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Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Titel: Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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verstehen, sie verstünde das auch nicht. Vielleicht waren Drogen im Spiel.
    Nach weiteren fünf Minuten absoluter Ignoranz erkühnte er sich: „Hallo, ich bin der Simon.“
    „Belle.“
    „Belle?“
    „Belle.“
    Hieß das auf französisch nicht die Schöne, fragte er sich, na, davon kann ja wohl hier nicht die Rede sein. Aber auf die Idee, er, Herr Schweitzer, habe diese Lokalität betreten, um möglicherweise etwas Flüssigkeit zu sich zu nehmen, kam die Neue einfach nicht. Auch gut, sponn er seine Gedanken weiter, kann doch auch wirklich nicht jeder ein Günstling der Evolution sein. Mit honigsüßer Stimme zwitscherte er: „Kann der liebe Onkel Simon etwas zu trinken bekommen?“
    „Oh. Ja. Natürlich. Was darf’s denn sein?“
    Olala, ist die Dame über ihre Bestimmung gestolpert. „Wenn’s keine Mühe macht, vielleicht ein Gläschen von diesem 2003er Blaufränkischen.“
    Wie in Trance wanderten ihre Äuglein dorthin, wo Herrn Schweitzers Augen weilten. Nach bemerkenswert schnellen fünfundzwanzig Sekunden hatte sie des Gastes Worte mit dem Geschriebenen in Einklang gebracht und begann, die Weinflaschenbatterie zu studieren.
    Doch Herr Schweitzer hatte Durst: „Pssst.“
    Belle drehte sich um.
    „Die zweite von links.“
    „Ah ja.“
    „Ich bin doch hier auf dem falschen Dampfer. Bestimmt ist irgendwo eine Kamera versteckt“, flüsterte er Maria zu.
    „Keineswegs. Sie ist Profi.“
    Das Gehörte mußte eine Sinnestäuschung sein. „Wie bitte?“
    „Du hast richtig gehört. Belle bedient noch in zwei anderen Kneipen. Hat Bertha jedenfalls behauptet.“
    „Wo? Bestimmt nicht hier.“
    „Nein. In Hibbdebach drüben“, leistete sich Maria ein Paradoxon.
In Hüben-des-Baches drüben
lautete nämlich die amtliche Übersetzung.
    Unglauben hatte sich seiner bemächtigt. Von einem Nasenrümpfen begleitet sprach er: „Und diese Kneipen gibt’s noch, haben noch nicht pleite gemacht?“
    „Was weiß ich? Ich gebe nur das weiter, was Bertha erzählt hat.“ Und mit einem schelmischen Grinsen ergänzte sie: „Ist der kleine Simon heute mal wieder kampfeslustig, wie?“
    Der
kleiner Simon
genannte: „Nö, gar nicht. Aber allen Ernstes mal, Belle ist doch eine ausgemachte Null.“
    „Das mag sein. Guck, hier kommt der Wein schon.“
    „Oh, schon“, sagte das Lästermaul zur neuen Bedienung. „Danke.“
    „Sag mal“, Herr Schweitzer senkte seine Lautstärke in den unteren Phonbereich, „ist die jetzt jeden Montag hier?“
    „Soweit ich Bertha verstanden habe, ja.“
    „Na denn mal Prost.“
    „Prost.“
    Es klirrten die Gläser.
    Und dann berichtete er Maria von Esther und den Ungereimtheiten aus dem Schuhkarton. Zwischendurch orderte er per Beschwörungsformel mit einem dreifachen Bitte eine Runde Nachschub.
    Als sie gerade aufbrechen wollten, es waren keine anderen Gäste mehr gekommen, erschien Buddha Semmler, der Apfelweinkellner, der seinen Beinamen erstens wegen seiner Leibesfülle und zweitens wegen seiner fast unerschütterlichen Gemütsruhe erhalten hatte. „Was ist denn hier los?“
    „Nichts.“
    „Das sehe ich.“
    „Und wer ist das da?“
    Herr Schweitzer: „Belle, auch die Flinke genannt.“
    „Da schau mal einer an. Frisches Blut im Gewerbe. Einen Schoppe, please.“ Doch da fiel ihm siedendheiß ein, daß die Neue ja nicht wissen konnte, was ein Schoppe bei ihm hieß. Denn Schoppe ist regional bedingt und obendrein seit Jahren schon personenbezogen. Also sagte er: „Ein Altenmünster.“ Dieses Schwarzbier hatte Bertha erst seit Juni im Angebot.
    Nachdem Buddha Semmler seinen Gaumen benetzt hatte, fragte er im Verschwörerton: „Habt ihr schon die Zeitung von morgen gelesen?“
    „Heute ist noch heute“, witzelte Herr Schweitzer.
    „Scherzkeks. Die Blöd gibt’s schon abends. Aber auch erst seit hundert Jahren. Jedenfalls steht da drin, es ist jetzt erwiesen, daß die Knochen vom Eisernen Steg tatsächlich erst etwa zwanzig Jahre dort gelegen haben. Wenn das wirklich eine tote OFC-Leiche ist, dann aber hallo. Zum Glück spielen die nicht mit der Eintracht in derselben Liga. Das gäbe dann bestimmt eine Menge Ärger.“
    „Darauf kannst du einen lassen“, bestätigte Herr Schweitzer.
    Was ist das denn jetzt wieder für eine kuriose Entwicklung? Es sah ja schon fast danach aus, als trüge seine scherzhafte Bemerkung zur Aufklärung eines Mordfalles bei. Und dieser Wundermann erntet die Lorbeeren. Ihm soll’s recht sein.
    Dann, später in der Nacht, steckten Maria

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