Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Leibwächterin (German Edition)

Die Leibwächterin (German Edition)

Titel: Die Leibwächterin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
Vom Netzwerk:
Leibwächterin, die ihre Ausbildung in New York erhalten hatte, blass vor Aufregung auf die Nachricht wartete, ob Obama es geschafft hatte.
    Ich überlegte, ob David sein Handy bei sich hatte. Würde ich ihn erreichen, wenn ich ihn anriefe? Das Treffen sollte auf dem offenen Meer stattfinden, zig Kilometer von der Küste entfernt, und im November war das Wasser eiskalt. Zum Glück war kein harter Wind aufgekommen, doch auf offener See erreichten die Wellen dennoch eine Höhe, die selbst einem guten Schwimmer Schwierigkeiten bereitete. David trug doch hoffentlich einen Rettungsanzug? Aber wie sollte er den Wasiljew und seinen Männern erklären? Würde er als Kapitän darauf bestehen, dass alle einen solchen Anzug trugen, für den Fall, dass der Isotop-Lieferant ihnen eine böse Überraschung bereitete? Nachrichtensendungen aus verschiedenen Ländern der Welt flimmerten an meinen Augen vorbei, Menschen sangen hoffnungsvolle Lieder, sie schienen zu erwarten, dass die Welt wie von Zauberhand besser würde, wenn Obama siegte. Ich sah zu, wie Geschichte gemacht wurde, und als das Resultat in den frühen Morgenstunden feststand, weinte ich mit den anderen, aber nicht aus demselben Grund.
    Ich hatte geglaubt zu wissen, wann David handelte. Ich wäre gern in Gestalt eines Seeadlers über die Jacht geflogen und hätte über David gewacht. Inmitten der Wahlparty beschwor ich dieses Bild herauf, und bald glaubte ich fest, über der fünfzehn Meter langen Jacht zu kreisen. Sie war ganz allein unterwegs. Dann aber zeichneten sich allmählich die Lichter eines zweiten, noch größeren Bootes ab. Kurz darauf Signallampen: Beide Mannschaften hatten gemerkt, dass ihre Fahrzeuge sich einander näherten. Und dann? Gingen sie nebeneinander vor Anker? Wer brachte das Isotop? Wie bekam David es in seinen Besitz? An diesem Punkt konnte ich die Bilder nicht mehr zum Leben erwecken. Sosehr ich mich auch konzentrierte, es gelang mir nicht, zu spüren, was geschehen war, ob Davids Mission erfolgreich verlaufen oder ob er tot war. Als ich im Morgengrauen mit Helena in ihre Kommune schlich, um wenigstens ein paar Stunden zu schlafen, fühlte ich mich nur leer und resigniert. Ich hätte trotz Davids Verbot versuchen können, die Ereignisse zu beeinflussen, doch ich hatte es nicht getan. Aber vielleicht hatte ich mich gerade damit richtig verhalten.
    Am nächsten Tag klickte ich immer wieder die Nachrichtenseiten im Internet an. Nirgends wurde von einem Jachtunglück im Finnischen Meerbusen berichtet. War Davids Plan gescheitert? Auf allen Webseiten war nur von Obama die Rede und später davon, dass der russische Präsident Medwedjew ihm nicht einmal gratuliert hatte.
    Erst gegen fünf Uhr nachmittags entdeckte ich auf der Webseite eines Boulevardblattes die erste Nachricht über das Bootsunglück: «Luxusjacht eines Geschäftsmannes im Finnischen Meerbusen gesunken.» Unter der Überschrift war Usko Syrjänens Bild zu sehen. Ich klickte den Artikel an. Darin hieß es, der Geschäftsmann Usko Syrjänen sei am Nachmittag von der Küstenwache benachrichtigt worden, dass Teile seines Kabinenkreuzers I believe im Finnischen Meerbusen treibend gefunden worden waren. Der erschütterte Syrjänen erklärte, er habe seinem Freund und Geschäftspartner Boris Wasiljew erlaubt, die Jacht zu benutzen, sooft er im Gutshaus Hiidenniemi in Kotka zu Besuch war, das Syrjänen kürzlich erworben hatte. Syrjänen selbst hatte die Jacht zuletzt in der Vorwoche benutzt, um zu einer Ballettaufführung nach Tallinn zu fahren.
    Boris Wasiljew war für die meisten Nachrichtenredakteure ein unbeschriebenes Blatt, und das Interesse der Politikredakteure, denen der Name möglicherweise etwas gesagt hätte, konzentrierte sich auf die USA. Wahrscheinlich würde Laitio sich bemühen, den Medien die Hypothese zu suggerieren, dass der Anschlag eigentlich dem Geschäftsmann Syrjänen gegolten hatte. Dieser hatte sich im Zusammenhang mit dem Parteispendenskandal viele Feinde gemacht und war zudem als Schürzenjäger so aktiv gewesen, dass gleich mehrere eifersüchtige Ehemänner und enttäuschte Geliebte mit ihm ein Hühnchen zu rupfen hatten. Bisher war in Finnland noch nie aus Rache eine Jacht in die Luft gesprengt worden, doch seit den Amokläufen in Jokela und Kauhajoki hielten die Medien und das breite Publikum alles für möglich.
    Ich hätte mir nie vorstellen können, in die Situation zu geraten, in der ich mich am Freitag befand: Ich saß im Regierungsgebäude mit dem

Weitere Kostenlose Bücher