Die Leibwächterin (German Edition)
Vorstellung verwandelte, ich hätte drei Junge. Es fiel mir schwer, den Traum aufzugeben und in die Realität zurückzukehren.
Monika hatte beschlossen, sich keine Kinder zuzulegen, solange nicht alle Menschen genug zu essen hatten. Mit einem derart edlen Motiv konnte ich nicht dienen, ich war einfach davon überzeugt, dass ich nicht zur Mutter taugte. Wahrscheinlich würde mir mein Kind früher oder später unbequem werden, ich würde es wegscheuchen wie ein Luchsweibchen, wenn die nächste Brunst naht.
Als ich zwölf war, hatte Onkel Jari auf einer Baustelle in Tuusniemi eine Frau namens Kirsi kennengelernt, die aus Juuankoski kam und für die Bauarbeiter kochte. Sie hatte sich für meinen Onkel interessiert, so sehr, dass sie ihn schließlich in Hevonpersii besuchte. Ich schenkte ihr nur einen einzigen Blick, dann setzte ich mich ins Boot, ruderte los und kam erst zurück, als ihr grauer Lada verschwunden war. Danach ließ sie sich nicht mehr blicken, es wurde auch nicht über sie gesprochen, aber ein halbes Jahr später kam eine Ansichtskarte aus Gran Canaria, wo Kirsi und ein gewisser Jomppa ihre Flitterwochen verbrachten. Onkel Jari las die Karte und warf sie anschließend in den Ofen. Andere Frauen hatte es in seinem Leben nicht gegeben, meines Wissens auch dann nicht, als ich bereits ausgezogen war.
Es war bewölkt, aber da es nicht regnete, machte ich einen Morgenlauf, nachdem ich mich mit einem Apfel gestärkt hatte. Ich lief auf der Torbackantie zur Hangontie, joggte einige hundert Meter auf dem harten Asphalt, bog auf die Kopparnäsintie ab und kehrte über die Felsen zum Sommerhaus zurück. Beim Laufen versuchte ich, mir neue Kombinationen für den Tresorkasten auszudenken. Am Ende meiner Runde sah ich nach, was von dem toten Reh übrig war. Der Luchs hatte ein Festmahl genossen, denn er war an das beste Bratenfleisch herangekommen und hatte kiloweise davon gefressen. Nun lag er vermutlich in einer Felsspalte und wartete auf die Dunkelheit, in deren Schutz er sich die nächste Mahlzeit gönnen konnte. Vielleicht würde er auch in der vierten Nacht noch einmal von dem Aas fressen und es danach den Vögeln, Ameisen und Fliegen überlassen.
Nach einem opulenten Frühstück schaltete ich meine Handys ein. Auf dem Prepaid-Anschluss erwarteten mich zwei Rückrufbitten, eine von Cecilia Nuutinen-Kekki aus Hongkong, die andere von Hauptmeister Laitio. Ich verspürte wenig Lust, auch nur einer der beiden nachzukommen. Lieber beschäftigte ich mich wieder mit Anitas kleinem Safe. Sie hatte wohl angenommen, ich würde ihn in einem Bankschließfach verwahren. Stattdessen hatte ich ihn in mein Sommerhaus gebracht, von dem sie nichts gewusst hatte. Warum hätte ich ihr auch davon erzählen sollen? Ich probierte sämtliche Ziffernkombinationen aus, die mir beim Joggen eingefallen waren, doch ohne Erfolg. Der graue, leicht zerdellte Stahlmantel spiegelte mein Gesicht verzerrt wider, als wolle er mich verhöhnen. Dann klingelte das Handy. Ich erkannte Laitios Nummer, und da ich ohnehin schon vergrätzt war, meldete ich mich.
«Wo versteckst du dich? Ich habe heute früh eine Streife losgeschickt, die dich zur Vernehmung holen sollte, aber von dir war nicht mal die Spur einer Titte zu sehen.»
«Ich bin bei meiner Freundin. Ist der Fall Anita Nuutinen denn nicht abgeschlossen?»
«Wir sind durch ihre Teledaten auf interessante Verbindungen gestoßen. Offenbar hat Frau Nuutinen mit ihrem ehemaligen Kumpan Walentin Paskewitsch erbittert um ein Ufergrundstück in der Nähe von Kotka konkurriert. Hast du vergessen, mir davon zu erzählen?»
Ich zog es vor zu schweigen. Vielleicht würde Laitio mir verraten, wie weit die Polizei Paskewitsch auf die Spur gekommen war.
«Paskewitsch war früher KGB-Agent. Du weißt wohl, was das bedeutet. Oder warst du selbst an dem Plan beteiligt? Bist du von Paskewitsch bezahlt worden? Er hat ein Angebot für das Grundstück in Kotka gemacht, das auch die Nuutinen haben wollte. Ein cleveres Spiel, Hilja-fucking-Bodyguard! Du hast mir alles erzählt, was wir sowieso herausfinden würden, aber kein Stück mehr. Hat Paskewitsch dir einen neuen Pass besorgt? Ganz gleich, wo du steckst, wir finden dich!»
«Ich habe keinen Grund, mir Ihre Drohungen anzuhören. Auf …»
«Leg noch nicht auf, Hilja Ilveskero. Sag mir zuerst, wer eigentlich den Namen für dich ausgesucht hat. Ich kenne deinen wahren Namen und weiß auch, warum er geändert wurde. Glaubst du nicht, es wäre besser für
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