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Die Lennox-Falle - Roman

Die Lennox-Falle - Roman

Titel: Die Lennox-Falle - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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drehte sich um und deutete auf eine verglaste Zelle an der Wand. Der »Käfig«, wie man die Zelle nannte, war eine schalldichte Zone, wo völlig abhörsicher vertrauliche Gespräche geführt werden konnten. Das Botschaftspersonal wußte das zu schätzen; was sie nicht hörten, konnte man auch nicht aus ihnen herauspressen. Drew stand auf, ging zu der dicken Glastür des Käfigs und trat ein. In der Mitte stand ein großer Tisch mit einer beschichteten Platte, auf der das rote Telefon, Bleistifte, Schreibblocks und ein Aschenbecher angeordnet waren. In der Ecke der gläsernen Zelle stand ein Aktenreißwolf, dessen Inhalt alle acht Stunden verbrannt wurde, wenn nötig auch häufiger. Lennox ließ sich hinter dem Tisch in einem Sessel nieder, der so angeordnet war, daß er dem Bedienungspersonal der Konsolen den Rücken zuwandte; maximale Sicherheit schloß die Angst vor Lippenlesern ein, etwas, worüber man lange Zeit gelacht hatte, bis auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges ein sowjetischer Maulwurf im Fernmeldesystem der Botschaft entdeckt wurde. Drew nahm den Hörer ab und wartete; zweiundachtzig Sekunden später hörte man das Piepsen und Brummen, mit dem sich der Zerhacker einschaltete, und dann war die Stimme von Wesley T. Sorenson, dem Direktor von Consular Operations, zu hören.
    »Wo zum Teufel haben Sie gesteckt?« fragte Sorenson.
    »Nachdem Sie meine Kontaktaufnahme mit Henri Bressard freigegeben hatten, ging ich ins Theater und habe dann Bressard angerufen. Er hat mich zu dem Haus der Villiers am Parc Monceau gebracht. Ich bin gerade hier angekommen.«
    »Dann waren Ihre Vermutungen richtig? Der alte Mann war also wirklich Villiers Vater?«

    »Das hat Villier selbst bestätigt, der es - wie er es formulierte - von den einzigen Eltern erfahren hatte, die er je gekannt hat.«
    »Wenn man die Begleitumstände bedenkt, muß das ein schrecklicher Schock für ihn gewesen sein!«
    »Darüber werden wir uns ausführlicher unterhalten müssen, Wes. Der Schock hat in unserem berühmten Schauspieler einen geradezu gigantischen Schuldkomplex erzeugt. Er ist fest entschlossen, seine schauspielerischen Fähigkeiten einzusetzen, um mit Jodelles Freunden Verbindung aufzunehmen und zu erfahren, ob der alte Mann irgend jemandem gesagt hat, was er in den letzten Tagen vorgehabt hat, wen er hat finden wollen.«
    » Ihr Szenario«, sagte Sorenson. »Ihr Szenario, da Ihre Vermutungen sich als richtig erwiesen.«
    »Das mußte es sein - wenn ich recht hatte. Aber dieses Szenario sah vor, unsere eigenen Leute einzusetzen, nicht Villier selbst.«
    »Ich verstehe. Und worin liegt jetzt Ihr Problem?«
    »In Villiers Entschlossenheit. Ich habe versucht, ihm sein Vorhaben auszureden, aber das habe ich nicht geschafft, das konnte ich nicht schaffen, und ich glaube nicht, daß das irgend jemandem gelingen wird.«
    »Warum sollten Sie es ihm ausreden? Vielleicht bringt er etwas in Erfahrung. Warum sich da einmischen?«
    »Weil ich überzeugt bin, daß derjenige, der Jodelles Selbstmord ausgelöst hat, ihm den Mut genommen hat, weiterzuleben. Irgendwie hat man ihn überzeugt, daß er versagt hatte, daß er erledigt war. Für den alten Mann muß eine Welt zusammengebrochen sein.«
    »Psychologisch betrachtet, leuchtet das ein. Und?«
    »Wer auch immer es war, sie werden ganz bestimmt seinem Selbstmord nachgehen. Wie ich Bressard schon sagte, sie können es sich gar nicht leisten, das nicht zu tun. Wenn jemand, ganz gleich wer es ist, auftaucht und anfängt, Fragen nach Jodelle zu stellen - nun, wenn seine Feinde diejenigen sind, die ich glaube, dann hat der Betreffende keine große Chance.«
    »Haben Sie das Villier gesagt?«
    »Nicht so deutlich, aber ich habe keinen Zweifel daran gelassen, daß sein Vorhaben äußerst gefährlich ist. Darauf hat er praktisch
gesagt, ich solle doch zum Teufel gehen. Er sagte, er schulde Jodelle ebenso viel wie ich Harry schulde, wenn nicht mehr. Ich soll morgen mittag zu seinem Haus kommen. Er sagt, er werde dann bereit sein.«
    »Dann schenken Sie ihm doch reinen Wein ein«, empfahl Sorenson. »Wenn er dann immer noch darauf besteht, dann lassen Sie ihn gehen.«
    »Wollen wir uns die Verantwortung aufladen, wenn er dabei ums Leben kommt?«
    »Schwere Entscheidungen heißen deshalb schwer, weil sie einem nicht leicht fallen. Sie wollen Harry finden, und ich will ein Krebsgeschwür finden, das in Deutschland wuchert.«
    »Ich würde gern beide finden«, sagte Lennox.
    »Natürlich. Das würde ich auch

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