Die Legenden des Raben 06 - Heldensturz
weniger als einer halben Stunde hier sein«, überlegte Denser.
»Das weißt du ganz genau, ja?«, stichelte Hirad.
»Ich kann gut schätzen.«
»Ist aber auch egal. Wir müssen da rein und uns einmischen. Wir haben lange genug herumgehangen. Wir …«
»Hirad, was ist denn?« Erienne legte ihm eine Hand in den Nacken.
»Ich …«
Die Wut traf ihn mit voller Wucht. Er spürte, dass er stürzte, konnte sich aber nicht festhalten. Sha-Kaans Zorn durchdrang ihn mit voller Wucht, und er konnte
nichts tun, außer abwarten und es über sich ergehen lassen.
»Sha-Kaan«, konnte er noch senden, »ich kann nicht …«
Der Große Kaan stand kurz davor, die Geduld zu verlieren. Seine Frustration und sein Zorn rumorten in Hirads Schädel und streckten den Rabenkrieger hilflos zu Boden. Irgendwie bemerkte er noch, dass seine Freunde mit ihm redeten und ihn berührten, aber er konnte nicht reagieren. Er nahm das bisschen Kraft zusammen, das ihm noch geblieben war, und tat das Einzige, was er konnte.
»Sha-Kaan, hör auf. Du bringst mich um.«
Abrupt brachen die Emotionen ab, die auf ihn eingeprasselt waren, aber sein Wachbewusstsein kehrte noch nicht zurück.
»Der Himmel soll sie holen, sie vernichten all unsere Hoffnungen«, sendete Sha-Kaan. Hirad spürte die Verzweiflung und Ohnmacht des Drachen.
»Wer denn?«, fragte er in die Leere hinein.
Sha-Kaan seufzte, es war ein dröhnendes Schnaufen, das traurig klang. »Dies zu erklären, würde sehr lange dauern. Da du ruhst, was ich nicht erwartet hatte, werde ich dich einladen, durch meine Augen zu sehen und wahrzunehmen, was ich empfinde.«
Auf einmal hatte Hirad das Gefühl zu fallen. Der Boden verschwand unter seinen Füßen, stattdessen hatte er den Eindruck einer gewaltigen Weite rings um sich. Kalte Luft strömte über seinen Körper, alle Nerven und Fasern schrien vor altem Schmerz und Sehnsucht.
Er hörte Flügel schlagen, spürte den Luftwiderstand und die Kraft hinter den Bewegungen. Er fing den scharfen Geruch von Holz und Öl auf, den Gestank von zerstörtem, verbranntem Fleisch. Er schmeckte etwas Bitteres,
Saures im Mund. Alles drehte sich um ihn, als die Emotionen aus allen Richtungen über ihn hereinbrachen. Schließlich öffnete er die Augen und nahm auf, was am Himmel von Beshara geschah.
Der Anblick jagte ihm einen kalten Schauer über den Rücken. Sha-Kaan drehte den Kopf hin und her, um Hirad alles zu zeigen. Der Himmel war voll von blitzenden Schuppen, grellen gelben Flammenstößen und dunklem Rauch, der vom Wind der höheren Luftschichten rasch hin und her getrieben wurde. Brüllende Drachenmäuler spien Feuer, begleitet von einer Welle von Wut, die ihn erzittern ließ.
Hirad konnte nicht einmal annähernd schätzen, wie viele Drachen sich an dem Zerstörungswerk dort unten beteiligten. Einen ähnlichen Anblick hatte er in dieser Region gesehen, als der Himmelsriss offen gestanden hatte, aber das war im Vergleich zu diesem Kampf ein kleines Scharmützel gewesen.
»Fast eintausend Drachen zanken sich und fügen uns allen einen Schaden zu, von dem wir uns möglicherweise nie wieder erholen werden«, erklärte Sha-Kaan. »Die Arakhe belauern uns außerhalb unser Dimension und werden es spüren. Das starke Feuer lockt sie an, und die Drachen kommen in Versuchung, aus der Schlacht heraus in den interdimensionalen Raum zu springen, um zu fliehen. Dies könnte den Arakhe eine Tür öffnen.«
Der Lärm, der von unten heraufdrang, war unbeschreiblich. Ein Trupp Skoor, zwanzig starke, wie gelber Sand schimmernde Drachen, beschrieb einen engen Bogen und stieß durch die linke Flanke der Gegner, die gerade eine andere Gruppe von Skoor unter Druck setzte. Sie waren wie eine Kugel formiert und näherten sich blitzschnell den Gegnern. Ringsumher spien sie Feuer in
alle Himmelsrichtungen. Vorn prallten die führenden Drachen mit den anderen zusammen, die ihnen den Weg versperrten.
Es war eine vernichtende Taktik, die von anderen im Kampf aufgegriffen wurde. Drachen bellten und kreischten, wenn ihre Flügel, der Bauch oder der Rücken versengt wurden. Unzählige Rauchfahnen stiegen empor, Reißzähne verbissen sich in den Hälsen der Gegner. Dutzendweise stürzten die Drachen vom Himmel, und die Skoor verloren die Schlacht.
Sie waren fünf zu eins unterlegen und konnten nicht hoffen, sich für immer ihren Feinden zu widersetzen. Doch ihr Stolz ließ nicht zu, den Kampf abzubrechen. Sie hatten schreckliche Verluste.
»An einem Tag, an dem wir
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