Die Leidenschaft des Cervantes
habe mich in diese niedlichen Hündchen verliebt«, rief einer. »Arnaut Mamí, ich muss sie haben. Wenn sie Moslems geworden sind, adoptiere ich sie an Kindes statt.«
Die Mutter der beiden Jungen kreischte, krümmte sich vor Schmerz und fiel in Ohnmacht. Die anderen Frauen umringten sie, um ihr beizustehen und sie wieder zu sich zu bringen.
Arnaut Mamí warf einen angewiderten Blick zu ihnen hinüber. Zu dem Händler sagte er: »Den Jüngsten kann ich Euch für hundertdreißig Gold- escudos verkaufen, er ist gerade erst sieben. In dem Alter leisten sie noch keinen Widerstand, den könnt Ihr ohne größere Schwierigkeiten ganz nach Eurem Willen formen. Was den Älteren angeht« – er nahm ihn an der Hand und führte ihn vor wie den edelsten Zuchthund –, »im Vergleich zu ihm würde selbst Ganymeds Schönheit verblassen. Womöglich könnt Ihr ihn Euch nicht leisten. Das ist das vollkommenste Beispiel irdischer Schönheit, das zu finden ist.« Mamí fuhr dem Jungen durchs Haar.
Der Vater des Jungen versuchte, sich auf ihn zu stürzen. Wir hielten ihn zurück, doch brüllen konnte er trotzdem. »Nimm deine dreckigen Hände von meinem Sohn, du Ungeheuer«, schrie er.
Mamí drehte sich zu ihm. »Wenn ich noch einen Ton von dir höre, schneide ich dir und deiner Hure den Kopf ab.« Und zum Käufer: »Einen schöneren Lustknaben als diesen werdet Ihr nirgends finden. Für den bekommt man in jedem Hafen entlang der Barbareskenküste mühelos fünfhundert Gold- escudos , und in der Türkei noch mehr. Cadi, ich verkaufe Euch den älteren, wenn Ihr den kleinen auch nehmt.«
»Bei Mohammed, hört auf zu feilschen, Mamí«, sagte der Mann namens Cadi zunehmend erregt. »Wenn Ihr wollt, nehme ich beide. Nennt mir einfach Euren Preis. Ich muss den Jungen haben« – wieder deutete er auf den älteren. »Ich habe mich in seine Schönheit verliebt, in seine sanfte Art.« Dann fragte er den unglücklich zitternden Jungen: »Wie heißt du?«
»Felipe, Señor.«
»Hört nur die honigsüße Stimme«, sagte Cadi schwärmerisch zu den Umstehenden. »Und sein liebliches Gebaren erst. Anmutig wie eine Gazelle ist er.« Mit lockender Stimme raunte er Felipe zu: »Von nun an bist du mein Sohn, und du heißt Harum.«
Und damit zog er ihn fest an sich, auch wenn Felipe sich ihm zu entwinden versuchte. Cadi bedeutete zwei seiner Sklaven, den jüngeren Bruder zu packen. Schreiend wehrte er sich gegen die Männer, stieß mit den Füßen nach ihnen.
Felipe schrie: »Vater, wo bringen sie uns hin?«
Der Vater der Jungen schüttelte den Kopf und schluchzte verzweifelt. Seine Mutter war wieder zu sich gekommen und flehte den Käufer an: »Bitte, Señor, bitte, lasst mich meine Jungen ein letztes Mal küssen und umarmen. Von jetzt ab muss ich mit dem Schmerz leben, sie für immer verloren zu haben.«
Ich fürchtete um ihr Leben.
»Beeil dich, Frau«, knurrte Cadi. »Die Jungen sind nicht mehr deine Kinder, sie gehören jetzt mir.«
Unsere Frauen und Männer weinten, einige schluchzten laut.
Unter Tränen sagte Felipes Mutter zu ihren Söhnen: »Meine Kinder, vergesst nie, dass ihr Christen seid. Verleugnet nie Unseren Herrn Jesus Christus, unseren wahren Erlöser. Betet jeden Tag zu seiner heiligen Mutter, sie als Einzige kann die Ketten lösen, die euch versklaven, und euch eines Tages eure Freiheit wiedergeben. Felipe, Jorge, zweifelt nie an eurem Glauben. Betet jeden Tag zur Muttergottes. Vergesst eure Eltern nicht, und wir werden auch euch nie vergessen. Ihr werdet immer in unseren Gedanken und unseren Gebeten sein.«
Sie fiel auf die Knie und hieb mit den Fäusten auf den Erdboden, während ihre Söhne fortgeführt wurden.
Dann begann die Versteigerung der Frauen. Sie hielten sich umklammert, weinten und beteten. Der Unmut unserer Männer schwoll an, wir zogen und zerrten an unseren Fesseln, dass sie rasselten. Der Beylerbey bedeutete seinen Riesen, uns zu peitschen, bis wir verstummten.
Später erfuhr ich, dass viele Käufer moriscos waren, die aus Andalusien vertrieben worden waren und jetzt spanische Sklaven kauften, um die Krone zu demütigen, aber auch aus Sehnsucht nach dem Land, das sie hinausgejagt hatte, sie aber nach wie vor als das ihre betrachteten.
Schließlich wurden die restlichen Gefangenen versteigert. Die Körperöffnungen und Gliedmaßen unserer Männer wurden inspiziert und bestochert, als wären sie Lastentiere. Rodrigo kam auf den Auktionsblock. Das Gesicht meines schönen Bruders war schneeweiß
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