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Die leichten Schritte des Wahnsinns

Die leichten Schritte des Wahnsinns

Titel: Die leichten Schritte des Wahnsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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ließ nicht locker: »Es war also kein völlig Fremder? Nicht bloß ein Säufer oder Verrückter von der Straße?«
    »Das weiß ich nicht mehr!« Veronika wurde böse und trat noch erbitterter in die Pedale. »Was glauben Sie, wie viele verkrachte
     Künstler sich bei Wolkow herumtreiben!«
    »Das heißt, dieser Mann war Sänger oder Komponist?«
    »Na, Schlosser bestimmt nicht!« fauchte Veronika. »Wolkow hatte mal wieder so einen Minnesänger abblitzen lassen, der hat
     sich besoffen und wollte ihm die Meinung sagen.«
    »Und wie hat er das getan? Er ist doch nicht etwa handgreiflich geworden?« fragte Mischa und machte erschrockene Augen.
    »Nicht doch, er hat nur etwas gebrüllt. Er hat Wolkow als Mörder beschimpft, er meinte damit wohl, daß er der Mörder seines
     Talentes sei.«
    »Können Sie sich vielleicht noch an den Namen dieses Minnesängers erinnern?« fragte Mischa ohne große Hoffnung.
    »Ich erinnere mich ja nicht mal an Ihren Namen, obwohl ich Sie bestimmt schon ein dutzendmal getroffen habe. Ich sage doch,
     ich habe den Typen zufällig gesehen. Wir drehten gerade einen Videoclip, Wolkow saß im Studio. Und dann guckte die Sekretärin
     herein und sagte, der Soundso – also, sie hat den Namen gesagt, aber ich habe ihn vergessen – ist gekommen. Wolkow hat sogar
     die Aufnahmen unterbrochen und gesagt, macht eine Zigarettenpause, Kinder, und dreht dann ohne mich weiter. Und dann ist er
     in seinen blöden Saal gegangen. Wir waren natürlich neugierig – wer ist das, für den Wolkow sogar die Dreharbeiten stoppt.
     Und da sind Juri und ich, der Kameramann und noch ein paar andere der Reihe nach in den Saal gegangen und haben uns sogar
     die Lieder dieses … wie hieß er bloß?« Veronika runzelte ärgerlich die Stirn. »Nein, es fällt mir nicht ein.«
    Immerhin war es Mischa gelungen, das Eis aufzutauen. Die wundertätige Ärztin hatte sich das hochmütige Fotomodell wohl nicht
     noch einmal vorgenommen. Irina Moskwina hatte recht, ihre Freundin Nika schwatzte und tratschte wirklich gern.
    »Sehen Sie, wieviel Ihnen noch einfällt!« sagte Mischa und lächelte freudig. »Es ist doch auch zu Ihrem Vorteil, wenn Sie
     Ihr Gedächtnis anstrengen, Sie haben ja erzählt, wie Sie unter Ihrer Vergeßlichkeit leiden. Lassen Sie es uns weiter probieren.«
    »Wie ist Ihr Name?« Veronika hörte sogar auf, in die Pedale zu treten. Offensichtlich gefiel ihr dieses Memory-Spiel.
    »Sitschkin.«
    »Und der hieß Sinitschkin!«
    »Vielleicht Sinizyn?« fragte Mischa und merkte, wie sein Herz stockte und sein Kopf klar wurde.
    »Vielleicht auch Sinizyn«, stimmte sie prompt zu.
    »Veronika, wie hat sich Wolkow während des Skandals benommen?«
    »Er hat gar nichts getan, ist nur dagestanden und hat geschwiegen. Sollte er mit diesem Verrückten etwa eine Diskussion anfangen?«
    »Er hat also ruhig zugehört?«
    »Nein, Juri hat gesagt, er sei ganz grün geworden und hätte heftig gezittert.«
    »Stand Juri denn daneben?«
    »Ja. Wolkow und Regina Valentinowna wollten gerade gehen, und Juri begleitete sie hinaus. In dem Moment passierte es.«
    »Das heißt, Juri hörte alles, was Sinizyn schrie? Er hat Ihnen davon erzählt?«
    »Nein. Er hat nur gesagt, daß Wolkow grün wurde und zitterte, daß er ihn noch nie so gesehen habe und daß seine Nerven versagt
     hätten.«
    »Aber Sie haben ihn doch sicher gefragt, was dieser junge Mann gesagt hat? Sie wollten doch wissen, warum Wolkows Nerven versagt
     haben?«
    »Halten Sie mich für bescheuert? Nach so was fragt man nicht.«
    »Wurde über den Skandal in Ihrem Bekanntenkreis überhaupt geredet?«
    Aber diese Frage blieb ohne Antwort. Veronika zog ein finsteres Gesicht und hüllte sich in Schweigen. Sie hatte genug von
     diesem Memory-Spiel.
    ***
    Olga, Lisa und Vera Fjodorowna saßen schon im Auto, als Lena kam. Bis Istra fuhr man zwei Stunden. Unterwegs schlief Lisa
     aufs Lenas Schoß ein.
    Wahrscheinlich bin ich eine verrückte Mutter, dachteLena. Während dieser zwei Jahre war ich nie länger als für einen Tag von Lisa getrennt. Ohne sie werde ich mich leer und elend
     fühlen. Wäre das alles doch nur bald zu Ende.
    Sie verbot sich, an die Geschehnisse von heute morgen zu denken, und versuchte, die kalte, klebrige Angst zu vertreiben, die
     von ihrer Seele Besitz ergriffen hatte. Wann eigentlich? Gestern, als der Kinderwagen explodiert war? Nein, früher, viel früher.
     Die Angst war nach dem Besuch der falschen Ärztin gekommen. Wolkows Frau hieß

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