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Die Legenden des Raben 03 - Schattenherz

Die Legenden des Raben 03 - Schattenherz

Titel: Die Legenden des Raben 03 - Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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Al-Arynaar zu sich. Sie hieß Sian’erei und gehörte der gleichen weitläufigen Familie an wie die Elfen in der Gilde der Drech, die vor kurzem mit dem Raben gekämpft hatten und gefallen waren. Sian war voll grimmiger Entschlossenheit und eine begabte Magierin, zwei Eigenschaften, dank derer sie eine nahe liegende Wahl für den Überfall gewesen war. Doch sie war wie sie alle verunsichert und hatte Angst, das Mana könne ein zweites Mal versagen.
    »Wir müssen sicher sein, dass dieses Fenster frei von Fallen ist. Beeile dich.«
    Sian schloss die Augen. Auum sah ihre Pupillen unter den Lidern zucken, während sie lautlos den Mund bewegte. Den Regen, der in ihr schmales Gesicht peitschte und ihr kurz geschnittenes
Haar durchnässte, bemerkte sie nicht mehr, als sie das Oberlicht auf Fallen absuchte.
    »Nichts«, meldete sie. »Und das Spektrum ist stabil.«
    »Möge Yniss dafür sorgen, dass es so bleibt«, sagte Auum. »Zurück in den Schatten.«
    Sie zog sich zurück, und nun kam Duele herbeigehuscht.
    »Was denkst du?«, fragte Auum.
    »Der Rahmen ist schwach«, sagte Duele nach kurzem Probieren. »Wir müssen aber aufpassen, dass das Glas nicht nach innen fällt. Halte hier fest.«
    Auum hielt den Rahmen fest, während sein Tai die geteerte, wasserdichte Schicht abhob, die das Fenster umgab. Darunter kamen die Klammern zum Vorschein, die das Fenster hielten. Auum nickte Duele zu, er solle fortfahren. Duele schob das Messer unter die erste Klammer. Das Holz knirschte, als die Klammer sich bog. Aus der Nähe war es ein durchdringendes Geräusch, doch es verlor sich im Wind und im Durcheinander der Befehle, die auf den Wällen gerufen wurden. Im Innern der Bibliothek war es jedoch mit Sicherheit zu hören gewesen.
    Duele wandte sich an Auum, der die Augenbrauen hochzog.
    »Uns bleibt nichts anderes übrig. Beeil dich.«
    Duele musste grinsten. »Du hast zu viel Zeit mit dem Raben verbracht«, sagte er und machte sich an die Arbeit.
    »Da sind wir völlig einer Meinung.«
    Vier Klammern hielten das Fenster. Auum spürte, wie es sich leicht in seinen Händen bewegte, als die zweite Klammer entfernt war. Kurz darauf hätten sie das Fenster herausnehmen können, er ließ es jedoch noch einen Augenblick an Ort und Stelle.
    »Hole ein Seil«, sagte er. »Eine Länge reicht.«

    Es kam sofort, und sie banden ein Ende an einem steinernen Pferdebein fest. Auum entfernte das Fenster, sah angespannt hinab und konnte beobachten, wie der Luftzug mit den losen Papieren spielte. Er packte das freie Ende.
    »Lasst mich hinunter«, befahl er und schwenkte die Beine über die Kante.
    Duele und Evunn übernahmen die anstrengende Aufgabe. Er sank durch die kleine Öffnung, kam aus dem Nieselregen und dem Wind heraus und wurde von der Wärme und Stille der Bibliothek umfangen. Als er das Fenster passiert hatte, drehte er sich und ließ sich mit dem Kopf voran sinken, während er mit schräg abgespreizten Beinen balancierte. Unter ihm war kein Geräusch zu hören. Nichts war zu hören außer dem leise knarrenden Seil, das sein Gewicht trug und sich langsam drehte, während er sich gründlich umsah.
    Er näherte sich dem Geländer des zweiten Stockwerks. Es war aus wundervollem Marmor geformt und so breit, wie sein Fuß lang war, grau und mit dunkleren natürlichen Einschlüssen durchsetzt. Etwa sechs Fuß über dem Teppich verharrte er, weil das Seil voll ausgerollt war. Wieder drehte er sich herum und landete leichtfüßig in der Hocke. Durchs Geländer beobachtete er das Stockwerk unter ihm.
    Duele und Evunn kamen gleich darauf, schwärmten nach links und rechts aus und untersuchten die Umgebung. Nach Sian’erei und Vinuun, dem zweiten Al-Arynaar-Magier, folgten Marack und ihre Zelle. Über ihnen pfiff der Wind durch das offene Loch. Auum sah kurz hinauf, dann folgte er seinen Tai zur Treppe.
    Hier irgendwo war das Aryn Hiil. Xetesk konnte die anderen Schriften behalten, wenn sie nur diejenige zurückbekamen, in der so vieles stand, was die Menschen nicht über die Elfen und ihre Herkunft erfahren durften. Wenn Xetesk
das Aryn Hiil verstand, bekam das Kolleg Waffen gegen die Elfen in die Hand. Eine davon war bereits, wenngleich unbeabsichtigt, eingesetzt worden. Die anderen durften nicht offenbart werden.
    Lautlos huschte er vor seinen Leuten die Treppe hinunter. Er spürte die Macht der Arbeiten, die ihn umgaben, fast körperlich, als kämpfte jedes in Leder gebundene Buch, jede schützende Pergamenthülle und jede Glasvitrine

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