Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Titel: Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
Vom Netzwerk:
Aschenbecher der Bar tummelten und hastig an ihrem Glimmstengel zogen, als wären es die letzten, fürchteten sich wohl nur vor dem Nikotinvakuum, das sie demnächst erwartete. Kinder tollten ausgelassen durch die Sitzreihen und warfen irritierte Blicke auf den Tropenexperten Schweitzer. Er wurde das Gefühl nicht los, die einzige Memme weit und breit zu sein. Jetzt mach mal halblang, schimpfte er mit sich. Dein Name hat in der Welt einen guten Klang, du Licht der Aufklärung, du. Außerdem hattest du ein tolles Leben. Da war fast nichts zu bereuen. Und Maria, die große Stücke auf dich hält, ist ja auch noch da. Und diese halbe Portion von Terrorist zwei Barhocker weiter, der mit dem martialischen Oberlippenbart. Mit dem werde ich wohl auch noch fertig. Nichts leichter als das. Wieso fliegt der eigentlich als Araber nach Israel? Schnallen die von der Paßkontrolle überhaupt irgendwas? So spielerisch, wie der mit seiner Zigarette umgeht, so handhabt der bestimmt auch seine Handgranaten. Genau, die Westentaschen sind auch ganz schön ausgebeult. Platz genug für ein komplettes Waffenarsenal.
    „Magst du noch einen?“ Maria meinte es gut mit ihm.
    Doch Herr Schweitzer hatte an seinem Whiskey bisher nur genippt. „Wann geht’s denn los?“
    „Gleich. Die Ticketkontrolle hat schon Stellung bezogen.“
    Gut, dann können die den Typen von der Hamas gleich aussortieren.
    Adieu, du heimatliche Erde, seufzte er, als sich das Flugzeug endlich in Bewegung setzte. Doch von Fliegen konnte noch längst keine Rede sein. Herr Schweitzer fragte sich schon, ob man die Strecke auf Rädern zurücklegen wollte, kilometerlang zog sich der Weg zur Startposition. Er saß am Fenster. Auf der Aussichtsplattform standen winkende Menschen, ihren lieben Verwandten oder Freunden einen letzten Abschiedsgruß durch das kleine Oval mit auf die Reise gebend. Hangar um Hangar passierten sie, und Herr Schweitzer war ob der Weitläufigkeit des Geländes erstaunt. So riesig hatte er sich den Flughafen nicht vorgestellt. Dann endlich bremste der Flieger. Fünf Minuten vergingen. Bestimmt ein Defekt, der sie gleich zur Umkehr zwingen würde.
    Wegen des Drogencocktails verspürte er kaum Nervosität. Eine Spur Fatalismus war aber auch dabei. Mit einem kaum verhohlenen künstlichen Lächeln brachten Stewardessen den Passagieren die Sicherheitsbelehrungen für den Notfall nahe. Ein männlicher Steward war auch darunter, dessen Tuntenhaftigkeit nicht zu übersehen war. Die Vorführungen mit den Schwimmwesten war der einzige Moment, bei dem Herr Schweitzer schwer schluckte. Bei einer Zugfahrt war das eher unüblich, aber die notwasserten ja auch nicht. Dann heulte der Motor auf, und die Boeing der Lufthansa beschleunigte, wie es Herr Schweitzer nicht für möglich gehalten hätte. So schnell war er noch nie vorwärtsgekommen. Nicht mal, als er einst mal in eines Kumpels Porsche 911 mitgerast war. Die Baumwipfel flitzten am Fenster vorbei, erschienen wie horizontale Pinselstriche, bis sich die Perspektive allmählich veränderte. Sie hatten abgehoben. Lautlos. Herr Schweitzer hatte einen dramatischen Ruck erwartet oder wenigstens eine wahrnehmbare Veränderung des Motorenlärms. Aber da war nichts außer der Neigung des Horizonts. Wenn alles im Leben so einfach wäre. Brenzlig wurde es aber dennoch. Als das Fahrwerk einfuhr, sich die Klappen schlossen und die Maschine eine Kurve beschrieb, daß er schon fürchtete, auf Marias Schoß zu landen. Nur der Sicherheitsgurt, so kam es ihm vor, verhinderte dies.
    Und wie der Pilot einige Minuten später auch noch der Kollision mit einem anderen Luftverkehrsteilnehmer, den er mit Schrecken als kleinen Punkt am unteren Fensterausschnitt entdeckte, aus dem Weg ging, war schon eine Klasse für sich.
    „Du mußt schlucken“, wies ihn Maria in die Tücken des abnehmenden Luftdrucks ein, weil sie bemerkt hatte, wie Herr Schweitzer mit dem Finger in seinen Ohren pulte, als wäre Schmalz die Ursache.
    Als der erste Imbiß serviert wurde, schlief er bereits wie ein Murmeltier. Mit Tetrahydrocannabinol kannte er sich aus. Ein gutes Timing ist dabei die halbe Miete.
    Wie auf Schmierseife glitt die Boeing auf ihren Schwingen durch die Lüfte. Weder Sturm noch Orkan sorgten für Unruhe. Maria fragte sich schon, ob sie sich Simons Phobiesymptome bloß eingebildet hatte, denn dieses heikle Thema hatte sie in letzter Zeit wohlweislich ausgespart. Sie gehörte zu dem seltenen Schlag Frau, der vor so gut wie nichts Angst hatte.

Weitere Kostenlose Bücher