Die Leidenschaft des Cervantes
als Liebhaber der italienischen Dichtung und als ernsthafter und eifriger Gelehrter der Klassiker nichts als die größte Hochachtung für unseren geliebten Garcilaso empfinden, meint Er nicht auch?«
»In der Tat, Euer Gnaden. Der Titel ›Der Göttliche‹, den Miguel de Cervantes de Herrera beigab, findet meine ganze Billigung.«
»Miguel de Cervantes Saavedra? Ist er ein Freund von Ihm?« Der schrille Ton meiner Stimme überraschte mich selbst. Zu meiner großen Scham musste ich feststellen, dass ich unwillkürlich das Gesicht verzogen hatte.
»Kein Freund, nein. Ich sehe ihn nur aus der Ferne. Aber seine Ansichten finden bei vielen jungen Dichtern Bewunderung, und deshalb erreichen einige Dinge, die er sagt, das Ohr eines Liebhabers der Poesie.«
Es war offensichtlich, dass Pascual ein Klatschmaul war, ein bürokratischer Handlanger, der geblendet war von der Welt der Berühmten und Bedeutenden, zu der er keinen Zugang hatte und die er nur sehnsüchtig und höchstwahrscheinlich neidisch beobachten konnte. »Zweifellos bewundert Cervantes de Herrera wegen dessen erhabenen Gedichten, mit denen er die Triumphe der Spanischen Armada unter dem Befehl von Don Juan de Austria verherrlicht«, sagte ich. Dann fügte ich hinzu: »Heute sind wir zwar nicht mehr befreundet, aber vor Jahren kannte ich Cervantes. Ich habe von seiner Rückkehr nach Madrid gehört. Ich möchte unsere frühere Bekanntschaft nicht wieder aufleben lassen, aber bisweilen frage ich mich doch, wie es ihm wohl ergeht.«
»Wenn Euer Gnaden interessiert sind, kann ich Euch die wenigen Erkenntnisse mitteilen, die ich über ihn gewonnen habe – wie bereits gesagt, nur aus der Ferne.«
Mit einer Geste bat ich Pascual, Platz zu nehmen. Dann riss ich ein Zündholz an und entzündete eine Kerze auf meinem Schreibtisch. »Möchte Er ein Glas Sherry mit mir trinken?«
Ob dieser fast unerhörten Abweichung vom Protokoll wurde Pascual tiefrot. »Das wäre eine Ehre, Euer Gnaden.«
Ich holte zwei Gläser und eine Flasche jeréz aus meinem Getränkeschrank und schenkte uns ein. »Salud«, sagte ich und fügte hinzu: »Miguel de Cervantes«, um Pascual an das anstehende Thema zu erinnern.
»Wie ich bereits erwähnte, Don Luis, kenne ich Miguel de Cervantes nicht persönlich. Unsere jungen Dichter sind hingerissen von seinem abenteuerlichen Leben: seine Heldenhaftigkeit bei Lepanto, seine Gefangenschaft in Algier, die Gerüchte über seine Vergangenheit und seine schillernde Familie.«
Ich runzelte die Stirn. Seine umständliche Art, eine Geschichte zu erzählen, irritierte mich.
Dann fuhr Pascual fort: »Es heißt, dass er sich in Algier heftig in eine Maurin verliebte, die zum Christentum übertreten wollte. So schwer es zu glauben sein mag, aber einige erzählen, die maurische Schöne sei von ihrem leiblichen Vater getötet worden, als sie mit Cervantes fliehen wollte.« Pascual schauderte. »Sein großes Unglück treibt ihn dazu, über die Maßen zu trinken. Ständig stiftet er Händel.«
Damit verstummte er, als wollte er mir Gelegenheit geben, mich zu äußern. Ich schwieg.
»Euer Gnaden sagen, Ihr habt Cervantes sehr lange nicht gesehen? Nun, dann weiß ich nicht, ob Ihr ihn jetzt noch erkennen würdet: Er trägt verdreckte, geflickte Kleider, die Sohlen seiner Stiefel sind durchlöchert und seinem buschigen Gesichtshaar nach zu urteilen, war er seit Jahren nicht mehr beim Barbier. Wenn er nicht betrunken ist, findet man ihn am Platz in der Calle de León, wo er mit seinen exotischen Geschichten bereitwillig jeden unterhält, der ihm eine Schüssel der widerwärtigen olla podrida spendiert, die das gemeine Volk so gerne isst.« Pascual machte eine kurze Pause. »Sind das die Dinge, die Ihr über Cervantes erfahren möchtet, Don Luis?«
Langsam nahm ich einen kleinen Schluck von meinem Sherry und sagte dann: »Bitte fahr Er fort.«
»Seit seiner Rückkehr von Algier hat er offenbar viele Schulden angehäuft. Kürzlich versuchte er, im Kreis seiner Bekannten einen großen Ballen Taft zu verkaufen, der, wie er sagte, aus Indien stamme. Lästerliche Zungen behaupten, der Stoff sei Teil der Mitgift, die ein Italiener namens Locadelo Cervantes’ Schwester Andrea schenkte zum Ausgleich dafür, dass er ihren Namen besudelte.« Pascual verzog den Mund zu einem Grinsen. »Ich habe auch gehört, dass Cervantes mit dem immensen Vermögen prahlt, das er bekommen wird, wenn sein alter Lehrer, der berühmte und geschätzte Gelehrte López de Hoyos, stirbt.
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