Die Legenden des Raben 06 - Heldensturz
siehst mich direkt an, du Trottel«, sagte Ilkar. »Ich bin zwar ein wenig substanzlos geworden, aber es verletzt mich doch, dass du mich einfach übersiehst.«
»Ein wenig? Ich sehe nur eine Art Gespenst vor mir, sonst nichts.«
»Tja, das muss dann wohl reichen. Ich habe noch einen Freund mitgebracht. Er hat noch nicht herausbekommen, wie man redet, aber das zeige ich ihm noch. Danke, dass du ihn geschickt hast, Auum. Ohne ihn wäre ich jetzt nicht hier.«
»Ich sagte doch, du sollst an einen sicheren Ort gehen«, unterbrach Hirad. »Das hier sieht aber nicht danach aus.«
»Tut mir leid, aber ich dachte, bei den Toten wäre ich sicher. Offenbar haben die Lebenden aber auch das vermasselt.«
»Xeteskianer«, sagte Denser knapp.
»Hätte ich mir denken können. Einem Xeteskianer kann man nicht trauen, was? Deshalb bin ich hier. Bei den Göttern, Hirad, der Rabe … aber wir stecken in Schwierigkeiten. Die Feinde sind eingedrungen. Wir kennen die Quelle ihrer Energie, können sie aber nicht erreichen. Bislang konnten wir sie noch aufhalten, aber sie werden schnell stärker.«
»Deshalb sind wir hier«, sagte Hirad.
»Ich wusste, dass ihr kommen würdet. Ich wusste, dass ihr helfen würdet. Der Rabe lässt niemals jemanden leiden. Allerdings müsst ihr euch beeilen.«
Hirad sah sich von Gefühlen überschwemmt. Erleichterung und Liebe, aber auch die Angst vor der Bedrohung.
»He, Ilks, wir bewegen uns so schnell wir können. Diese Art von Fortbewegung ist aber neu für uns.«
»Wie ich schon sagte, du gehst in die falsche Richtung. Bei den ertrinkenden Göttern, kann man dich denn keine Minute allein lassen, ohne dass du falsch abbiegst, Hirad?«
»Ilkar, wenn du es bist, dann hör auf mit dem Unsinn und sage uns, was wir tun müssen. Was meinst du mit der falschen Richtung? Wir hatten keine andere Wahl.«
»Ah, Unbekannter, obwohl ich glaube, ich sollte dich jetzt Sol nennen. Ja, ich bin es. Und glaube mir, dies ist für mich so eigenartig wie für euch. Eigentlich ist dies hier überhaupt nicht möglich, aber da die Grenzen meiner Welt dünn geworden sind, kann ich euch deutlich genug spüren und bei euch sein. Nun gut, ihr seid jetzt hier. Glaubt aber nicht, dass es lange anhält.«
»Wo sind wir denn?«
»Am Verknüpfungspunkt aller Dimensionen. Im Augenblick sind es mindestens drei. Eure, meine und die der Dämonen. Das Portal der Wesmen schickt euch an einen bestimmten Punkt in der Dimension der Dämonen, aber dorthin solltet ihr nicht gehen, weil sie euch dort erwarten würden wie alle Seelen, die dorthin verbannt wurden.«
»Dann bringe uns doch zum richtigen Ort«, drängte Hirad.
»Bei dir klingt das immer so einfach, Coldheart«, erwiderte Ilkar. »Nur gut, dass deine Weitsicht ein Spiegelbild deines Verstandes ist.«
»Bei den Göttern, habe ich dich vermisst. Denser ist in dieser Hinsicht wirklich kein Ersatz.«
»Ich bin unersetzlich«, stimmte Ilkar zu. »Und jetzt hört mir alle zu. Rebraal, bist du da?«
»Ich bin da, mein Bruder. Ich spüre deine Stärke in der Berührung unserer Seelen.«
»Yniss gibt uns auch unter den widrigsten Umständen alles, was wir brauchen.« Ilkar hielt inne, und einen schrecklichen Moment lang fürchtete Hirad schon, er sei verschwunden. »Rebraal, vergiss nicht, am Wissen der Alten festzuhalten. Es wird euch alle binden.«
»Ich verstehe.«
»Worüber redet ihr da?«, wollte Hirad wissen
»Das geht dich nichts an. Hör zu. Der Weg, auf dem ihr seid, führt euch direkt zu dem Ort, an dem sie euch erwarten. Das solltet ihr besser vermeiden …«
»Du hast einen bemerkenswerten Hang zur Untertreibung«, warf Hirad ein.
»Das habe ich von dir gelernt. Wir können aus der Bahn ausbrechen, auf der ihr euch befindet, aber das wird etwas unsanft. Ihr kommt dann außerhalb ihres unmittelbaren Einflussbereichs heraus. Allerdings werden sie eure Seelen und eure Magie schnell wittern und euch angreifen.«
»Wo ist der Haken?«, fragte Denser.
»Ich kann euch recht nahe an die Energiequelle heranbringen, aber nicht garantieren, wo genau ihr herauskommt.«
»Hauptsache, wir landen weich«, meinte Hirad.
»Ich werde sehen, was ich tun kann.« Ilkars Stimme klang mehr als unsicher.
»Woher weißt du das alles?«, fragte der Unbekannte.
»Ach, Duele und ich haben einen Dämon gefangen. Wir haben ihn, nun ja, befragt.«
Hirad musste lachen. »Du wirst dich nie ändern, Ilks.«
»Yniss hatte wirklich eine größere Bestimmung für dich, Duele«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher