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Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Titel: Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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durch die geöffnete Balkontür. Mit fast schon letzter Kraft hob er den Kopf und erblickte Marias Silhouette.
    „Na, du Langschläfer. Weißt du, wie spät es ist?“
    „Darf ich schätzen?“
    „Nur zu.“
    „Vier Uhr nachts.“
    „Seit wann scheint nachts die Sonne?“
    „Die Sonne scheint immer. Zumindest noch ein paar Millionen Jährchen, wenn man dem Geschwätz der Wissenschaftler glauben soll“, brachte Herr Schweitzer mühsam hervor. Auf seinen Handrücken suchte er nach Nagelköpfen. Da keine zu entdecken waren, tippte er alternativ darauf, mit Stahlbeton ausgegossen worden zu sein. Aber wer würde so etwas Schreckliches mit ihm anstellen wollen? Der Mossad vielleicht, der ein wie auch immer gestricktes Interesse daran hatte, ihn, Herrn Schweitzer, an seiner Ermittlungsarbeit zu hindern. Die Idee gefiel ihm und stachelte seinen Ehrgeiz nur umso mehr an. Und wenn schon der Mossad –
Hamossad Lemodi’in Uletafkidim Meyuchadim
– ihn mit Beton ausgoß, lag doch der Verdacht nahe, daß die Spuren, die seine Spürnase erschnüffelt hatten, nicht wesentlich kälter als brandheiß sein konnten. „Maria.“
    „Ja?“
    „Kannst du mal den Beton aus mir rauslassen?“
    Nach einer kurzen Bedenkzeit kam sie aufs Bett und beugte sich über ihn. Dann kitzelte sie ihn so lange, bis er um Schonung flehte. Doch eine der Kapitulationsbedingungen war Sex. „Ich mag die Härte von Beton.“
    Als er später zur Dusche robbte, wurde ihm kurz schwindelig. Herr Schweitzer war am Ende. Mit seiner Liebsten tatkräftigen Hilfe erreichte er das Badezimmer.
    „Privatdetektiv von Quickie dahingerafft. Schöne Schlagzeile.“
    Er fühlt sich jedoch nicht zum Scherzen aufgelegt: „Das ist bestimmt noch mein Jetlag.“
    „Sicher, mein Schatz. Und der Klimawechsel. Und das exotische Essen. Auf gar keinen Fall das Alter.“
    „Na, hör mal, ich bin noch nicht mal fünfzig.“
    „Aber bald, hihi.“
    Auch wieder wahr, dachte Herr Schweitzer. „Und du meinst, da soll ich mit der Erotik mal ein bißchen kürzer treten?“
    Maria schüttelte wie wild den Kopf: „Nein, nein, aber alles ein wenig langsamer angehen. Da hat man dann mehr von.“
    Wie auch immer, nach dem Frühstück war Herr Schweitzer insoweit wieder hergestellt, daß er sich für den Ernst des Lebens, der vor ihm lag, und ihm nach dem gestrigen sorgenfreien Tag viel Verdruß bereitete, gerüstet sah.
    Maria war bereits Richtung Shopping-Meile abgedüst, als Herr Schweitzer ein Taxi bestieg. Dem Fahrer händigte er einen Zettel mit der Adresse aus, die Esther ihm mitgeteilt hatte.
    Nachdem sich das Auto mehr hupend denn vorwärtskommend durch den wuseligen Vormittagsverkehr gequält und sie in Bat Yam, einem Vorort Tel Avivs, angekommen waren, bezahlte Herr Schweitzer und fand sich vor einem weißgetünchten und mehr oder weniger quadratischen Flachbau wieder, wie er sich weltweit wohl in jedem Vorort dieser Einkommenskategorie entdecken ließe. Ihm war flau zumute. Momentan lebte er in vier Sphären gleichzeitig. Da war zum einen das Buch, das er gerade las und im Mittelalter spielte, zum anderen seine lückenlose Sachsenhäuser Vita, die sich tief auf seiner Festplatte eingebrannt hatte und seine Persönlichkeit bestimmte. Seit gestern war ein Abenteurerleben vom Schlage eines Vasco da Gamas hinzugekommen. Und nun sollte er sich anschicken, einen Fall aus dem düstersten Kapitel deutscher Geschichte zu lösen. Kein Wunder, daß er ins Rotieren kam. Herr Schweitzer fand, er sei noch nicht soweit. Obendrein hatte ihm die Fahrt hierher neue Eindrücke vermittelt, die er erst verarbeiten mußte. Bei wenig routinierten Reisenden wie ihm konnte das schon mal passieren.
    Also nahm er sich vor, den Block einmal zu umrunden, zur Not halt auch zweimal, um sich zu sammeln. Eine Vorgehensweise wie in heimatlichen Gefilden hatte er sich nicht zurechtgelegt, denn hier befand er sich eindeutig auf ausländischem Terrain, wo ihm sein Erfahrungsschatz nichts nutzte und ihm der Leute Mentalität unbekannt war. Er setzte sich in Bewegung. Obwohl das Thermometer nur knapp über zwanzig Grad anzeigte und die Sonne noch recht schräg stand, fühlte Herr Schweitzer, wie ein simpler und einstudierter Ablauf wie Schlendern ihn anstrengte. Sofort trauerte er seinem im Hotel gelassenen Tropenhelm nach. Gerade jetzt hätte er dessen Tauglichkeit einer Zerreißprobe unterziehen können. Unvermittelt kam aus einem umzäunten Gartengrundstück ein schwarzweißer Plastikball vor seine Füße

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