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Die Leiche am Fluß

Die Leiche am Fluß

Titel: Die Leiche am Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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hätte sie wissen müssen. Hatte es auch gewußt. Aber — auch ein Mörder? Oder sah Brenda das womöglich falsch?
    Julia kannte Ted Brooks kaum. Anfangs waren sie sich drei-, viermal über den Weg gelaufen, und einmal hatte sie Brenda zu Hause besucht, als die mit einer Darmgrippe im Bett lag. Als Julia ging, hatte Ted ihr in den Mantel geholfen und war dabei — nicht zufällig — mit der Hand an ihre Brust gekommen.
    Hände weg, du geiler Bock, hatte sie bei sich gedacht und war ihm fortan aus dem Weg gegangen. Dabei war er ein gutaussehender Bursche, das mußte man ihm lassen.
    Der Brief war deshalb keine große Überraschung. Julia wußte längst, das Brenda unter der schwarzen Zunge und dem Jähzorn ihres Mannes zu leiden hatte, und vermutet hatte sie auch noch anderes. Aber Brooks ein Mörder?
    Liebevoll-besorgt sah sie die fleißige, treue kleine Frau an, ohne die sie sich ihr Leben kaum mehr vorstellen konnte. Brenda trug zur Feier des Tages ein dunkelblaues, ersichtlich nicht mehr neues, aber sorgsam gepflegtes Kostüm. Der Faltenrock war frisch gebügelt. Mitleid überkam sie. Sie würde ihr helfen, so gut sie konnte, das war eine Selbstverständlichkeit.
    Aber was konnte sie in dieser «anderen Sache» tun?
    «Was Sie über das... das Blut gesagt haben, Brenda... wissen Sie das ganz genau?»
    «Ich hab’s Ihnen eigentlich gar nicht erzählen wollen, Mrs. Stevens», flüsterte Brenda. «Gerade Ihnen nicht. Ja, ich weiß es genau. Und ich will Ihnen auch sagen, warum.»

    Zwanzig nach zwei setzte Julias Taxi Brenda ab. Nicht unmittelbar vor ihrem Haus, sondern vor dem Laden der Pakistanis an der Ecke.
    «Nicht vergessen, Brenda: Lassen Sie heute abend wieder die Milch ausgehen. Kurz vor neun. Und unternehmen Sie vorher nichts. Bis bald.»
    Auf der Heimfahrt sah Julia das Plakat der Oxford Mail vor dem Zeitungsladen in der Cowley Road:

    POLIZEI
    SUCLIT NACH
    MORDWAFFE

    Sie bat den Fahrer anzuhalten.

    Kurz vor drei an diesem Nachmittag schätzte Ted Brooks sachkundig die Entfernungen ab und ließ das Queue vorschnellen. Die schwarze Kugel rollte sicher ins Loch.
    Sein Mitspieler, ein älterer Mann, knallte eine Pfundmünze auf die Bande.
    «Billardspielen kannst du jedenfalls noch, Ted.»
    «Klar doch! Aber gesund schreiben tun sie mich erst in vierzehn Tagen. Wenn ich Schwein hab.»

25

    Je älter ich werde, desto mehr mißtraue ich dem alten Spruch, daß Alter Weisheit bringt.
    (H. L. Mencken)

    Lewis wartete tatsächlich schon vor dem Museum.
    «Wie ist es gelaufen, Sir?»
    «Okay.»
    «Was Neues erfahren?»
    «So weit würde ich nicht gehen. Und Sie?»
    «Interessanter Typ, die Wirtschaftsleiterin. Der reinste Feldwebel. Als Chief möchte ich die nicht haben!»
    «Warten Sie noch fünf Jahre, Lewis. Bis dahin ist so allerhand möglich.»
    «Zu Matthew Rodway hab ich folgendes rausgekriegt. Als er im dritten Studienjahr zum Herbsttrimester...»
    «Das heißt hier Michaelistrimester, Lewis.»
    «...zum Michaelistrimester wieder an die Uni...»
    «In sein College...»
    «...in sein College kam, wohnte er mit einem Typ...»
    «Einem Kommilitonen.»
    «...einem Kommilitonen zusammen, der Ashley Davies hieß. Aber nicht lange, sie haben Davies für ein Trimester rausgeschmissen...»
    «Relegiert.»
    «...für ein Trimester relegiert. Eine persönliche Angelegenheit angeblich, mehr wollte sie nicht verraten. Wir sollten Davies selber fragen.»
    «Demnach ist bei Ihnen auch nicht viel rausgekommen.»
    «Würd ich so nicht sagen.» Lewis grinste. «Ashley Davies wurde im Michaelistrimester 1993 auf Betreiben eines gewissen Dr. Felix McClure, ehemals am Wolsey College, relegiert.»
    «Der Knoten schürzt sich...»
    «Für Davies war das ganz schön hart, er hätte ein Einserexamen machen können. Dieses Jahr hat er das Studium nicht wiederaufgenommen. Komisch. Was meinen Sie? Rauschgift?»
    «Oder Alkohol.»
    «Oder Liebe.»
    «Und jetzt?»
    «Die Adresse hab ich. Wohnt bei den Eltern in Bedford.»
    «Ist schon mal irgendwas Gutes aus Bedford gekommen?»
    «John Bunyan, Sir?»
    «Also fahren Sie hin. Ich kann nicht alles selber machen.»
    «Wo fehlt’s denn, Sir?»
    «Die Brust tut mir weh, die Beine tun mir weh, der Kopf dröhnt, mir ist schlecht, und ich schwitze. Fragen Sie lieber, wo’s nicht fehlt.»
    «Haben Sie Ihre Pillen genommen?»
    «Klar. Man muß sich ja fit halten.»
    «Wann waren Sie zuletzt fit, Sir?»
    Morse brauchte auffallend lange, um sich anzugurten. «Kann mich nicht

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