Die Lennox-Falle - Roman
was war es doch für ein herrliches Gefühl, draußen zu sein, jenseits seiner Gefängnismauern!
Er hielt sich rechts, weg von den Straßenlaternen, atmete die schwüle Luft tief ein und merkte plötzlich, daß er einen fast militärischen Gang eingeschlagen hatte. Er schmunzelte.
Und dann geschah es. Das Telefon in der Tasche seines Uniformrocks klingelte, ein leises, eindringliches Klingeln. Das erschreckte ihn so, daß er zuerst Mühe hatte, den Knopf der Uniformjacke aufzubekommen, bloß um den verdammten Lärm schnell zum Verstummen zu bringen. Schließlich riß er das Telefon aus der Tasche, drückte den Sprechknopf und hielt sich den Apparat dann ans Ohr. »Ja, was ist los?«
»Hier Marine-Einheit W, das sind Sie, Mister! Was machen Sie vor dem Hotel?«
»Ein wenig Luft schnappen, wenn Sie nichts dagegen haben.«
»Und ob wir was dagegen haben, aber dafür ist es zu spät. Sie werden verfolgt.«
»Was?«
»Wir haben ein Foto; ganz sicher sind wir nicht, aber wir glauben, daß es Reynolds ist, Alan Reynolds aus der Fernmeldezentrale. Wir haben ihn im Feldstecher, aber die Beleuchtung ist schlecht, und er trägt einen Hut und hat das Revers hochgeklappt.«
»Wie, zum Teufel, konnte der mich entdecken? Ich trage Uniform, und mein Haar ist blond!«
»Ein Uniform kann man sich besorgen, und blondes Haar hat bei Dunkelheit nicht viel zu sagen, noch dazu, wenn der Betreffende eine Kopfbedeckung trägt … Gehen Sie weiter und lachen Sie laut, wenn Sie das Telefon wieder einstecken. Dann biegen Sie in die nächste schmale Straße nach rechts. Wir haben die Gegend studiert; wir sind dann hinter Ihnen.«
»Um Himmels willen, halten Sie ihn auf, machen Sie ihn dingfest! Wenn er mich gefunden hat, hat er höchstwahrscheinlich auch die Wohnung von Mrs. de Vries ausfindig gemacht.«
»Die hat bei uns nicht Priorität, wer auch immer sie ist. Sie haben Priorität, Mister. Lachen Sie jetzt und stecken Sie das Telefon ein.«
»Wird gemacht!« Drew lachte trotz der vielen späten Passanten auf der Rue de Castiglione laut auf, steckte das Telefon ein und bog nach wenigen Metern in die nächste Seitengasse. Er fing zu rennen an, lief auf die nächste Tür zu seiner Rechten zu und duckte sich in den Hauseingang. Die Straße selbst, eher eine Gasse, war eine jener typischen, etwas heruntergekommenen Pariser Wohnstraßen. Zwei Straßenlaternen lieferten die einzige Beleuchtung, sie standen an beiden Enden der Gasse; der Rest war in tiefe Schatten gehüllt. Lennox nahm seine Offiziersmütze ab und spähte vorsichtig um die Mauer herum. Die Gestalt, die vorsichtig die schmale Straße herunterkam, hielt eine Pistole in der Hand, und Drew stieß einen lautlosen Fluch aus. Er hatte nicht daran gedacht, eine Waffe mitzunehmen - zum Teufel, er hätte gar nicht gewußt, wo er sie in der eng anliegenden Uniform hätte hinstecken sollen!
Jetzt fing der Mann mit der Waffe zu rennen an, offenbar weil er niemanden sah. Das reichte Lennox. In dem Augenblick, als die Gestalt neben ihm auftauchte, zuckte Drews rechter Fuß vor und traf den Mann zwischen den Beinen. Dann schmetterte er Alan Reynolds gegen die gegenüberliegende Mauer und riß dem Verdutzten die Waffe aus der Hand.
»Du Hurensohn!« brüllte Drew. »Wo kommst du her? Was weißt du? Und was hat mein Bruder mit all dem zu tun?«
»Sie sind es gar nicht!« stieß der Mann hervor. »Das hab ich mir gleich gedacht. Aber die wollten nicht auf mich hören!«
»Aber ich höre jetzt zu, du Mistkerl«, sagte Lennox und drückte dem Mann die Waffe gegen die Stirn. »Rede!«
»Es gibt nichts zu reden, Lennox. Die haben meinen Bericht über Sie und diese de Vries und die Falle, die Sie uns gestellt haben.«
Plötzlich zuckte Reynolds rechte Hand in der Dunkelheit an seinen Kragen. Er drückte das Tuch zusammen und biß hinein. »Ein Volk, ein Reich, ein Führer!« würgte Alan Reynolds mit seinem letzten Atemzug heraus.
Einheit W der Marineinfanterie kam mit schußbereiten Waffen durch die dunkle Gasse gerannt. »Alles in Ordnung?« schrie der Sergeant, der die Gruppe befehligte.
»Nichts ist in Ordnung!« antwortete Drew wütend. »Ich würde gerne wissen, wie dieser Hurensohn zu dieser Position kommen konnte. Wie konnte er all die Mikroskope und Psychiater und Eierköpfe hinters Licht führen, die angeblich auf die Minute genau bestimmen können, wann ein Bewerber gezeugt worden ist? Das ist doch alles Affenscheiße! Dieser Mann war nicht bloß ein Neonazi, der auf Geld
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