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Die Leidenschaft des Cervantes

Die Leidenschaft des Cervantes

Titel: Die Leidenschaft des Cervantes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaime Manrique
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Papier. Als ich es öffnete, fiel eine Goldmünze heraus. Sie war mehr wert als jede Münze, die ich bislang in Algier gesehen hatte, aber sie war nichts im Vergleich zu der Freude, die mich erfüllte, als ich Rodrigos Handschrift sah.
    Lieber Bruder,
    ich habe jede Nacht gebetet, dass Jesus Christus und seine heilige Mutter sich in ihrer göttlichen Barmherzigkeit bei Gott verwenden, damit ich dich wiedersehe. Das Glück, das ich empfand, als ich dich im souk erblickte, ist mit keinem anderen zu vergleichen.
    Du kannst dir nicht vorstellen, wie viele Sorgen ich mir um dich mit deiner schlimmen Hand gemacht habe. Du siehst mager aus, aber gesund. Was mich betrifft, darf ich – trotz der täglichen Demütigungen als Sklave – nicht verschweigen, dass meine Herrschaften mich nicht schlagen und mich mit dem Respekt behandeln, der einem Lehrer gebührt, denn für die Mauren hat Bildung einen hohen Wert, und sie achten Lehrer sehr. Nie befand ich mich in Gefahr, an einen anderen Herrn verkauft oder in die Türkei geschickt zu werden, oder dass mir ein Kreuz in die Fußsohlen gebrannt würde. Ich bekomme reichlich Couscous, Lamm und Datteln zu essen, und ich habe Kleidung zum Wechseln. Die Kinder meines Herrn haben mich ins Herz geschlossen. Ihre unschuldigen Seelen sind noch nicht vom muslimischen Glauben vergiftet, deswegen verachten sie mich als Christen nicht. Sie wollen alles über Spanien erfahren, und Mohamed Ramdane hat mir aufgetragen, sie außer Musik auch Spanisch zu lehren. Das alles sage ich dir, damit du dir keine Sorgen um mich machst, und wenn du unseren Eltern schreiben kannst, lass sie bitte wissen, dass ich nicht grausam behandelt werde und ich – so Gott will – bald in Freiheit sein werde. Jeden wachen Moment träume ich davon, in unser geliebtes Spanien zurückzukehren und bei dir und unseren Eltern und Schwestern zu sein. Einige Haussklaven leben hier schon länger, als ich alt bin. Für den Moment kann ich dieses Leben ertragen, aber nicht für endlose Jahre.
    Wenn es dir möglich ist, warte jeden Dienstagnachmittag in den Pinien auf mich. An dem Tag besuchen die Kinder mit ihrem Vater die Großeltern. Ich werde nach dir Ausschau halten. Ich bekomme zwar keinen Lohn, aber mein Herr ist so erfreut über die Fortschritte seiner Kinder, dass er mir seine Wertschätzung bisweilen mit einer Goldmünze zeigt. Bitte verwende die beiliegende nach deinem Ermessen. Es würde mich sehr freuen zu wissen, dass sie dir das Leben etwas erträglicher macht. Dein Bruder, der dich liebt und davon träumt, mit dir nach Spanien zurückzukehren,
    Rodrigo
    Um keine Aufmerksamkeit zu erregen, begann ich wieder, im souk Geschichten zu erzählen. Doch jeden Dienstagnachmittag wartete ich unweigerlich unter dem Turm auf eine Nachricht von meinem Bruder. Meine wichtigste Aufgabe wurde, einen Fluchtplan zu entwickeln. Zuerst, so sagte ich mir, musste ich ein paar Männer finden, die verzweifelt genug waren, um keine Angst vor der grausamen Strafe zu haben, die alle erwartete, deren Fluchtpläne scheiterten. Aber wem außer Sancho konnte ich im bagnio vertrauen? Er hatte mir die zwielichtigen Gestalten gezeigt, die Männer, die unzuverlässig waren, und die Christen, die sich in ihren Handlungen als ehrenwert erwiesen. Wir einigten uns auf eine Handvoll Männer, die wir ansprechen konnten ohne Angst, verraten zu werden.
    Wir hatten einen Tag vereinbart, an dem wir die von uns ausgesuchten Männer in unsere Pläne einweihen wollten, als im bagnio bekannt wurde, dass eine Abordnung Trinitariermönche in Algier eingetroffen war, um die Freilassung von spanischen Gefangenen und Sklaven auszuhandeln. Die Trinitarier unternahmen eine solche Reise mindestens einmal im Jahr. Das Geld, das sie aus Spanien mitbrachten, stammte aus Summen, die die Krone, die Familien der Gefangenen und die Kirche zur Verfügung stellten. Die Gefangenen, die aus wohlhabenden Familien kamen, wurden als Erste freigekauft. Wir anderen, die auf Mittel von mildtätigen Institutionen angewiesen waren, mussten jahre-, wenn nicht jahrzehntelang warten, in manchen Fällen bis über das Lebensende hinaus.
    Am Morgen nach ihrer Ankunft warteten die Trinitarier vor den Toren des bagnio auf die spanischen Gefangenen. Sobald die Türen aufgingen, stürzten unsere Männer zu den Mönchen, um zu erfahren, ob ihr Name auf der Liste derjenigen stand, die ausgelöst werden sollten. Ich hatte keine Eile, zu unwahrscheinlich war es, dass meine Eltern das Lösegeld für

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