Die Leibwächterin (German Edition)
tun.»
«Das hast du doch die ganze Zeit gewusst. Versuch bloß nicht, es abzustreiten.»
«Nein, ich wusste es nicht. Im Einzelnen bin ich erst seit knapp zwei Wochen über Wasiljews Aktionen informiert, seit ich endlich die Aufnahmen von Anitas Ermordung zu Gesicht bekommen habe.»
«Aufnahmen?»
«Wasiljew verlässt sich nicht auf bloße Worte. Alles wurde gefilmt. Er genießt das. Auf den Videos ist alles festgehalten: Wie die Nuutinen aus dem Haus tritt, wie du versuchst, sie anzusprechen, wie sie entführt wird und du ihr Tuch an dich nimmst. Du hast dabei eindeutig unter Drogen gestanden.»
«Was zum Teufel redest du da?»
«Glaub mir, so war es. Man hat dir das Zeug in der Bar Swoboda verabreicht, oder?»
«Ich war vorsichtig, ich habe garantiert niemanden in meine Nähe gelassen!»
«Aber du hast Bier getrunken. Es ist doch so leicht, eine Flasche wieder zu verschließen, nachdem man den Inhalt ein wenig gewürzt hat. Der Nuutinen gehörte das Haus, in dem sich die Bar befindet, aber der Mann an der Theke gehört Wasiljew.»
Ich war wütend und beschämt, aber immer noch nicht bereit, David zu glauben. Seine Erklärung wirkte zu glatt, als hätte er sich alles im Voraus zurechtgelegt.
«Du hast recht, ich bin ein Doppelagent. Wasiljew hat meine Dienste gekauft, und es ist mir gelungen, Europol hinters Licht zu führen. Dort weiß man nicht, was ich in Wahrheit mache. Ich brauche das Geld, das Wasiljew mir zahlt, um mir eine neue Identität aufzubauen, falls mein Vorhaben gelingt. Meine Überlebenschancen sind allerdings minimal.»
Davids Gesicht wirkte plötzlich müde und traurig. Er hatte beschlossen, an mein Mitgefühl zu appellieren, doch das würde er nicht bekommen.
«Du weißt also, wer Anita Nuutinen getötet hat, und aus welchem Grund?», fragte ich und bemühte mich, meine Stimme noch kälter klingen zu lassen als bisher. Der Wind fuhr durch die Bäume, Regen prasselte ans Fenster. Die Vorhänge waren nicht zugezogen, doch draußen war nur endlose Finsternis zu sehen.
«Ich weiß nicht genau, welcher von Wasiljews Killern es war. Vermutlich haben Platow und Ponomarenko es gemeinsam getan. Die Entscheidung musste schnell fallen, denn an dem Abend, an dem du der Nuutinen den Dienst aufgekündigt hast, hat sie sich mit Paskewitsch getroffen und ihm erzählt, dass Wasiljew und Syrjänen gemeinsam Hiidenniemi gekauft haben. Diese Kooperation durfte auf keinen Fall publik werden. Wasiljew kennen in Finnland nur wenige, und zu ihrem Pech war Anita eine dieser wenigen. Seit sie es abgelehnt hatte, mit Wasiljew gemeinsame Sache zu machen, wurde sie in Russland genau beobachtet. Wahrscheinlich sahen Wasiljews Lakaien ihre Chance gekommen, als Anita dich vor der Bar Swoboda stehenließ und allein ins Taxi stieg.
Ich war anfangs genauso auf dem Holzweg wie du und Laitio, das heißt, ich hatte Paskewitsch in Verdacht. Zuerst war ich mir sicher, dass du für Paskewitsch arbeitest. Es war einfach ein zu großer Zufall, dass du nach deinem Engagement bei Monika von Hertzen die Personenschützerin von Anita Nuutinen geworden und nach ihrem Tod in den Dienst von Helena Lehmusvuo getreten bist. Aber dann habe ich herausgefunden, dass es nicht Paskewitsch, sondern Wasiljew war, der die Nuutinen ermorden ließ. Und wenn du für Wasiljew gearbeitet hättest, wäre mir das natürlich bekannt gewesen. Deshalb habe ich deinen Schlupfwinkel gesucht. Mit etwas Glück habe ich dein Ferienhaus ausfindig gemacht. Es steht nicht in Stävö, sondern an einem Felshang in Talludden, ein Blockhaus, das ein wenig an eine Alpenhütte erinnert.» David lächelte schief. «Du bist nicht die Einzige, die pfiffig sein kann.»
Ich schluckte. David durfte nicht die Oberhand gewinnen. Andererseits hatte er gerade zugegeben, dass er mir zutraute, ihn umzubringen. «Wie hast du mein Haus gefunden?»
«Ich hatte einfach Glück. Ich war mit dem Auto in Helsinki unterwegs und stand in der Runeberginkatu hinter dem Bus nach Inkoo, in den du eingestiegen bist. Weil ich ohnehin in Richtung Tammisaari unterwegs war, bin ich dir gefolgt, aus purem Interesse. Du bist in Degerby ausgestiegen, hast im Deli Vorräte eingekauft und bist mit dem Rad zu deinem Ferienhaus gefahren. Ich habe dich damals ein paar Stunden lang beobachtet. Das war im Frühsommer, also lange vor Anita Nuutinens Tod. Später war es dann natürlich kein Problem für mich, dich aufzustöbern.»
Obwohl mir klar war, dass David meine Gesellschaft nicht etwa gesucht
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