Die Legenden des Raben 06 - Heldensturz
Rücken entstanden, flog Heryst zu einem geborstenen Fenster. Unter ihm erkämpften ihm die tapfersten Menschen, die er je kennengelernt hatte, ein wenig kostbare Zeit, damit er entkommen konnte.
Er flüsterte seinen Freunden einige letzte Worte zu und flog eilig zu den Wolken hinauf.
Arnoan vollzog in tiefer Konzentration das Ritual der Verbannung, während die Dämonen das Dach des Quartiers zerfetzten und gegen die Al-Arynaar kämpften. Wesmen-Krieger hatten Wasserschläuche und Beutel mit Vorräten gefüllt. Jetzt warteten alle auf den Schamanen.
»Woher bezieht er seine Kraft?«, fragte Erienne. »Ich meine, es ist doch Magie, oder?«
»Offensichtlich«, bestätigte Vuldaroq. »Aber er benutzt kein Mana.«
»Diese Erörterung müssen wir uns für eine spätere Gelegenheit aufheben«, sagte Dystran. »Bei den guten Göttern, seht Euch doch mal an. Und auf Euch sollen all unsere Hoffnungen ruhen?«
Hirad wollte auf ihn losgehen, dann hielt er inne. Der Mann hatte ja recht. Am liebsten hätte Hirad sich für eine Ewigkeit schlafen gelegt, und die anderen Rabenkrieger waren auch nicht besser in Form.
Erienne und Denser hatten ihre Mana-Reserven mehr oder weniger erschöpft, der Unbekannte humpelte schwer mit seiner verletzten Hüfte, und Thraun hatte wie Hirad so viele Schnittwunden von den Dämonen abbekommen, dass er fast ständig zitterte. Nur Ark schien einigermaßen kampfbereit. Sogar Eilaan war offenbar müde. Die TaiGethen, die hinter ihm warteten, konnte man nicht so leicht einschätzen. Sie trugen ihre Kriegsbemalung und hatten ihre Gebete gesprochen. Jetzt standen sie schweigend da und ließen sich nicht anmerken, was in ihnen vorging.
»Wir sind die einzige Chance, die Ihr habt«, sagte Hirad schließlich.
»Trotzdem, der Mensch hat recht«, brach Auum sein Schweigen. »Rebraal, du wirst mit den TaiGethen kämpfen.«
Rebraal wäre fast aus der Haut gefahren. »Auum, mein Platz ist hier bei den Al-Arynaar. Sie brauchen ihren Anführer.«
»Tessaya wird sie wirkungsvoll einsetzen.« Auum wandte sich an Dystran. »Sorgt dafür, dass die Botschaft weitergegeben wird.«
Hirad rechnete mit weiteren Protesten, doch Rebraal reagierte keineswegs gereizt, sondern fühlte sich anscheinend geehrt und war stolz. Er nickte nur und stimmte mit ihnen ein neues Gebet an.
»Seht euch das mal an«, keuchte Denser auf einmal.
Arnoans Weihrauch nahm in der Luft eine Form an. Graue Fäden sammelten sich und verdichteten sich, bis ein lang gestrecktes, flaches Oval entstand. In seinem Innern verblasste der Hintergrund des Quartiers, und ein gleichförmiges Grau erschien. Es wellte sich einmal und blieb dann ruhig. Der Schamane öffnete die Augen.
»Das Tor ist bereit«, sagte er. »Nutzt es schnell.« Er hielt inne. »Ich glaube, bei den Menschen im Osten ist es üblich, einander Glück zu wünschen. Also wünsche ich euch alles Gute.«
»Danke.« Der Unbekannte schulterte seinen Rucksack. »Der Rabe, kommt jetzt. Es wäre sinnlos, noch weiter zu verweilen.«
»Bleibt miteinander in körperlichem Kontakt«, riet Arnoan. »Sonst verirrt ihr euch auf der Reise und findet im Land der Verbannung nicht mehr zusammen.«
Vuldaroq half Erienne mit ihrem Rucksack. Sie nickte höflich.
»Es hätte auch ganz anders verlaufen können«, sagte sie. »Ihr hättet mich nur in Ruhe lassen müssen, damit ich meine Tochter auf meine Weise erziehen konnte.«
Vuldaroq zog die Augenbrauen hoch. »Eine traurige Geschichte.« Er trat neben Dystran. »Sagt mir noch eins. War eigentlich niemand sonst dort, als Ihr am Triverne-See wart?«
»Vor uns war jemand dort«, erwiderte Hirad, »aber wer es auch war, die Dämonen haben sie getötet. Warum? Waren es Eure Leute?«
»Wir mussten es versuchen«, sagte Vuldaroq.
»Was denn?«, wollte Dystran wissen.
»Später, mein Freund. Viel später.«
Der Rabe stellte sich, immer zwei nebeneinander, vor dem Portal auf. Hinter ihnen warteten die Elfen.
»Was geschieht dort drüben?«, fragte Hirad.
»Das weiß ich nicht«, erwiderte Arnoan. »Oft schreien die Krieger, aber ich nehme an, dies liegt eher an der Erwartung des Kommenden als an der Reise selbst.«
»Hoffentlich hast du recht.«
Der Unbekannte ergriff das Wort. »Vergesst nicht, dass
wir an einen Ort gehen, über den wir nichts wissen. Wir wissen nicht einmal, ob wir dort atmen können. Aber vorausgesetzt, wir können es, müssen wir uns als Erstes verstecken, damit Hirad die Drachen rufen kann. Ich muss wissen, ob die
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