Die Legenden des Raben 06 - Heldensturz
Magier Zugang zum Mana-Spektrum haben und Sprüche wirken können. Erienne, wie du weißt, ist deine Verfassung für uns alle von entscheidender Bedeutung. Behalte es bitte nicht für dich. Wir verlassen uns auf euch drei, denn ihr müsst uns sagen, wo das Mana austritt. Dorthin müssen wir uns wenden.«
»Wir wollen hoffen, dass wir dort irgendwo in der Nähe herauskommen«, sagte Denser.
»Wenn nicht, haben wir die Schattenschwingen und Seile, oder wir können auf den Drachen fliegen.« Der Unbekannte hielt inne. »Alles bereit?«
Er und Hirad fassten sich bei den Schultern. Die anderen hinter ihnen folgten ihrem Beispiel und packten mit der freien Hand den Gürtel des Vordermanns oder schlangen ihm gleich den Arm um die Hüften.
»Kämpft weiter«, sagte Hirad. »Wir machen das nicht zum Vergnügen.«
»Rabenkrieger, enttäuscht uns nicht«, mahnte Dystran.
»Noch etwas, Dystran.« Hirad konnte es sich nicht verkneifen. »Ich habe nicht vergessen, dass Euer Elfenfluch für den Tod Ilkars und so vieler anderer Elfen verantwortlich war. Das kann und werde ich Euch nicht verzeihen. Also will ich eines klarstellen. Ich mache das hier für ihn, für die Elfen und für ganz Balaia. Aber nicht für Euch. Ist das klar?«
»Wenn es Euch glücklich macht.«
Hirad lachte. »Es ist fast eine Schande, dass wir nicht zurückkommen. So entgeht mir die Gelegenheit, Euch persönlich zu töten.«
»Viel Glück, Rabenkrieger«, sagte Vuldaroq. »Ich will stolz auf Euch sein, Erienne.«
»Übertreibt es nicht.«
»Der Rabe, es geht los!«
Hirad trat durch das Portal.
Fast sofort spürte er den Zug. Es war wie der Sog der Ebbe, langsam, aber unverkennbar. In seiner Umgebung konnte er absolut nichts wahrnehmen, und doch war es nicht völlig dunkel. Ein bleiches Licht umgab die Rabenkrieger. Er versuchte, in die Richtung zu blicken, in die sie trieben, konnte aber nichts erkennen. Ein Blick nach unten zeigte ihm, dass es dort nicht anders aussah. Dabei fiel ihm auf, dass er die Beine bewegte, als liefe er auf festem Grund, obwohl unter ihm nichts war. Er hielt inne.
»Sind alle da?« Seine Stimme klang gedämpft, aber wenigstens konnte er sprechen.
Er hörte ein Murmeln und nahm es als Zustimmung. Der Unbekannte war neben ihm, im Rücken spürte er Eriennes Hand, die seinen Gürtel festhielt. Es war ein eigenartiges Gefühl, wie ein kontrollierter Sturz. Nur schade, dass er ihr Ziel nicht sehen konnte. Noch seltsamer war, dass er dieses Erlebnis keineswegs beunruhigend fand. Sein ganzes bisheriges Leben war von außergewöhnlichen Ereignissen geprägt gewesen. Reisen durch die Dimensionen, Verbindungen zu Drachen, Gespräche mit Toten … dies war nur eine unter vielen Erfahrungen. Er musste sich eben durchschlagen, und danach wäre es wie alle anderen nur noch eine Erinnerung.
Abrupt stießen sie auf einen Widerstand. Sie wurden hin und her geworfen und erkannten schließlich, dass sie sich zwischen Mauern befanden.
»Der Rabe, festhalten!«, rief er.
Außerhalb des Tunnels, oder was es auch war, pfiff der
Wind. Hirad glaubte auch, die Rufe von Dämonen zu hören, aber vielleicht bildete er es sich nur ein. Er drückte sich noch einmal von der Wand ab, die ihm vorkam wie fest gespannter Stoff, und spürte einen Energiestoß, der durch seinen Körper lief. Er zuckte zusammen.
»Hirad, alles in Ordnung?«, fragte der Unbekannte, dessen Stimme trotz der Nähe so klang, als käme sie aus weiter Ferne.
»Ich glaube schon, aber …«
Irgendjemand war bei ihnen im Tunnel. Nein, es waren sogar zwei. Hirad hatte das Gefühl, sie schwebten vor ihnen. Beinahe glaubte er, im schwachen Licht einen Umriss zu erkennen, ähnlich wie ein Schatten, oder gar mehrere. Verschwommen, aber zielstrebig. Auch eine Wärme spürte er, die ihm vorkam wie die Berührung eines Menschen, den er verloren geglaubt hatte.
»Könnt ihr es sehen?«, rief er. »Vor uns. Seht ihr es?«
Offensichtlich hatte keiner wahrgenommen, was er bemerkt hatte. Die Stimme aber konnten sie alle hören.
»Du gehst in die falsche Richtung, Coldheart. Wie üblich.«
Hinter sich hörte der Barbar jemanden lachen.
Erienne kam näher und umarmte ihn mit dem freien Arm. »Er ist es«, hauchte sie ihm ins Ohr. »Er ist es wirklich.«
Hirad wischte sich die Augen trocken, in denen auf einmal Tränen standen. Sein Herz hüpfte in der Brust, und er jubelte innerlich. Er hatte ihn auch selbst gespürt, beinahe konnte er ihn schon riechen.
»Wo bist du, Ilks?«
»Du
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