Die leise Stimme des Todes (German Edition)
aber es war noch viel Zeit bis Montag 14 Uhr. Ihm würde schon etwas einfallen.
Ihm musste etwas einfallen!
Der Montagmorgen war wolkenverhangen. Der Regen hatte am Sonntag den Atem angehalten, aber nun schien er alles nachholen zu wollen. Dicke Tropfen fielen von einem grauen Himmel, ließen sämtliche Farben hinter einem diffusen Schleier verschwinden.
Das Bankgebäude erhob sich drei Stockwerke hoch. Es war ein wunderbares, barockes Haus mit Gipsfiguren und Verzierungen an der Fassade. Über dem Eingang war der Name Bank von Ernst in den Stein gemeißelt. Der Eingang selbst bestand aus einer hochmodernen, verspiegelten Glastür, die keinen Blick in das Innere zuließ.
Mark stand davor, während Menschen geschäftig um ihn herum strömten, unter aufgespannten Regenschirmen unbekannten Zielen zuhasteten.
Noch einmal ging er seinen Plan in Gedanken durch. Wenn alles klappte, kamen er und Katherine unbeschadet aus dieser Sache heraus. Er hatte Peter Hofmann seine Situation erklärt. Peter hatte nicht gezögert, ihm seine Hilfe anzubieten. Er und seine Freunde würden Stunden vorher auf dem Rastplatz nahe Rosenheim sein und sich in dem kleinen Wäldchen, das dahinter lag, verbergen. Mark hatte den Sonntag genutzt, um sich mit den Örtlichkeiten des Rastplatzes vertraut zu machen. Sie hatten eine Chance, aber alles hing davon ab, ob Gaster selbst auftauchte oder einen seiner Lakaien schickte. Sie mussten Gaster selbst in die Hände bekommen, damit sie sein Leben gegen das von Katherine austauschen konnten.
Zunächst aber musste Mark das Geld abheben. Sollte etwas mit ihrem Plan schief laufen, war das Geld die letzte Hoffnung. Mark atmete tief ein und dann wieder aus. Schließlich schritt er zur Glastür, die sich zischend vor ihm öffnete. Kurz darauf war er im Inneren verschwunden.
Mark nahm sich Zeit, sich zu orientieren. Sein Blick wanderte umher, erfasste die anwesenden Personen, bevor er sich mit der Örtlichkeit vertraut machte. Gaster war nicht da. Mark stieß einen erleichterten Seufzer aus.
Stuckdecken wölbten sich über seinem Kopf, bildeten eine Halbkugel. Die Schalter der Bank waren in einem Viereck um eine Fläche von der Größe eines Tennisfeldes angeordnet. Dunkelgraue Teppiche bedeckten die großen, glatt polierten Marmorplatten.
Die Tresen der Bankangestellten waren aus massivem Mahagoniholz gefertigt, hinter denen die Menschen wie Zwerge wirkten. Es gab kein Panzerglas wie in deutschen Banken, alles war luftig und offen, aber Mark bemerkte die Videokameras, die überall an der Decke und den Säulen angebracht waren und die ganze Halle erfassten. Zusätzlich standen mindestens ein halbes Dutzend schwer bewaffnete Sicherheitsbeamte im Raum verteilt und behielten die Kunden im Auge, während ihre Hände an den Waffengurten ruhten. Diese Bank benötigte kein Panzerglas, um sich zu schützen, denn jeder, der auf die Idee kam, hier einen Überfall zu verüben, musste schon eine Kompanie US-Marines mitbringen, wenn er Erfolg haben wollte.
Mark betrachtete die Schalter und überlegte, welcher wohl der richtige für sein Vorhaben sein mochte. Entgegen den üblichen Bankgewohnheiten gab es keinerlei Hinweisschilder, an denen man sich orientieren konnte. Wahrscheinlich ging die Bank davon aus, dass ihre Kunden wussten, an wen sie sich zu wenden hatten.
Mark wusste es nicht, entschied sich aber für einen Schalter, an dem gerade ein eleganter Herr in konservativem Zweireiher bedient wurde. Er stellte sich hinter dem Mann an, der zu seinem Leidwesen aber mit der Angestellten, einer kleinen, gepflegten Frau in den Dreißigern, nur Französisch sprach und zudem gerade seine Unterlagen sortierte und zurück in eine braune Aktentasche schob. Mark hatte gehofft, die beiden belauschen zu können, um herauszufinden, wie Barabhebungen, besonders in dieser Größenordnung, gehandhabt wurden, aber nun stand er schon vor der Angestellten, die ihn lächelnd anblickte.
„Bon jour, Monsieur“, begrüßte sie ihn.
„Entschuldigung, sprechen Sie Deutsch?“, fragte Mark.
„Ja, ich spreche Deutsch“, antwortete die Frau vollkommen akzentfrei.
„Ich möchte mein Konto auflösen.“ Seine Stimme krächzte.
Sie schob ihm ein in drei Sprachen gehaltenes Formular hin. „Darf ich Sie um die Kontonummer bitten? Bitte tragen Sie die Nummer in das dafür vorgesehene Feld ein.“
Mark kritzelte die Nummer und sein persönliches Kennwort auf das Papier. Die Frau verglich die Daten mit den Eintragungen in
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