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Die Leiche am Fluß

Die Leiche am Fluß

Titel: Die Leiche am Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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gerade...»
    «Bier, wollten Sie wohl sagen...»
    «Merkt man das so deutlich?»
    «Ja.»
    Die Kuratorin des Pitt Rivers Museum war groß und schlank. Sie mochte Mitte Vierzig sein, hatte aber schon weißes Haar und ein skeptisches Lächeln, das sympathisch wirkte.
    «Manche Frauen haben einen besonders hoch entwickelten Geruchssinn», setzte Morse an- und verstummte. Seine Hoffnung auf einen harmlosen kleinen Flirt mit Jane Cotterell war schon wieder erloschen. Ihr Blick war kühl, ihre Stimme sachlich und nüchtern.
    «Was kann ich für Sie tun?»
    Zehn Minuten lang beantwortete sie geduldig seine Fragen.
    Brooks war vor fast genau einem Jahr zu dem achtköpfigen Aufseherteam im Pitt Rivers Museum gekommen. Er hatte normalerweise eine Fünfunddreißig-Stunden-Woche, das heißt, er arbeitete fünf Tage in der Woche von 8.3oUhr bis 16.30 Uhr mit einer Stunde Mittagspause. Zu den Aufgaben der Aufseher gehörte es, für Sauberkeit und Ordnung in den Räumen zu sorgen, die Besucher — besonders die ständig von nah und fern mit Bussen herangekarrten Schulgruppen — im Auge zu behalten und hin und wieder im Souvenirshop auszuhelfen. Man erwartete von ihnen, daß sie sich den Besuchern gegenüber höflich und hilfsbereit verhielten und vor allem natürlich die kostbaren anthropologischen und ethnographischen Schätze des Hauses hüteten.
    «Es ist ein einzigartiges Museum, Inspector.»
    «Gibt es auch Diebstahlsversuche?»
    « Sehr selten. Letzten Sommer hat sich jemand an die Vitrine mit den Schrumpfköpfen herangemacht, aber...»
    «Hoffentlich haben Sie ihn erwischt.»
    «Es war eine Sie.»
    «Also ich würde ja lieber eine Bank ausrauben...»
    «Ich würde tunlichst überhaupt nichts rauben.»
    Morse kam schleunigst wieder auf Brooks zurück.
    Der Mann machte seine Arbeit gut, befand die Kuratorin, konnte zupacken, war pünktlich, leidlich höflich zu den Besuchern, allerdings sehr zurückhaltend, ein Einzelgänger. Es gab mit Sicherheit sympathischere Mitarbeiter.
    «Hätten Sie ihn eingestellt, wenn Sie damals schon gewußt hätten, was Sie jetzt wissen?»
    «Nein.»
    «Darf ich rauchen?»
    «Wenn es unbedingt sein muß...»
    «Hat er geraucht?»
    «Nicht in den Museumsräumen. Da wird nicht geraucht.»
    «Im Aufenthaltsraum oder wie man das bei Ihnen nennt?»
    «Das weiß ich nicht.»
    «Sie denken im Zusammenhang mit ihm nicht an Drogen?»
    Sie warf ihm einen scharfen Blick zu. «Hier gibt es keine Drogen. Nicht bei meinem Personal.»
    «Das wüßten Sie?»
    «Manche Frauen haben, wie Sie sehr richtig sagen, einen besonders ausgeprägten Geruchssinn.»
    Morse beließ es dabei. «Haben Sie noch seine Referenzen?»
    Die Kuratorin schloß einen Aktenschrank auf und holte einen grünen Ordner mit der Aufschrift «Brooks, E.» heraus. Morse blätterte die wenigen Seiten durch. Lebenslauf. Kopie des Anstellungsvertrages vom 1. September 1993. Ein fotokopiertes Blatt mit Angaben zu Gehalt und Sozialversicherung, Stellenbeschreibung, Arbeitszeit. Zwei nichtssagende getippte Zeugnisse und ein ebenso nichtssagendes handgeschriebenes Blatt, das Morse langsam noch ein zweites Mal las.

    An die
    Direktion des
    Pitt Rivers Museum

    Sehr geehrte Damen und Herren, wie ich höre, hat Mr. Edward Brooks sich um die in der University Gazette vom Juni 1993 ausgeschriebene Aufseherstelle beworben.
    Mr. Brooks war fast zehn Jahre als Hausdiener im Wolsey College tätig, und ich kann ihn aufgrund seiner Erfahrung und seines Fleißes empfehlen.
    Hochachtungsvoll
    Dr. Felix McClure

    «Kannten Sie Dr. McClure?» fragte Morse.
    «Nein. Und jetzt werde ich ihn ja auch nicht mehr kennenlernen.»
    «Sie haben gehört...»
    «Ich habe es in der Oxford Mail gelesen. Und Brooks ist krank geschrieben, seine Frau hat am Montag vormittag angerufen. Aber offenbar ist er inzwischen auf dem Wege der Besserung.»
    Morse wechselte erneut das Thema. «Ich weiß, daß viele Ausstellungsstücke von unschätzbarem Wert sind, aber... gibt es auch Stücke, die einen materiellen Wert haben, also verkäuflich wären?»
    «Aber ja. Ich hätte nichts dagegen, einiges von unseren Juwelen und Ringen in die Finger zu bekommen. Oder an die Finger...»
    Morse verzog keine Miene, der kleine Scherz war offenbar bei ihm nicht angekommen. «Hat Mr. Brooks Zugang zu sämtlichen Ausstellungsstücken?»
    «Ja. Alle Aufseher haben einen Schlüssel zu dem Wandtresor, in dem wir die Schlüssel zu allen Schränken und Schaukästen verwahren.»
    «Wenn ihn also einer Ihrer

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