pflanzen und ließ eine Rauchwolke aufsteigen. Er hörte einen entsetzlichen Schrei, der abrupt abbrach. Aus neun Verteidigern waren auf einen Schlag fünf geworden.
»Sheth, wir müssen den Schutzspruch auslösen!«, rief er. Jetzt war keine Zeit mehr für verdecktes Vorgehen.
»Ich kümmere mich darum«, sagte die Magierin. Ihre Stimme war heiser vor Wut.
Sie kniete sich hin und begann den Spruch zu wirken, ihre Finger zeichneten komplizierte Muster in die Luft, und sie verschloss die Augen vor dem Feuer, das ihre Freunde verzehrte. Neben ihr summte Skiriins Bogen, und wieder starb ein Fremder. Rebraal öffnete seine Gürteltasche mit den Jaqrui-Wurfsternen, nahm einen heraus und warf ihn in Kopfhöhe nach dem halben Dutzend Fremden, die auf sie losgehen wollten. Sie waren höchstens noch dreißig Schritte entfernt. Der Wurfstern traf den Hals eines Mannes an der Seite und fügte ihm einen tiefen Schnitt zu. Der Mann schrie auf, ließ seine Waffe fallen und presste die Hand auf die Wunde, aus der sein Lebenssaft auf den Boden spritzte.
Rebraal zog sein Schwert. Im gleichen Augenblick wirkte Sheth’erei ihren Spruch mit verhängnisvollen Folgen. Sie stellte sich hin, um die Gruppe an der Tür gut sehen zu können, und breitete mit den Handflächen nach oben die Arme aus. Der unsichtbare Kraftkegel schoss los, eine Ramme aus Mana traf die erste Reihe der Schildträger völlig unvorbereitet und schleuderte sie gegen ihre Kameraden. Der Kraftkegel raste weiter, einige konnten stolpernd vor seinem Einfluss fliehen, doch die meisten wurden hilflos zurückgedrängt und überschlugen sich. Das Ergebnis war unvermeidlich. Einer von ihnen stürzte gegen die Tempeltür.
Der Blitz brannte sich in Rebraals Augen ein, und er musste sich halb abwenden. Die Explosion ließ den Boden unter seinen Füßen beben und die Äste der großen Banyanbäume über ihm zucken. Die Tempeltüren explodierten, und ein mächtiger Feuerstrahl schoss heraus wie der Atem eines großen Drachen. Alles, was in seiner
Bahn lag, wurde von ungeheuer heißen Flammen versengt. Der Strahl bestrich den halben Vorplatz, und der Luftschwall, der danach folgte, warf auch die noch lebenden Al-Arynaar um.
Rebraal überschlug sich, fing sich aber schnell wieder ab und kam auf die Beine. Sein Bogen war zerbrochen und nutzlos. In der Nähe richtete sich auch Skiriin wieder auf, er hatte bereits seine schlanke Klinge gezogen. Sheth’erei lag noch am Boden, doch sie bewegte sich, und von der nicht beschädigten Plattform kamen Rourke und Dereneer herunter und rannten zu ihnen.
»Wir wollen es zu Ende bringen«, sagte Rebraal.
Er rannte los, die anderen drei Schwertkämpfer folgten ihm und zwangen sich, nicht stehen zu bleiben, als sie den Vorplatz sahen. Der Schutzspruch hatte schreckliche Schäden angerichtet. Flammen leckten am Stein, wo das Unterholz Feuer gefangen hatte, brennende und verkohlte Leichenteile lagen herum, und nur wenige der Fremden dort lebten noch.
Von der Gruppe an der Tür waren zwei noch bei Bewusstsein und griffen an. Einer feuerte eine Armbrust ab, der Bolzen zischte an Rebraal vorbei und traf Dereneer mitten in den Bauch. Der Elf ließ das Schwert fallen und ging zu Boden. Rebraal sprang über einen Brandherd hinweg und traf mit der Klinge den Arm des Armbrustschützen. Der Fremde ließ die Waffe fallen, taumelte zurück und hatte keine Verteidigung mehr gegen den nächsten Schlag, der seine Kehle zerfetzte.
Rebraal drehte sich um und sah, wie Rourke und Skiriin den Zweiten töteten, doch hinter ihnen, auf dem Weg, bewegten sich
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