Die Lennox-Falle - Roman
erschießen.«
»Können Sie irgendwelche Beweise für diese unerhörten Anschuldigungen vorlegen?«
»Wir können Ihnen nur das sagen, was man uns gesagt hat. Aber bedenken Sie bitte, daß wir zur Elite der Bruderschaft gehören.«
»Die Bruderschaft«, sagte der Direktor von Consular Operations, ohne seinen Abscheu zu verbergen.
»Ganz richtig. Dieser Name wird um den ganzen Erdball gehen, und man wird ihn in hohen Ehren halten.«
»Nicht, wenn ich etwas dazu zu sagen habe.«
»Aber haben Sie das? Sie sind doch nicht mehr als ein kleines Rädchen in einem großen Getriebe, genau wie ich. Offen gestanden, mich langweilt die ganze Sache. Lassen wir doch der Geschichte ihren Lauf. Das geht über den Einfluß von Männern, wie Sie und ich es sind, hinaus. Und außerdem würde ich lieber leben als sterben.«
»Ich werde mit meinen Vorgesetzten sprechen«, sagte Wesley Sorenson kühl und ging an die Zellentür und winkte seinem Begleiter.
Als die beiden Männer gegangen waren, griff Paris Zwei nach einem Notizblock, schrieb in deutscher Sprache »Er kann es sich nicht leisten, uns zu exekutieren« auf das oberste Blatt und hielt die Hand darüber, damit die Kameras es nicht sehen konnten.
» Monsieur l’Ambassadeur «, sagte Moreau, der sich mit Heinrich Kreitz alleine in dessen Amtszimmer in der deutschen Botschaft befand, »ich gehe davon aus, daß unser Gespräch nicht aufgezeichnet wird. Das wäre weder für Sie noch für mich von Vorteil.«
»Das Gespräch wird nicht aufgezeichnet«, erwiderte der alte Herr, der mit seiner kleinen Gestalt, dem blassen, von Falten durchzogenen Gesicht und der strengen Stahlbrille wie ein verwitterter Gnom aussah. »Ich habe die Information, die Sie verlangt haben.« Er räusperte sich. »Die Aufzeichnungen enthalten alles, was über Gerhard Krögers Kindheit und seine Familie bekannt ist, die Zeit, die er auf der Universität verbracht hat, seine Tätigkeit in verschiedenen Krankenhäusern, bis er dann schließlich in Nürnberg seine Stellung aufgegeben hat. Ich habe natürlich eine Kopie für Sie machen lassen.«
Kreitz beugte sich vor und legte den versiegelten Umschlag vor Moreau auf den Schreibtisch, den dieser, von dessen Gewicht beeindruckt, an sich nahm.
»Sie haben das alles gründlich gelesen?«
»Ja.«
»Wer waren seine Eltern?«
»Sigmund und Else Kröger, und damit sind wir schon beim ersten Punkt, der eine Verbindung mit den Neonazis unmöglich erscheinen läßt. Die Akten weisen aus, daß Sigmund Kröger in den letzten Kriegsmonaten von seiner Luftwaffeneinheit desertiert ist.«
»Das haben Tausende andere auch getan.«
»In der Wehrmacht vielleicht, aber nicht in der Luftwaffe, und nur sehr wenige höhere Offiziere. Kröger senior war ein hochdekorierter Major, von Göring persönlich ausgezeichnet. Hätte man Kröger vor Ende des Krieges zu fassen bekommen, wäre er vor ein Kriegsgericht gestellt und erschossen worden.«
»Was ist mit ihm nach dem Krieg geschehen?«
»Da wird alles etwas nebulös, wie üblich. Er war mit seiner Messerschmitt über die alliierten Linien geflogen und mit dem Fallschirm abgesprungen. Britische Soldaten hinderten die Bewohner des nahegelegenen Dorfes daran, ihn zu töten, und haben ihn als Kriegsgefangenen behandelt.«
»Und nach der Kapitulation, wurde er da nach Deutschland zurückgebracht?«
»Dazu geben die Unterlagen keine Auskunft. Er war der Sohn eines Fabrikbesitzers, der Hunderte von Menschen beschäftigte. Aber in letzter Konsequenz war er ein Deserteur und alles andere,
als ein loyaler Gefolgsmann des Führers. Und das ist wohl kaum die Grundlage dafür, daß sein eigener Sohn einer wird.«
»Ja, ich verstehe. Und seine Frau, Gerhards Mutter?«
»Eine Hausfrau aus der oberen Mittelklasse, die den Krieg wahrscheinlich verabscheute. Jedenfalls wurde sie nie in den Listen der NSDAP als Mitglied geführt und hat, soweit das aktenkundig ist, nie an irgendwelchen Parteiveranstaltungen teilgenommen.«
»Nicht gerade ein ausgeprägter Nazieinfluß also.«
»Genau das will ich damit sagen.«
»Und Krögers Universitätsstudium - gab es da irgendwelche Studentengruppierungen, die sich gegen die Demokratisierung Deutschlands und seine Ablehnung des Dritten Reiches eingesetzt haben, die vielleicht den jungen Kröger beeinflußt haben könnten?«
»Ich habe jedenfalls nichts dergleichen gefunden. Seine Professoren schildern ihn im großen und ganzen als einen ziemlich zurückgezogenen Mann, den geborenen
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