Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die leichten Schritte des Wahnsinns

Die leichten Schritte des Wahnsinns

Titel: Die leichten Schritte des Wahnsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
Vom Netzwerk:
fast gar
     nicht. Aber wehe, man gibt diesen Parasiten mal nichts mehr zu fressen … So einen Professor hätte ich auch gern als Berater,
     Nina«, seufzte er träumerisch. »An den besten Universitäten von Amerika und Europa haben sie ganze Fakultäten eingerichtet,
     um solche Psychologen, solche Spürhunde heranzuzüchten. Aber unsere Schnüffler sind mir auch gut! Die scheinen sie ja von
     oben ganz schön in die Mangel zu nehmen, wenn sie sogar einen Professor aus Amerika zur Beratung herkommen lassen. Nur gut,
     daß mich meine alten Freunde gewarnt haben. Ich weiß nur nicht, was ich jetzt mit diesem Professor machen soll. Und mit dem
     Mädel, der Dolmetscherin. Die ist gar nicht ohne! Hat zwei interessante alte Weiber besucht, bei ihnen Abendbrot gegessen,
     Tee getrunken und sich volle drei Stunden mit ihnen unterhalten. Da hätte man eine Wanze installieren sollen, aber wer konntedas ahnen? Keine leichte Aufgabe ist das, Nina. Da darf man keinen Bock schießen. Was meinst du, Kätzchen, was soll ich tun?«
    Nina klopfte mit den Handkanten schnell über seinen Rücken. Ihr weiches rundes Gesicht drückte nichts als ruhige Konzentration
     aus. Locke drehte den Kopf und begegnete ihrem zärtlichen, hingebungsvollen Blick. Er ächzte genußvoll, drehte sich auf den
     Rücken, streckte den Arm aus und klopfte der Masseurin zärtlich auf die Wange.
    »Komm ein bißchen her, Kätzchen, hilf mir, mich zu entspannen.«
    Das Mädchen lächelte verständnisvoll und knöpfte ohne Eile ihren kurzen weißen Kittel auf. Darunter war sie nackt. Als ihre
     warmen, feuchten Lippen über seine behaarte, mit Narben und Schrammen bedeckte Brust glitten, schloß Locke die Augen und flüsterte:
    »Ach, Nina, wenn ich könnte – ich würde dich heiraten. So eine wie dich, die nichts hört und immer schweigt … so eine taubstumme
     Schönheit … die wäre gerade richtig.«
    Das Handy auf dem Fußboden trillerte höchst ungelegen. Ohne die Augen zu öffnen, heiser stöhnend, tastete Locke über den Boden
     nach dem Apparat.
    »Sie haben die Wanze abmontiert«, teilte eine Stimme knapp mit.
    »Wer?« Locke atmete tief durch.
    »Entweder der mit der Brille oder das Mädchen selber.«
    »Wo sind sie?«
    »Sie sind nach Sagorinskaja gefahren, angeblich zu den Altgläubigen. Vielleicht ist das bloß ein Bluff? Zuerst haben sie eine
     Weile geredet und dann die Wanze rausgenommen.«
    »Habt ihr die Karre von dem Bebrillten bestückt?«
    »War bis jetzt nicht möglich.«
    »Na schön, dann beobachtet sie weiter. Aber unauffällig. Steht ein Posten bei den beiden alten Weibern?«
    »Natürlich! Zwei Mann.«
    »Stellt noch einen dritten dazu. Und sag Bondar, er soll eine erstklassige Nutte auftreiben, eine, die Englisch spricht. Die
     beste, die er finden kann, kapiert?«
    Locke drückte die Handytaste und ließ den Apparat auf den Teppich fallen. Sanft biß er in das zarte rosige Ohr, in dem mit
     kaltem Feuer ein kostbarer kleiner Brillant in einer antiken Platineinfassung funkelte.
    ***
    Michael gelang es tatsächlich, die Altgläubigen zum Reden zu bringen. Ins Haus ließen sie ihn zwar nicht, aber auf der Straße
     erzählten sie bereitwillig. Lena dolmetschte wieder mechanisch, ohne auf den Sinn des Gesprächs zu achten.
    Schon vor einer Weile waren ihr zwei junge Männer in offenen, teuren Lammfelljacken aufgefallen, die an den verschiedensten
     Stellen auftauchten. Sie taten immer ganz gelangweilt und verschwanden, sobald sie merkten, daß sie beobachtet wurden. Bis
     Sagorinskaja war ihnen ein nagelneuer grauer Niwa mit verschmiertem Nummernschild gefolgt. Er hielt einen respektvollen Abstand
     ein, dann verschwand er auf einmal, aber Lena wußte, dieser Wagen würde sie auch zurück in die Stadt begleiten.
     
    »Ich soll dich von Major Ijewlew grüßen«, hatte Sascha ihr heute morgen rasch zugeraunt, als sie aus dem Hotel ins Freie traten.
     »Aber im Auto kein Wort darüber. Wir reden nachher. Vor den Spitzeln brauchst du keine Angst zu haben.«
    »Sind es denn viele?« fragte Lena ebenfalls flüsternd.
    »Wir zählen sie unterwegs.«
    Seit diesem kurzen Gespräch waren sechs Stunden vergangen. Sie hatte mit Sascha noch nicht wieder sprechenkönnen. Jetzt aßen sie in einem kleinen Café am Ortsrand. Die beiden Spitzel zogen ihre Lammfelljacken aus und setzten sich
     dreist an den Nachbartisch, was Lena ziemlich den Appetit verdarb.
    Auf der Rückfahrt nickte Michael ein. Auch Lena fielen fast die Augen zu. Irgendwas ist

Weitere Kostenlose Bücher