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Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Titel: Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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eingebettet zwischen Bäumen, und der Umstand, zusammen mit dem Eisernen Steg ein hübsches Bild abzugeben, sorgten für Postkartenatmosphäre.
    „Sprecken Sie Teutsch?“ wurde Herr Schweitzer überrumpelt.
    „Hä?“
    Die Touristin schaute den Touristen fragend an. Beide hatten ein zackiges Ja erwartet.

hatten sie trotz eines Intensivkurses noch nie gehört.
    Doch schnell hatte sich Herr Schweitzer wieder gefunden und besserte nach: „Yes. Ja. Natürlich.“
    „Oh yeah, das ist good. Please, kennen Sie uns sagen bitte, wo ist diese Cathedral?“
    Kassietrell? Obwohl Herrn Schweitzer nun ein Licht aufging, mit wem er es zu tun hatte, mit amerikanischen Touristen nämlich, das sah man an der Flagge auf den zwei Baseballkappen, konnte er mit Kassietrell wenig anfangen. Sein Englisch war eher unterentwickelt.
    Doch der amerikanische Ami deutete auf seinen Reiseführer. „Here, das große Kirche ... wir kennen sie nicht sehen ... finden.“
    Der Dom. Herr Schweitzer drehte sich um und deutete zum anderen Ufer. Und ihm fiel auf, die Abbildung im Buch hatte kaum noch etwas mit der Wirklichkeit zu tun. Seit Jahren schon war das Wahrzeichen mit einem Gerüst umbaut, an dem Sponsoren großflächig ihre Werbung plazierten. Dergestalt refinanzierte die Stadt einen Teil der Renovierungskosten. Das Stadtsäckel war nämlich obligatorisch leer. Nicht nur hier in der ehemaligen Freien Reichsstadt. Fast überall in Deutschland. Statistiken besagen, in der Rangliste betreffs des sozialen Standards fallen wir bald hinter China und Indien zurück. Na, wer sagt es denn.
    „He’s renovating in the moment“, klärte er die Besucher auf und war schon etwas stolz auf seine mondäne Art.
    Ungeachtet der desaströsen Übersetzung hatten die Besucher verstanden. „Yeah, natürlik, Renovierung ist good für die Erhalt von Denkmalen.“
    „Very good sogar“, bestätigte Herr Schweitzer in fast schon elegischem Tonfall.
    „Tankeschön. Auf Fiedersehen.“
    „No problem.“
    Er sah den beiden nach, wie sie die ersten Stufen des Eisernen Stegs erklommen, dann lenkte er seine Schritte über die Ampel zur Dreikönigskirche. In der Färberstraße parkte ein Streifenwagen. Vor ihm schleppte sich eine nach Pin-up-Maßen gebaute Dame mit Einkaufstüten einer Modeboutique aus Hibbdebach ab. Eine Handvoll pickender Tauben machte Herrn Schweitzer den Weg frei, als er sich der Pforte näherte. Verschlossen. Juhu, jubilierte er. Andrea hat das wohl auch alles nicht so ernst genommen. Vielleicht war sie ja genauso unzurechnungsfähig wie ich. Herr Schweitzer rieb sich die Hände, auf seinen Schädel brannte die Sonne. Na gut, ein paar Minuten warte ich noch, niemand soll mir nachsagen können, ich sei ein Pedant.
    Drei Minuten vergingen, ohne daß sich etwas tat. Dann schickte er sich an, das Bauwerk noch einmal zu umrunden, ehe er den Heimweg antrat. Insgeheim frohlockte er, daß es so gelaufen war. Was hatte er sich in seiner Paranoia nicht alles ausgemalt. Jede Menge Ausreden für die unterschiedlichsten Szenarien hatte er sich zurechtgelegt. Und nun konnte er ...
    Scheiße.
    Andrea Hampel.
    An der Rückfront der Kirche, dort, wo der Dreikönigsbrunnen steht, erblickte er sie. Zwei Polizisten unterhielten sich mit ihr. Deswegen also der Streifenwagen. Als Andrea ihn erblickte, winkte sie. Herr Schweitzer näherte sich bis auf ein paar Schritte. Dann kam der Höflichkeitsabstand zum Tragen. Bestimmt hatten sie etwas Wichtiges zu besprechen. Wozu sonst sollte die Polizei hier sein? Ihn, Herrn Schweitzer, vielleicht verhaften? Hatte er in besagter Nacht außer dem Malheur mit dem Butterbrettchen sonst noch etwas angestellt? Eine Straftat von Relevanz etwa? Das hätten sie auch einfacher haben können, überlegte er, schließlich stehe ich ja im Telefonbuch.
    Gemütlich schlenderten die beiden Polizisten zum Streifenwagen. Andrea Hampel kam auf ihn zu. In der linken Hand hielt sie einen kleinen Pickel. Aus dem Halbdunkel der Wand löste sich ein Schatten. Ein grobschlächtiger Hüne mit Bürstenhaarschnitt sprach, noch ehe er die Archäologin erreicht hatte: „Kann ich Sie jetzt vielleicht einen ...“
    „Später“, wehrte Andrea ihn brüsk ab.
    Herrn Schweitzer mangelte es an Durchblick. „Was ist denn hier los?“ Diese Vorgehensweise fand er ziemlich clever. Immer schön in die Offensive gehen. Dieserart käme er eventuell darum herum, seiner Klassenkameradin eingestehen zu müssen, nicht zu wissen, was ihn hierher getrieben hatte.

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