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Die Leiche am Fluß

Die Leiche am Fluß

Titel: Die Leiche am Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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erinnern.»
    «Ich will Ihnen ja keine Vorschriften machen, Sir, aber...»
    «Das viele Trinken, ich weiß...»
    «Es würde mich nicht wundern, wenn Sie Ihre Pillen mit einem Bier runtergespült hätten.»
    «Falsch.»
    «Zwei Bier.»
    Morse grinste und wischte sich mit einem einstmals weißen Taschentuch die Stirn.
    «Wissen Sie, was der Unterschied zwischen Ihnen und mir ist, Sir?»
    «Na?»
    «Ich hab eine Frau, die sich ein bißchen um mich kümmert.»
    «Da können Sie von Glück sagen. Die meisten Leute in Ihrem Alter sind inzwischen schon wieder geschieden.»
    «Haben Sie nie... die Richtige kennengelernt?»
    Morse sah in die Weite. «Einmal. Aber nur beinah.»
    «Kann ja noch kommen.»
    «Quatsch! In meinem Alter fangt man mit so was nicht mehr an. Da wird’s Zeit, Schluß mit den Frauen zu machen. Und mit dem Job.» Morse zögerte. «Ich hab das bisher noch niemandem gesagt, Lewis. Nur Strange. Im nächsten Herbst hör ich auf.»
    Lewis lächelte ein wenig melancholisch. «Zu Michaelis, meinen Sie.»
    «Ich könnte noch ein, zwei Jahre bleiben, aber...»
    «Wird Ihnen da nicht was fehlen?»
    «Keine Spur. Ich hab beruflich immer enorm viel Dusel gehabt. Das möchte ich nicht aufs Spiel setzen. Sonst kriegen wir doch mal einen Fall, den wir nicht knacken können.»
    «Sie meinen hoffentlich nicht den, den wir jetzt haben, Sir...»
    «Nein, Lewis, den nicht.»
    «Und wie sieht unser Programm jetzt aus?»
    Morse schien die Frage nicht gehört zu haben. «Ob mir nichts fehlen wird, wenn ich hier Schluß mache, wollten Sie wissen. Nein, bestimmt nicht. Nur Sie, mein alter Freund, Sie werden mir fehlen.»
    Das klang fast verlegen, und Lewis, der ein ganz komisches Kribbeln in den Augen spürte, wagte kaum aufzusehen.
    Gleich darauf wurde Morse wieder sachlich. «Das Herumsitzen bringt nichts, Lewis. Wie sicht das Programm jetzt aus?»
    «Das wollte ich ja gerade von Ihnen wissen.»
    «Ist dieser Typ aus Bedford zu Hause?»
    «Das läßt sich feststellen.»
    «Tun Sie das. Und dann fahren Sie hin.»
    «Wann?»
    «Am besten gleich. So wie Sie brettern, sind Sie zum Abendessen wieder zurück.»
    «Wollen Sie nicht mit ihm sprechen?»
    Morse zögerte. «Ich — ich hab heut nachmittag was Wichtigeres vor.»
    «Sie legen sich ins Bett?»
    Morse nickte ergeben. «Und machen Sie einen Termin mit Brooks aus. Wird allmählich Zeit, daß wir ihn mal besuchen.»
    «Montag?»
    «Nein, besser gleich morgen. Genau eine Woche, nachdem er McClure umgebracht hat...»

26

    Drei können ein Geheimnis bewahren, wenn zwei von ihnen tot sind.
    (Benjamin Franklin)

    Zitternd vor Aufregung ging Brenda Brooks in die Küche und setzte den Teekessel auf. Wie gut, daß sie es geschafft hatte, vor ihm nach Hause zu kommen. Jetzt konnte sie noch in Ruhe eine Tasse Tee trinken und die Erregung in sich abklingen lassen. Daß sie sich in ihrer Ehe allein gelassen und unglücklich fühlte, war ja nichts Neues. Neu war die Angst, die ihr immer mehr zusetzte.
    Nach der ersten Verblüffung, den ersten verständnislosen Fragen und unverständlichen Antworten hatte sie die blutbefleckte Kleidung — Hemd, Hose, Strickjacke — sofort waschen wollen, aber der Kranke hatte sie vom Bett aus wütend angeschrien, sie solle die Klamotten auf die nächste Müllkippe schaffen, er wolle von der Sache nie wieder ein Wort hören.
    Und seither stand nun dieses beängstigende Geheimnis zwischen ihnen. Das heißt, ein richtiges Geheimnis war es inzwischen nicht mehr, denn sie hatte einer Außenstehenden davon erzählt. Oder wäre es richtiger zu sagen, daß sie ihren Mann an eine Außenstehende verraten hatte? Und deshalb konzentrierte sich jetzt ihre Angst auf seine Rückkehr und den beunruhigenden Gedanken, er brauche sie nur kurz anzusehen, um zu wissen, was los war. Sie griff nach der Zange und drückte mit zitternden Händen den Teebeutel aus.
    Fast automatisch wischte sie, während sie in kleinen Schlucken ihren Tee trank, die Tanninflecken von der Zange und legte sie wieder in den Unterschrank neben der Spüle, in das Fach neben dem Messer-Set, das Beryl ihr zur Hochzeit geschenkt hatte — Messer in vielen Formen und Größen, kleine und schlanke, große und wuchtige, die scharf und blinkend vor ihr lagen.

    Um 14.45 Uhr ging das Telefon: das Pitt Rivers Museum.

    Kurz vor drei rief Mrs. Stevens an.
    «Ist er schon zurück?»
    «Nein.»
    «Bestens. Jetzt hören Sie gut zu...»

    Gegen 15.20 Uhr ging die Haustür. Inzwischen hatten ihre Hände — wie

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