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Die Leibwächterin (German Edition)

Die Leibwächterin (German Edition)

Titel: Die Leibwächterin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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uns Mails oder SMS. Monika hatte ganz offensichtlich Pläne mit Jordi, aber sie versuchte dennoch, mich nach Mosambik zu locken. Arbeit gebe es genug, denn es kämen immer neue Hungrige hinzu.
    Das war die andere Möglichkeit. Im dunklen finnischen Winter klang Afrika verlockend. Natürlich verstand ich nichts von den Feinheiten der Kochkunst, aber ich konnte Zutaten schälen und klein schneiden, Holz hacken und Lasten tragen. Ich war schon einmal auf einen anderen Kontinent gereist und hatte meinen Platz gefunden. Damals hatte ich einen Beruf gesucht. Aber wenn ich Finnland jetzt verließ, um zu vergessen – war das nicht eine sinnlose Flucht vor einem Schmerz, den nur die Zeit heilen konnte?
    Über Weihnachten schob ich Dienst. Frau Voutilainen war zur Familie ihrer Tochter nach Sipoo gefahren, Jenni verbrachte die Feiertage im Ferienhaus ihrer Eltern. Ich aß Sushi und Gemüsepizza und verschwendete keinen Gedanken an Weihnachtsschmuck. Bei der Arbeit zeigte ich insofern Weihnachtsstimmung, als ich einer Frau, die nach Kuopio fliegen wollte, erlaubte, die selbstgebackenen Weihnachtstörtchen in die Maschine mitzunehmen, obwohl das Pflaumenmus, mit dem sie gefüllt waren, den Vorschriften nach als Flüssigkeit galt. Zum Glück waren meine Schichtkollegen nicht pingelig, sonst hätte es Ärger gegeben.
    Ich dachte jeden Tag an David. Bisweilen war ich wütend auf das Leben, das uns zu wenig Zeit gegeben hatte, aber manchmal brachte ich es fertig, für das wenige dankbar zu sein. Gelegentlich telefonierte ich mit Helena, und zu Silvester bekam ich eine Rundmail von Kriminalhauptmeister Teppo Laitio. Er forderte alle Empfänger auf, zu Ehren des neuen Jahres eine anständige Zigarre zu rauchen, und wies darauf hin, dass er sich damit vorläufig noch nicht der Anstiftung zu einer strafbaren Handlung schuldig mache. Am Ende des Neujahrsgrußes stand eine Nachricht exklusiv für mich:

    «Übrigens, Ilveskero: Es dürfte dich interessieren, dass wir bisher erst eine der Leichen aus dem Finnischen Meerbusen identifizieren konnten, nämlich die von Boris Wasiljew. Sein Kopf war weitgehend unversehrt, und wir haben gesicherte DNA-Proben. Die anderen Opfer sind unbekannt. Hoffentlich ist unter ihnen auch das Schwein, das Anita Nuutinen getötet hat. David Stahls DNA ist nirgendwo registriert, aber eine der Leichen kommt vom Alter und von der Statur her in Frage. Allerdings sind nur ein Bein und der Torso erhalten, sodass wir keinen Abgleich mit seinem Zahnstatus vornehmen konnten. Ich melde mich, wenn ich mehr erfahre. Beste Grüße vom edlen Löwen der Gerechtigkeit, T. Laitio.»

    Ich hatte den Januar immer schon gehasst. Weihnachten ist vorbei, und die Tage werden immer noch nicht länger. In New York war der Januar erträglicher gewesen, aber in Finnland schien im ersten Monat des Jahres alles negativ zu sein. Von allen Seiten wurde man ermahnt, abzunehmen, keinen Alkohol zu trinken und sich in den Schlussverkauf zu stürzen. Der Schnee, der ein wenig Helligkeit brachte, kam nur zu einer Stippvisite und war nach einigen Tagen wieder weg. Reiche Schweine, die sich um den Klimawandel einen feuchten Kehricht scherten, flogen in den Fernen Osten oder zum Skilaufen in die Alpen. Allerdings reiste auch die alte Frau Voutilainen für zwei Wochen auf die Kanarischen Inseln, wo eine ihrer Freundinnen ein Apartment besaß. Ich begleitete sie bis ans Abfluggate und schärfte ihr ein, sie solle sich nicht von Gigolos einwickeln lassen. Auch ich hätte wegfahren können, zog es aber vor, zu Hause Trübsal zu blasen. Ich verstand sehr gut, dass Onkel Jari sich allein auf seiner dunklen Insel so wohl gefühlt hatte, ohne Strom und ohne Fernseher. Es gab keine äußeren Reize, niemand stellte Forderungen. Man konnte mit sich selbst in Frieden sein und die dunklen Tage verschlafen.
    Am Tag nach dem Abflug meiner Nachbarin hatte ich Frühschicht. Den Heimweg legte ich fast im Halbschlaf zurück. Beinahe wäre ich gegen einen Wagen geprallt, der ohne Rücksicht auf Fußgänger rechts abbog. Ich trat wütend gegen den Hinterreifen, als der Fahrer davonbrauste. Zur Abwechslung herrschte Frost, der schneidende Wind fuhr durch meine Jacke und kniff mich in die Ohren. Natürlich hatte ich die Mütze vergessen. Das Treppenhaus wirkte verlassen ohne den Duft nach frischgebackener Schinkenpastete oder Apfelkuchen. Ich hätte ins Fitnesscenter gehen sollen, aber ich hatte keine Lust. Allenfalls würde ich mich aufraffen, im Imbiss ein Bier zu

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