Die Lennox-Falle - Roman
York noch nicht einmal Mittag war, erhielt der Geschäftsführer des Verbandes der Fast-Food-Hersteller an der Sixth Avenue einen Anruf aus Washington. Eine halbe Stunde später bekam einer ihrer Vertreter, ein ehemaliger Star der New York Rangers, augenblicklich in Paris, die Anweisung, nach Oslo zu reisen, um dort neue Geschäftsverbindungen
ausfindig zu machen. Es gab nur einen kleinen Haken. Der betreffende Herr lag betrunken im Bett, und der Concierge mußte zwei seiner Helfer einsetzen, um ihn wenigstens einigermaßen wach zu bekommen, damit er den Anruf entgegennehmen konnte, ihm dann beim Packen zu helfen und ihn schließlich in ein Taxi zum Flughafen Orly zu setzen.
Unglücklicherweise geriet Benjamin Lewis bei der ganzen Hektik in die falsche Warteschlange, verpaßte sein Flugzeug und kaufte sich ein Ticket nach Helsinki, weil ihm Oslo entfallen war, er aber wußte, daß sein Chef eine skandinavische Stadt genannt hatte, und er noch nie in Helsinki gewesen war. So kann es Menschen ergehen, wenn sie in das Getriebe einer Geheimdienstoperation geraten.
Auf halbem Wege nach Helsinki fiel Benny plötzlich Oslo wieder ein, und er fragte die Stewardeß, ob er vielleicht hinausgehen und sich ein anderes Flugzeug heranwinken dürfe. Die junge Frau, eine wunderschöne, finnische Blondine, zeigte Mitgefühl, erklärte ihm aber, daß das keine gute Idee sei. Also fragte Benny, ob sie vielleicht mit ihm in Helsinki zu Abend essen wolle. Sie lehnte dankend ab.
Wesley Sorenson verließ die Zentrale von Cons-Op und ließ sich von seinem Fahrer zu dem sicheren Haus in Fairfax, Virginia, bringen, wo die beiden Neonazis festgehalten wurden. Während der Wagen durch den Torbogen in die lange kreisförmige Auffahrt zu dem imposanten Eingangsportal der Villa rollte, die einmal einem argentinischen Diplomaten gehört hatte, versuchte der Direktor von Consular Operations sich an die Tricks seiner früheren Tätigkeit draußen im Feldeinsatz zu erinnern.
Der erste war natürlich: »Hey, Leute, mir wäre wirklich lieber, wenn ihr hier lebend rauskommt und nicht ins Gras beißen müßt, aber das wird nicht an mir liegen, ich hoffe, ihr versteht das. Wir können uns hier nicht mit Spielchen aufhalten; es gibt einen unterirdischen, schalldichten Raum, dessen Wände von früheren Exekutionen schon eine ganze Menge Schrammen abbekommen haben …« Natürlich gab es keine solche Wand und
keinen solchen Raum und normalerweise brachte man auch nur besonders fanatische Gefangene in dem schwarz verhängten Fahrstuhl nach unten zu ihrer vermeintlichen Hinrichtung. Diejenigen, die sich für die kurze Reise in die Tiefe entschieden, bekamen Injektionen von Scopolamin-Derivaten und die meisten waren, wenn sie wieder aufwachten, so dankbar, daß sie anschließend uneingeschränkt kooperierten.
Die große Zwei-Mann-Zelle sah gar nicht wie ein Gefängnis aus. Sie war sechs Meter lang und vier Meter breit, enthielt zwei Betten von normaler Größe, ein Waschbecken, eine Toilette in einer Wandnische, einen kleinen Kühlschrank sowie einen Fernseher. Insgesamt entsprach sie eher einem bescheidenen Hotelzimmer als einer Zelle im alten Alcatraz oder in Attica. Was die Gefangenen nicht wußten, aber wahrscheinlich vermuteten, war, daß in den Wänden versteckte Kameras jeden Quadratzentimeter des Raums erfaßten.
»Darf ich hereinkommen, Gentlemen?« fragte Sorenson vor der Zellentür. »Oder soll ich Deutsch sprechen, damit ich mich klar verständlich mache?«
»Wir sind mit dem Englischen gut vertraut«, erwiderte Paris Null Zwei locker. »Man hat uns gefangengenommen, was sollen wir also sagen? … Nein, Sie dürfen nicht hereinkommen?«
»Das betrachte ich als Einladung, vielen Dank.«
»Ihre Wache und seine Waffe werden draußen bleiben«, sagte der weniger liebenswürdige Paris Null Fünf.
»Das ist Vorschrift, wenn auch nicht von mir persönlich.« Sorenson wurde von seinem uniformierten Begleiter in die Zelle geführt, worauf der Mann an die gegenüberliegende Wand trat und seine Pistole aus dem Halfter zog. »Ich denke, wir sollten uns unterhalten, Gentlemen, uns ernsthaft unterhalten.«
»Worüber denn?« fragte Paris Zwei.
»Ich nehme an, die vorrangige Frage ist, ob Sie leben oder sterben«, erwiderte der Direktor von Cons-Op. »Sehen Sie, das ist nicht meine Entscheidung. Im Untergeschoß, sechs Meter unter der Erde ist ein Raum …« Sorenson beschrieb den Exekutionsraum, was Paris Fünf sichtlich unangenehm war, Null Zwei
Weitere Kostenlose Bücher