Die leise Stimme des Todes (German Edition)
Samstag arbeitet.“
„Ehrlich gesagt, verstehe ich nicht ganz, was Du meinst“, gab Katherine zu.
„Okay, der Reihe nach. In der letzten Stunde habe ich meinen Trojaner präpariert und im Internet geforscht, ob die Bank von Ernst eine Website unterhält.“
„Was nützt Dir eine Website?“
„Die Internetseite an sich nützt mir gar nichts. Mir ging es um die E-Mailadressen der Bank. Und wir haben Glück. Auf der Website wurde nicht nur das Unternehmen vorgestellt, dort fand ich auch die E-Mailadressen sämtlicher leitender Angestellter. Zudem gibt es dort eine wundervolle Wegbeschreibung mit Skizze, so dass ich mir am Montag die Sucherei sparen kann.“
„Was hat es mit dem fleißigen Angestellten auf sich?“, wollte Katherine wissen.
„Schau einfach zu. Ich bin jetzt so weit“, sagte Mark.
Er rief die Website der Bank von Ernst auf und schaltete sich durch die Seiten, bis er die E-Mailadressliste gefunden hatte.
„Jeder dieser Männer und Frauen bekommt jetzt von mir eine E-Mail gesandt. Im Anhang dieser E-Mail befindet sich mein Trojaner, der sich als Word-Dokument ausgibt, bei dem es sich aber in Wirklichkeit um ein vb-script, ein visual-basic-script handelt. Wenn der Empfänger nun dieses script doppelklickt, um es zu öffnen, installiert sich mein Programm im Hintergrund ins System. Der Angestellte bekommt gar nichts mit, auf seinem Bildschirm erscheint die Meldung, dass die Datei „korrupt“, also beschädigt ist. Im modernen Datentransfer kommt es öfter vor, dass Dateien nur unvollständig übertragen werden und sich nicht öffnen lassen. Der Angestellte wird also nicht misstrauisch werden, sondern die Sache gleich wieder vergessen.“
„Und dann?“, fragte Katherine.
„Ist mein Trojaner erst einmal im System, lauert er im Hintergrund. Wenn der Angestellte das nächste Mal sein login und sein Passwort eingibt, protokolliert der Trojaner den Vorgang und sendet mir die Daten an eine vorbestimmte, geheime E-Mailadresse. Habe ich erst einmal das login und Passwort, kann ich mir offiziell Zugang zum System verschaffen.“
„So einfach ist das?“
„Das war nur erste Schritt. Ich bin dann zwar im System, und wenn der Benutzer des gestohlenen logins die entsprechende Zugangsberechtigung hat, kann ich Gasters Geld auf ein anderes Konto überweisen, aber der Vorgang wäre im System auffindbar und die Bank könnte das Geld problemlos zurückbuchen. Nein, ich muss mich danach auf root-Ebene hacken, in der ich alles, aber auch wirklich alles im System verändern kann, um meine Spuren zu verwischen.“
„Root? Die Wurzel?“
„Ja, aber Programmierer und Hacker haben einen anderen Namen dafür. Wir nennen es die Gott-Ebene.“
„Wann geht es los?“, fragte Abby, die inzwischen das gleiche Fieber wie Mark ergriffen hatte.
Mark drückte auf eine Taste seines Laptops.
„Es hat bereits begonnen.“
Richard Weingarten betrat die Bank von Ernst durch einen Nebeneingang. Nacheinander musste er dazu einen Schlüssel und eine Kennkarte benutzen, die er durch einen Schlitz an der elektronischen Türsicherung zog.
Wie jeden Samstag wollte der Bankfachmann und Treuhänder die Gelegenheit nutzen, um den Papierkram, der unter Woche anfiel, aufzuarbeiten. Während der Werktage war er zu sehr mit der Verwaltung der Kundenkonten beschäftigt, so dass ihm oft nur das Wochenende blieb, damit er seine Unterlagen auf dem neuesten Stand halten konnte. Schon mehrfach hatte er Direktor Michael Durst um eine Assistentin gebeten, die diesen unangenehmen Teil seiner Arbeit für ihn übernehmen konnte, aber sein Chef war offensichtlich der Meinung, dass man keine zwei Angestellten für eine Tätigkeit bezahlen musste, die auch ein Einzelner erledigen konnte. Also schlurfte Weingarten wieder einmal an einem Samstagmorgen durch die kalten Flure und schimpfte innerlich über die Ungerechtigkeit in seinem Leben.
Sein Büro am Ende des Ganges wurde weder durch ein Schloss noch durch eine elektronische Türsicherung geschützt. Weingarten stieß die Tür mürrisch auf und achtete nicht darauf, dass die Klinke gegen die Wand knallte und dort die Ausbuchtung im Putz noch ein wenig mehr erweiterte. Er stellte seine Aktentasche neben den Schreibtisch, warf seinen Mantel über den Haken neben der Tür und setzte sich an seinen Arbeitsplatz.
Auf dem Monitor seines Computers zog langsam der Schriftzug der Bank von Ernst von einer Ecke des Bildschirms zur anderen, prallte dort ab und wanderte zurück. Weingarten
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