Die Leibwächterin (German Edition)
auf dem Sprung. Mir war sofort klar gewesen, dass er Paskewitsch beschützte. Sicherheitshalber hatte ich die Kellnerin, bei der er mit der Kreditkarte bezahlt hatte, nach seinem Namen gefragt. Natürlich nahm ich nicht an, dass es sein wirklicher Name war, aber ich hatte ihn mir dennoch eingeprägt. Der Kreditkarte zufolge hieß der Mann, der gerade seinen Revolver aus dem Gürtel zog und in das Achselhalfter unter seiner Jacke steckte, David Stahl.
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8
Trotz der Gore-Tex-Kleidung spürte ich einen feuchten Film auf der Haut. Vermutlich schwitzte ich. Was zum Teufel tat Paskewitschs Handlanger im Wald bei meinem Ferienhaus? Was hatte ich falsch gemacht? War es den Gangstern doch gelungen, mir oder meinem Handy einen Sender einzupflanzen? Ich wünschte, ich hätte meine Waffe mitgenommen. Ein Schuss, und David Stahl wäre Vergangenheit gewesen. Mit der Schubkarre hätte ich die Leiche in der nächsten Nacht zum Boot bringen und sie dann draußen im Meer versenken können, sodass man sie vor dem nächsten Frühjahr nicht finden würde.
Aber ich hatte keine Waffe bei mir und war außerdem nicht scharf darauf, einen Mord zu begehen, auch wenn ich selbstverständlich bereit war, mich notfalls gegen Stahl zu verteidigen. Er wischte sich das Wasser von der Glatze und zog eine Mütze aus der Tasche, deren Schirm sein Gesicht verdeckte. Ich hätte ihn nicht erkannt, wenn er sie von Anfang an aufgehabt hätte.
Er sah sich um, als überlege er, was er als Nächstes tun sollte. Dann ging er den Weg entlang, der zu meinem Sommerhaus führte. Ich hatte die Alarmanlage nicht eingeschaltet, aber immerhin daran gedacht, die Tür abzuschließen. Die Sauna war unverschlossen wie immer, doch die Seifenpackungen und Shampooflaschen aus dem Supermarkt, die dort standen, gaben meine Identität nicht preis.
Ich wartete ein paar Minuten ab, bevor ich Stahl folgte, nicht auf dem Weg, sondern durch den Wald. Dabei hatte ich die ganze Zeit Angst, Stahl würde sich umdrehen und mich bemerken. Hinter der Wegbiegung kletterte ich auf einen Felsen, über den ich zu einer Stelle oberhalb meines Hauses gelangte. Ich hatte sofort nach der Unterzeichnung des Mietvertrages die besten Beobachtungsposten gesucht und war nun unterwegs zu einem von Büschen verdeckten Geröllhaufen, von dem aus ich das Haus im Blick hatte, ohne selbst gesehen zu werden.
Ich musste ziemlich große Schritte machen, um nicht auf trockene Zweige oder lose Steine zu treten. Zwar hätte Stahl eventuelle Geräusche vielleicht einem Waldtier zugeschrieben, aber da ich nicht wusste, ob er ein erfahrener Waldgänger war, wollte ich kein Risiko eingehen. Als ich meinen Posten erreichte, sah ich, dass Stahl direkt vor meinem Haus stand. Er ging einmal ganz herum, stieg aber nicht die Treppe zur Veranda hinauf, sondern schlug nach kurzem Überlegen den Weg zum Campingplatz ein.
Es war bereits hell, als ich mich endlich aus meinem Versteck traute. Ich musste meine steif gewordenen Beine eine ganze Weile dehnen und strecken, bevor ich wieder richtig gehen konnte. Da Stahl möglicherweise an der Wegbiegung Posten bezogen hatte, ging ich nicht zum Haus, sondern schlich mich auf Umwegen zu der Stelle zurück, wo ich ihn zuerst entdeckt hatte. Ich sah die Abdrücke seiner Stiefel im Sand und folgte ihnen. Wo die Sandschicht auf dem Weg dünner wurde, verschwanden sie, tauchten aber gleich wieder auf, gerade so, als habe Stahl signalisieren wollen, dass es ihm nichts ausmachte, verfolgt zu werden.
Vom Weg aus führten die Spuren weiter zum Bootsufer. Die gleichen Spuren verliefen auch in der Gegenrichtung. Im Schlick auf dem Parkplatz erkannte ich die Stiefelabdrücke und die Stelle, an der Stahl seinen Wagen abgestellt hatte. Er hatte den Parkplatz in nördlicher Richtung verlassen, aber auf dem unbefestigten Weg gingen die Reifenabdrücke zwischen zahlreichen anderen unter. Es war aussichtslos, sie zu verfolgen.
Ich kehrte ins Haus zurück und duschte heiß. Da ich Hunger hatte, machte ich mir ein Omelett mit Bohnen und stellte dabei fest, dass meine Vorräte zu Ende gingen. Im Lauf des Tages würde ich in Degerby einkaufen müssen. Ich ölte meine Pistole und steckte sie in die Jackentasche. Von nun an würde ich das Haus nicht mehr unbewaffnet verlassen.
Noch einmal suchte ich meinen Körper ab und zerlegte das Handy in seine Einzelteile, entdeckte aber keinen Ortungssender. Trotzdem nahm ich mir vor, ein neues Handy zu kaufen und das alte wegzuwerfen,
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