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Die Leidenschaft des Cervantes

Die Leidenschaft des Cervantes

Titel: Die Leidenschaft des Cervantes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaime Manrique
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lassen.‹« Andrea brach ab, die Erinnerung schmerzte sie. Dann atmete sie wieder so tief ein, dass ich glaubte, im Raum bliebe keine Luft mehr übrig, und fuhr fort: »Ihr seid jung, Don Luis, doch ich bin mir sicher, Ihr kennt bereits die versklavende Tyrannei der Liebe. Yessid brach das Herz, er kehrte zu seinen Eltern in den Bergen bei Granada zurück. Später erfuhr ich, dass er sich das Leben genommen hatte, er erhängte sich.«
    »Das tut mir leid«, flüsterte ich.
    Es war, als würde Andrea mich nicht hören. Sie betrachtete ihre Hände, streichelte einen Moment ihre schlanken Finger. Sie hatte noch mehr zu sagen. »Seit ich alt genug war, um meinem Vater mit seinen Patienten zu helfen, habe ich mich mit ihm um die Kranken gekümmert«, begann sie, hob den Kopf und sah mir in die Augen. »Hätte ich eine Mitgift bekommen, wäre ich in einen Orden eingetreten und nach Westindien gegangen, um Kranke zu pflegen und unseren Glauben unter den Eingeborenen zu verbreiten. Gott in seiner unergründlichen Weisheit hatte anderes mit mir vor. So lernte ich meinen teuflischen Verführer kennen, einen wohlhabenden Florentiner Kaufmann namens Giovanni Francesco Locadelo, den Vater meiner Tochter. Er war auf See vor unserer Küste von türkischen Korsaren verwundet worden und wurde nach Sevilla gebracht, wo er eine Krankenschwester verlangte, die Tag und Nacht bei ihm blieb. Ich willigte ein, die Arbeit zu übernehmen, ich war froh über die Möglichkeit, meinen Eltern zu helfen und von meinem Kummer abgelenkt zu werden.
    Ich pflegte den Florentiner über die ganze lange Zeit seiner Genesung. Viele Nächte blieb ich wach, kühlte seine Stirn mit nassen Tüchern, um das Fieber zu senken. Als er wieder zu Kräften kam, war er mir dankbar. Zuerst sagte er, ich sei wie eine Tochter für ihn. Ich wusste nicht, dass das nur der erste Schritt in seinem niederträchtigen Plan war, mich zu verführen und mir meine Jungfräulichkeit zu rauben, das einzig Kostbare, das ich besaß.«
    Ich hätte gerne den Blick abgewandt und zur verrauchten Decke gesehen, aber Andreas Augen ließen mich nicht los.
    »Eines Tages sagte er, er habe mich über die Monate, in denen ich ihn gepflegt hatte, lieben gelernt, und fragte, ob ich ihn heiraten würde. Ich lehnte ab, ohne eine Begründung zu nennen. Insgeheim hatte ich gelobt, dass ich den Rest meines Lebens Yessids Witwe bleiben würde.
    Doch als der Italiener mich beharrlich über Monate hinweg weiter umwarb, ließ ich mich, meinem Vater zur Strafe, schließlich von ihm verführen. Einige Wochen später sagte ich Don Giovanni, ich trüge sein Kind unter dem Herzen, woraufhin er erklärte, er sei nun so weit gesundet, dass er nach Florenz zurückkehren könne, dringende Geschäfte würden ihn rufen.«
    Ich war in Schweiß ausgebrochen, und sie bemerkte mein Unbehagen.
    »Don Luis, verzeiht, dass ich Euch mit meiner elenden Geschichte bekümmere. Aber ich habe sie noch keinem Menschen erzählt, und ich habe das Gefühl, dass ich keinen Tag weiterleben kann, ohne mich jemandem anzuvertrauen.« Sie warf einen Blick zur Küche, um sicherzustellen, dass ihre Mutter nicht im Salon war. Dann fuhr sie eilig fort: »Bevor er aus Sevilla abreiste, schenkte er mir, um sein Gewissen zu beruhigen (obwohl er überall sagte, das tue er aus Dankbarkeit, weil ich ihm geholfen habe, seine Gesundheit wiederzuerlangen), einen Mantel aus Silbertuch und einen aus scharlachrotem Goldtuch, einen flämischen Sekretär, einen Tisch aus Walnussholz, edelste leinerne Bettwäsche, Seidenlaken, Kissen aus Holland, bestickte Tischwäsche, silberne Springbrunnen, goldene Kandelaber, türkische Teppiche, Kohlenbecken, einen konvexen Spiegel mit blattgoldenem Rahmen, Gemälde von flämischen Meistern, eine Harfe, zweitausend Gold- escudos und noch vieles, vieles mehr. Anders gesagt, er schenkte mir die Mitgift einer reichen Frau, damit ich für skrupellose Männer begehrenswert würde, die sich nicht daran stören würden, dass ich keine Jungfrau mehr war. Das genügte, um meinen Vater gnädig zu stimmen. Ihm war es lieber, mich als entehrte wohlhabende Frau zu sehen denn als glückliche Frau, die mit einem aufrichtigen Mann maurischen Ursprungs verheiratet war.
    Vermutlich fragt Ihr Euch, wo all diese Reichtümer geblieben sind«, sagte sie und machte eine umfassende Geste, die mir wieder die schäbige Ausstattung des Raumes ins Bewusstsein rief. »Nicht zum ersten Mal häufte mein Vater beim Spielen große Schulden an, er lief

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