Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die leichten Schritte des Wahnsinns

Die leichten Schritte des Wahnsinns

Titel: Die leichten Schritte des Wahnsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
Vom Netzwerk:
Hotel, um das Gepäck zu holen?« fragte er. »Ich sehe, die Sache ist sehr ernst.«
    »Am Hotel wartet ein zweiter Wagen auf uns«, erwiderte Sascha. »Machen Sie sich keine Sorgen, alles wird gut.«
    »Warum haben wir Lena dort zurückgelassen? Warum ist sie nicht mit uns gefahren?«
    »Sie wollte es selber so.«
    »Aber Sie wußten doch … Sie hätten darauf bestehen müssen, daß sie mitkommt!« Michael war nicht zu beruhigen.
    »Ich wiederhole, es war ihre eigene Entscheidung. Sie ist ein erwachsener Mensch, und wir leben jetzt in einem freien Land.«
    Weit entfernt krachte es.
    »Was war das?« fragte Michael seufzend. »Ich glaube, in Ihrem freien Land ist der Krieg ausgebrochen! Können Sie mir als Leutnant
     des FSB erklären, was hier vorgeht?«
    »Nein«, gab Sascha ehrlich zu.
    »Ihre Gelassenheit erstaunt mich!«
    »Alles Routine.« Sascha steckte sich eine Zigarette an.
    Kein einziges Mal in der ganzen Zeit, in der er den aktiven Kämpfer für eine gesunde Lebensweise in seinem Moskwitsch umherkutschierte,
     hatte er in dessen Gegenwart geraucht. Jetzt aber tat er es. Michael sagte kein Wort. Er öffnete nur das Fenster einen Spaltbreit.
    Im Hotel erwarteten sie drei Männer des Einsatzkommandos. Sascha übergab ihnen Michael, und sie begleiteten ihn auf sein Hotelzimmer.
     In drei Minuten hatte er seine Sachen gepackt. Der Mercedes des FSB brachte Michael in der Rekordzeit von zweieinhalb Stunden
     zum Flughafen von Tjumen, ohne Verfolgungsjagd oder Schießereien.
    »Ich fühle mich, als würde ich des Landes verwiesen«, bemerkte Michael zu einem seiner Begleiter, der Englisch sprach.
    »Niemand weist Sie aus, Mister Barron. Die Umstände haben sich so gefügt.«
    »Wo ist Lena?« fragte er ein letztes Mal, als er bereits die Gangway hinaufstieg.
    »Sie werden Sie in Moskau treffen«, war die Antwort.
    Das Flugzeug flog durch die sternenreiche, samtene Nacht nach Moskau, über den schweren Märzwolken, über der unermeßlichen,
     schneebedeckten Taiga und den eisigen sibirischen Flüssen. Michael sah aus dem schwarzen runden Bullauge und erblickte sein
     eigenes verschwommenes Spiegelbild. Er dachte an Lena und war sehr besorgt. Längst hatte er begriffen, daß alle Fragen zwecklos
     waren.
    ***
    Am Stadtrand von Tobolsk, hundert Meter vom Altersheim entfernt, arbeitete bei Scheinwerferlicht eine Einsatzgruppe und versuchte
     herauszufinden, warum urplötzlich ein leerer alter Wolga am Straßenrand explodiert war. Unter den Augen von fünf FSB-Mitarbeitern,
     die ganz in der Nähe in ihrem Wagen saßen, war er in die Luft geflogen.
    Zwanzig Meter vom Eingang zum Heim entfernt fanden sie im hohen dichten Gesträuch an der Hauptstraße die Leiche von Major
     Ijewlew aus Moskau.
    Sascha Wolkowez weckte die alte Frau Gradskaja, die schon geschlafen hatte. Sie berichtete, Lena sei ungefähr um halb elf
     gegangen und habe erklärt, sie führe mit dem Bus zurück zum Hotel. Der Wachmann am Eingang hatte natürlich nicht gesehen,
     daß eine Frau in schwarzen Jeans und brauner Lederjacke das Gebäude verlassen hatte.
    Jetzt hat sie sich gründlich in die Nesseln gesetzt, sagte der Oberleutnant zu sich selbst und spuckte durch die Zähne auf
     den harten, festgetretenen Schnee.
    ***
    Auf den Anruf aus Moskau mit den »interessanten Neuigkeiten« hatte Locke erheblich nervöser reagiert als erwartet.
    »Ich verkaufe dir die Information zum Selbstkostenpreis«, sagte seine alte Bekannte Regina Gradskaja, nachdem sie ihm am Telefon
     die Geschichte von dem amerikanischen FBI-Psychologen und der Journalistin, die ihn als Dolmetscherin begleite, erzählt hatte.
    »Danke, Regina«, sagte Locke. »Die beiden sehe ich mir auf jeden Fall genauer an. Eine wertvolle Information. Was willst du
     dafür haben?«
    Als nüchterner Mensch glaubte Locke nicht an Uneigennützigkeit. Seine alte Bekannte hatte bestimmt ihre eigenen Interessen.
    »Wie wörtlich du alles nimmst«, sagte Regina lachend. »Es ist ja nur eine unsichere Information, vielleicht sogar eine Ente.«
    »Das wird sich zeigen. Also, was hast du für Probleme?«
    »Ja, weißt du«, sagte Regina gedehnt, »dieses Weib, die Poljanskaja, ist mir zu neugierig. Sie schnüffelt herum,steckt ihre Nase in fremde Angelegenheiten. Bis jetzt kann man noch nicht von ernsthaften Problemen reden, jedenfalls nicht
     von unserer Seite, aber sie gefällt mir nicht. Und im Doppelpack mit einem Psychologen vom CIA gefällt sie mir erst recht
     nicht. Wir sind doch alte

Weitere Kostenlose Bücher