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Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Titel: Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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nicht auf Urlaub bin, du Blödmann, sondern einen Fall von internationaler Tragweite aufkläre, hä? Doch allsogleich erinnerte sich Herr Schweitzer, daß er ja selbst Holiday auf dem Einreisewisch angekreuzt hatte. Er nahm den Blödmann zurück. „Thank you very much“, kam es ihm höflich von den Lippen.
    Bei der Gepäckausgabe fragte er seine Freundin, die in ihrem schwarzen Rock und der modischen Reisetasche so gar nicht zu seiner Tropenkluft paßte: „Wieso stempeln die eigentlich die Pässe nicht?“
    „Damit wir danach noch in arabische Länder reisen können.“
    „Wieso? Machen die Ägypter denn Ärger, wenn wir vorher bei den Israelis waren?“
    „Die Ägypter nicht, aber andere muslimische Länder. Zum Beispiel der Iran.“
    „Aha.“ Auf dem Laufband erspähte Herr Schweitzer noch weitere Rucksäcke gleicher Größenordnung, was ihn sehr beruhigte. Trotzdem kramte er den Tropenhelm nicht hervor. Bereits im Flieger war ihm aufgefallen, daß sein Outfit momentan nicht angesagt war. Aber wartet nur, bis wir in die Wüste kommen, da werdet ihr schon sehen, was für ein Cleverle ich bin. Denn wem Hohes soll gelingen, der muß nach Hohem ringen, Parzival, sinnierte er, während sie sich dem Taxistand näherten. Großzügig überließ er es Maria, mit dem Fahrer handelseinig zu werden.
    Nun, da Herr Schweitzer sich in der Welt umtat, sog er gierig die fremdartige Umgebung in sich auf. Reklameschilder in hebräischer sowie englischer Schrift, darunter auch Coca Cola, säumten die Schnellstraße. Als er gar einen mit Melonen beladenen Eselskarren entdeckte, der von einem alten Mann arabischer Provenienz gelenkt wurde, war sein Entzücken groß. Genau so hatte er sich Exotik vorgestellt. Nur schade, daß das Taxi so raste, gerne hätte er die ersten Fotos geschossen. Der primäre Grund seines Hierseins war zur Nebensache geworden. Hermann Bauer und Claude Heidenbrück, mit denen würde er sich morgen wieder beschäftigen.
    Obwohl es im Reiseführer nicht anders beschrieben wurde, so war der erste Eindruck von Israels Hauptstadt doch eher enttäuschend. Die vielen Geschäfte erinnerten ihn in ihrer Erscheinungsform stark an Frankfurt. Das Fremde kam eindeutig zu kurz. So freute er sich über jedes Detail, das ihm signalisierte, in einem Landstrich weitab von der Heimat zu sein. Selbst an Nummernschildern begeisterte er sich.
    Das Sheraton in der Ha-Yarqon Straße lag direkt an der Strandpromenade. Von der neunzehnten Etage hatte man eine grandiose Aussicht übers Mittelmeer. Herr Schweitzer wollte sofort los und seine Füße ins Wasser tauchen. Allem, was er in den nächsten zwei Wochen zu tun beabsichtigte, würde etwas Jungfräuliches anhaften. Als Maria meinte, sie gehe jetzt Geld wechseln, zog er als weiteren Beweis seiner Planungsfähigkeit ein Bündel Schekel-Scheine aus seinem Brustbeutel. „Alles schon daheim erledigt“, war sein lapidarer Kommentar.
    Nach einer schnellen Dusche, noch während er auf Maria wartete, überprüfte Herr Schweitzer seinen Fotoapparat auf dessen Funktionstüchtigkeit, indem er Zimmer und Panoramablick aus allen möglichen und unmöglichen Perspektiven fürs Album festhielt.
    Nach dem mediterranen Fußbad am Strand ging’s im Stechschritt zur Dizengoff, der Lebensader Tel Avivs. Herr Schweitzer, den Stadtplan wie ein Zepter in der Hand, betätigte sich als Cicerone, der Straßenschilder kommentierte, als könne Maria nicht lesen. Obschon sie vor der ein oder anderen Boutique gerne ein bißchen verweilt hätte, bloß um zu gucken – klar – verkniff sie es sich vorerst. Sie hatte Mühe, mit Herrn Schweitzers waghalsigem Tempo mitzuhalten, so aufgedreht kannte sie ihn gar nicht. In Frankfurt schlich er immer wie eine hüftkranke Schnecke übers Pflaster. Doch sie ließ ihn gewähren und genoß die Unterbrechungen, „das Haus da drüben ist Original-Bauhaus-Stil“, wenn ihr Liebster, was häufig geschah, ein seiner Meinung nach lohnenswertes Objekt im Visier hatte. Das konnten auch Blumen am Straßenrand sein. Simons strahlendes Gesicht erinnerte sie an Kinder am Tag der Bescherung.
    Nach einer Stunde steuerte Herr Schweitzer ein Straßencafé an, von dem es hieß, so zitierte er die Fachliteratur, es liege voll im Trend. Bei einem Cappuccino und einer Flasche Wasser, „wegen dem subtropischen Klima hier soll man viel Flüssigkeit zu sich nehmen“, aalte man sich in der späten, immer noch heißen Nachmittagssonne. Einem fliegenden Händler kaufte Herr Schweitzer eine

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