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Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Titel: Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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unterlaufen, dachte er, und ließ den Abort hinter sich.
    Es gingen ein paar Minuten ins Land, bis er sich hinter einem im Ankunftsbereich abgestellten Kleinbus sicher fühlte. Herr Schweitzer inhalierte so tief wie nie zuvor. Nervös blickte er sich um, doch keine Menschenseele störte seine Absturztraumaverhinderungsmaßnahme.
    „Ey Alter, riecht klasse. Darf ich auch mal?“
    Ein jäher Schrecken durchzuckte Herrn Schweitzer. In Zeitlupe, keine falsche Bewegungen riskierend, drehte er sich um. Die Hände auf dem Rücken ließ er den Joint fallen. Sicher ein Undercoveragent, war sein erster Gedanke, denn der Typ, der sich unbemerkt herangeschlichen hatte, war bestens getarnt. Lange, schmierige Haare, buntes Stirnband mit Hanfsymbol, Jesuslatschen und ein afrikanischer Umhang in schrillen Farbtönen ließen ihn wie einen Hippie der ersten Generation aussehen.
    „Kumpel, nicht wegschmeißen. Aufrauchen.“ Der vermeintliche Freak bückte sich.
    Herr Schweitzer versuchte, das Corpus delicti unter seinen Schuhsohlen zu begraben. Doch er trat daneben und hätte fast des Blumenkindes Finger zerquetscht.
    „Jetzt mach dich mal locker. Am Morgen ein Joint, und der Tag ist dein Freund.“ Er tat einen ebenso gierigen Zug wie Herr Schweitzer. „Hmm, lecker. So was bekommt man auch nicht alle Tage. Ich tippe mal auf Amsterdam.“
    So langsam kriegte er sich wieder ein. Vielleicht doch keiner von der Zollfahndung. Obwohl, was er so hörte, die meisten von denen sich auch berauschen. Meistens mit beschlagnahmten Drogen. Eine Falle?
    Doch der Typ, dessen Alter Herr Schweitzer nun doch so weit nach oben korrigierte, daß er beim ersten Woodstockfestival hätte dabeigewesen sein können, obwohl ihn die Klamotten viel jünger erscheinen ließen, nahm ihm seine Zweifel. „Du denkst doch nicht etwa, ich sei einer von dieser Schnüffelbande.“
    „Nur im ersten Moment, Kumpel. Nur im ersten Moment. Kann ich auch noch mal? Flieg nämlich gleich zwanzig Stunden nonstop nach Australien, weißt du. Da muß ich vorbauen.“
    „Klar, Alter. Hier. Nach Australien?“
    „Logo, soll da für’n Freund ‘ne Plantage anlegen.“ Herr Schweitzer zwinkerte.
    „Stark, gutes Klima, da unten. Das gibt sicher ‘ne astreine Ernte.“
    „Worauf du einen lassen kannst, Amigo.“
    „Du, hast du mal’n Zehner? Bin knapp bei Kasse und muß noch nach Frankfurt rein.“
    Herr Schweitzer, gerade noch mal davongekommen, gab sich spendabel und zückte seine Geldbörse. „Hier, hast’n Zwanni. Zünd für mich ’ne Kerze an, wenn du mal an ’ner Kirche vorbeikommst.“
    „Mach ich. Peace, brother.“ Im Weggehen murmelte er, so daß Herr Schweitzer es gerade noch so verstehen konnte: „Mannohmann. Zwanzig Stunden, das hält doch kein Schwein aus.“
    Als er wieder bei Maria eintraf, wartete diese bereits am Schalter. „Wo steckst du denn so lange? Dein Paß wird verlangt.“
    „Entschuldigung, ich hatte mich verlaufen.“
    „Er fliegt heute das erste Mal“, flüsterte Maria im konspirativen Tonfall zur Dame des Bodenpersonals. Diese nickte verständnisvoll.
    Die Ausreiseformalitäten waren erledigt, man befand sich an einer chromblitzenden Bar im Duty-free-Bereich. Maria, die nicht ahnte, daß sich ihr Liebster nach dem Dope, das seinen Geist bereits mit glücksbringenden Schüben versorgte, obendrein noch ein paar Valiumtabletten eingeschmissen hatte, hielt es für ratsam, unter anderem auch deshalb, weil Simon sich bislang so wacker geschlagen hatte, noch dem ein oder anderen Hochprozentigen zuzusprechen. Herr Schweitzer fand das eine prima Idee. Das Denken hatte er eingestellt. Vor der großen, fast durchgehenden Fensterfront standen einige große Maschinen mit der Schnauze zum Fenster. Ein regenverhangener Himmel zerstob die letzten Hoffnungen, Starts könnten wegen Vereisung der Höhenruder ausfallen. Weiter draußen erklommen wagemutige Naturen eine Gangway, zu der man sie mit einem Bus gekarrt hatte. So weit er es überblicken konnte, hatte sich noch kein Unglück ereignet. Er tröstete sich damit, daß die erste Nacht am Galgen immer die härteste ist. Und die nächsten vier Stunden gingen mit Sicherheit auch vorüber. Das taten sie immer, ob mit oder ohne ihn. So langsam trug auch das Valium Früchte. Seine Bewegungen wurden langsamer, und die Koordination seiner Gliedmaßen gestaltete sich zunehmend diffiziler. Herr Schweitzer schaute sich um. Die anderen Passagiere waren scheinbar guter Dinge. Diejenigen, die sich um die

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