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Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege

Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege

Titel: Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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aufrecht zwischen die Räder geschnallt, nachdem man ihn bis auf den Lendenschurz entkleidet hatte. Selik sah leidenschaftslos zu und empfand ein wenig Enttäuschung über das Verhalten des Magiers, der sich weder sträubte noch protestierte. Als er festgebunden war, zog Selik einen Dolch aus der Scheide und ging langsam zu ihm. Der Magier ließ ihn nicht aus den Augen.
    »Es gibt im ganzen Land Leute wie dich. Wir haben sie als Warnung an die anderen von deiner Art zurückgelassen, dass die Schwarzen Schwingen stärker werden. Dass wir euch erbarmungslos verfolgen werden, dass ihr für eure Taten büßen werdet, und dass wir erst aufhören werden, wenn das Übel der Magie in Balaia ausgerottet ist. Du wenigstens wirst an diesem Krieg nicht mehr teilnehmen können.«
    Der Magier spuckte ihn an, der mit Blut durchsetzte Speichel traf Seliks Wange und lief sein Gesicht hinunter. Selik lächelte nur.
    »Das wirst du noch bereuen, wenn der Durst unerträglich wird.«
    »Komm näher, und ich tue es noch einmal. Ich habe keine Angst vor dem Tod.«
    »Wie schön für dich.« Seliks Mund verzog sich zu
einem grotesken Grinsen. »Unser Problem ist nur, dass es keine Warnung ohne eine entsprechende Botschaft gibt. Und da wir leider kein Pergament mehr haben, müssen wir auf etwas anderes schreiben.« Er wandte sich an seine Männer. »Haltet ihn ruhig und verschließt ihm den nutzlosen Mund.«
    Die Schwarzen Schwingen gehorchten und pressten dem Magier ihre Hände auf den Kopf, auf die Schultern, die Knie und die Oberschenkel und hielten ihn fest. Selik kam langsam heran und sah dem Magier tief in die Augen, in denen die Furcht wuchs. Er war kurz davor, die Fassung zu verlieren.
    Mit der Dolchspitze zwischen Daumen und den ersten beiden Fingern ritzte er Buchstaben auf die Brust des Magiers. Er ließ die Klinge tief eindringen und spürte, wie sich seine menschliche Leinwand aufbäumen wollte. Aus dem verschlossenen Mund drangen erstickte Schreie.
    »Haltet ihn fest, ich versuche zu schreiben«, sagte er.
    Er machte sich wieder ans Werk, ritzte mit der Messerspitze Buchstaben und hielt die Brust und den Bauch des Magiers mit der anderen Hand straff gespannt. Bald war er fertig. Er richtete sich auf, wischte den Dolch ab und steckte ihn ein, um sein Werk zu betrachten, das im strömenden Blut etwas unterging. Mit einer knappen Handbewegung winkte er seine Männer zu sich. Der Magier atmete schaudernd, sein Gesicht war bleich und schweißüberströmt. Er schluckte.
    »Ihr werdet durch die Hand eines Magiers sterben, Selik«, quetschte er hervor. »Und wenn Ihr sterbt, wird mein Tod im Vergleich ein schmerzloser sein.«
    Selik antwortete nicht direkt. »Ich hätte damit gerechnet, dass du wissen willst, was ich geschrieben habe.«
    »Das ist mir egal«, sagte der Magier, der allmählich die
Kontrolle über seinen verstümmelten Körper zurückgewann. »Ihr seid wertloses Ungeziefer, Selik. Ich bin überrascht, dass Ihr überhaupt schreiben könnt.«
    »Die Inschrift lautet: ›Magier, fürchtet die Schwarzen Schwingen.‹ Ich glaube, das fasst es ganz gut zusammen. Es ist gewissermaßen genau auf den Punkt gebracht.« Er lachte. »Natürlich ist es nicht leicht zu lesen, aber ich denke, wer dich findet, wird es früher oder später schon herausfinden. Wenn du großes Glück hast, kannst du es sogar selbst weitererzählen.«
    Er drehte sich um und ging zu seinem Pferd. »Aufsitzen, Schwarze Schwingen. Wir haben noch einen weiten Weg vor uns und einen Magier, den wir unterweisen müssen.«
    »In der Hölle sollst du schmoren, Selik!«, brüllte der Magier, der sich gegen seine Fesseln wehrte.
    Selik lachte wieder. »Nein, mein guter Magier, das werde ich nicht. Denn die Gerechten werden gesegnet und nicht verflucht.«
    Er ließ sein Pferd die Hacken spüren und führte die Schwarzen Schwingen nach Nordwesten, während hinter ihm die Schreie des Magiers verklangen. Es war ein wirklich erbaulicher Tag gewesen.

Elftes Kapitel
    Drei Tage nachdem sie den Ornouth-Archipel verlassen hatte, lief die Calaianische Sonne kurz nach der Mittagsstunde gemächlich in Ysundeneth ein. Sogar Jevin hatte sich über die Geschwindigkeit, mit der sie gefahren waren, überrascht gezeigt. Ein stetiger Nordwind hatte sie auf der leichten Dünung rasch vorankommen lassen, und während des größten Teils der Reise hatten Delfine das Schiff begleitet und die idyllische Atmosphäre noch verstärkt.
    Denser spürte Ilkars Erleichterung und auch seine

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