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Die Leibwächterin (German Edition)

Die Leibwächterin (German Edition)

Titel: Die Leibwächterin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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ich, wie man einem bewaffneten Angreifer auswich und wie man ihn abwehrte. Er hätte mir gar nichts zu erzählen brauchen, und vor allem: Er hätte mich mit gezückter Waffe in seinem Zimmer erwarten können.
    Andererseits hatte er ja nicht gewusst, dass ich von seiner Doppelrolle erfahren hatte. Es war mir gelungen, ihn zu überraschen, deshalb tischte er mir nun Märchen auf, um seine Haut zu retten. Vielleicht hatte er mich tatsächlich treffen wollen, weil er auf neuerliche Liebesspiele hoffte. Verschaffte es ihm womöglich einen perversen Genuss, mir den Verliebten vorzuspielen?
    Plötzlich hörte ich Mike Virtues Stimme: «Hilja Ilveskero, dein Problem ist das Gegenteil von dem, das die meisten meiner Schüler haben. Sie sind zu vertrauensselig, du aber bist zu misstrauisch. Du lässt niemanden an dich heran, du glaubst nicht an das Gute. Wir tun unsere Arbeit, weil wir die Menschen schützen, ihnen Sicherheit und Zuversicht geben wollen. Nicht, um zu töten und zu zerstören.»
    Ach, Mike. Ihn hätte ich fragen können, was ich tun sollte. Doch er war weit weg, ich musste ohne seinen Rat auskommen.
    «Was soll am Dienstag passieren?»
    «Usko Syrjänens Jacht wird am Nachmittag von Hiidenniemi in Richtung Süden fahren, an Bord Wasiljew, zwei seiner Bodyguards und ich als Kapitän. Wir nehmen Kurs auf Sankt Petersburg. Irgendwo in den internationalen Gewässern vor der Grenze zur russischen Hoheitszone treffen wir auf ein anderes Schiff und schließen den Kauf ab. Wasiljew erhält sr-90, das meines Wissens – und wie ich hoffe – explosionssicher verpackt ist wie die Blackbox in Flugzeugen. Sobald der Verkäufer sich weit genug entfernt hat, springe ich mit der Lieferung ins Wasser und sprenge Syrjänens Jacht. Mit viel Glück kann ich ein Rettungsboot mitnehmen. Wenn es ganz und gar schiefläuft, ertrinke ich, werde bei der Explosion in Stücke gerissen oder kriege eine Kugel in den Kopf. Wenn das Isotop nicht sicher genug verpackt ist, kann ich natürlich nicht riskieren, dass es auf dem Meeresboden landet. Dann werde ich mir etwas anderes einfallen lassen. Im schlimmsten Fall bleibt mir nichts anderes übrig, als das Zeug nach Hiidenniemi zu bringen, wie Wasiljew es geplant hat. Dann muss ich einen anderen Weg finden, es zu beseitigen.»
    «Und das hast du ganz allein geplant? Bin ich die Einzige, der du davon erzählst?»
    «Für den Fall, dass die Operation scheitert, muss natürlich jemand wissen, was Wasiljew sich beschafft hat. Deshalb habe ich vor, meine Vorgesetzen zu informieren. Aber das tue ich erst, wenn sie mich nicht mehr stoppen können. Die Sache kann schlimmstenfalls zu schweren internationalen Verwicklungen führen, deshalb ist es besser, sie in aller Stille zu erledigen.»
    Die Glock lag schwer in meiner Hand, sie zog meinen Arm langsam herab, sodass der Lauf nicht mehr auf Davids Schläfe, sondern unter das Bett zielte. Ich wich Davids Blick aus. Sein Plan klang idiotisch und tollkühn – wenn er überhaupt der Wahrheit entsprach.
    «Musst du wirklich allein handeln? Könntest du nicht Unterstützung anfordern, zum Beispiel ein zweites Boot, das dir folgt und dich nach der Explosion in Sicherheit bringt?»
    David lächelte müde. «Wasiljew kann den Schiffsverkehr per Radar beobachten. Und ich möchte keine weiteren Menschen in Lebensgefahr bringen. Killer war nie mein Traumberuf, bisher habe ich es geschafft, nicht töten zu müssen, und dass ich es jetzt tun werde, gefällt mir überhaupt nicht. Aber es gibt keinen anderen Weg.»
    «Europol ist Wasiljew also schon seit langem auf der Spur, weil er eine Vielzahl von Verbrechen auf dem Konto hat?»
    «Er will Macht, wirtschaftlich und politisch.»
    Was David gesagt hatte, stimmte mit dem überein, was ich von Helena und Laitio gehört hatte. Nun musste ich bloß entscheiden, ob ich ihm den letzten Teil seiner Erzählung glauben sollte. Ich hatte keine Möglichkeit, ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Weder konnte ich Boris Wasiljew anrufen und fragen, ob er tatsächlich sr-90 bestellt hatte, noch mich bei Usko Syrjänen erkundigen, ob er versprochen hatte, seinem Freund am vierten November seine Jacht zu leihen. Mir blieb nur ein Weg.
    Ich beugte mich zu David hinab und küsste ihn auf den Mund. Seine Lippen antworteten. Meine Mutter hatte meinem Vater bis zum Schluss vertraut, sie hatte sich einfach nicht vorstellen können, dass er seine Drohungen wahr machen würde. Aber David war nicht mein Vater, nicht alle Männer waren wie

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