Die Lennox-Falle - Roman
gern. Wenn Ihr Schauspieler also eine Rolle spielen will, dann hindern Sie ihn nicht daran.«
»Ich möchte, daß er überwacht wird.«
»Das sollten Sie, ein toter Schauspieler kann uns schließlich nicht sagen, was er erfahren hat. Arrangieren Sie das mit dem Deuxième, die sind in solchen Dingen gut. Ich werde in etwa einer Stunde Claude Moreau anrufen. Er ist Chef des Büros und wird bis dahin an seinem Schreibtisch sein. Wir haben in Istanbul zusammengearbeitet; er war der beste Außenagent, den die französische Abwehr je eingesetzt hat. Er wird Ihnen alles geben, was Sie brauchen.«
»Soll ich es Villier sagen?«
»Ich bin einer aus der alten Schule, Lennox, das ist vielleicht gut, vielleicht auch schlecht, aber ich war immer der Ansicht, wenn man eine Sache anpackt, soll man es richtig tun. Sie sollten Villier reinen Wein einschenken. Er soll eine saubere Entscheidung treffen.«
»Freut mich, daß wir da einer Meinung sind. Vielen Dank.«
»Ich bin aus der Kälte gekommen, Drew, aber ich war einmal da, wo Sie jetzt sind. Das ist ein lausiges Schachspiel, besonders wenn die Bauern dabei getötet werden können. Die haben Sie dauernd im Visier, glauben Sie mir das. Ein Alptraum ist das.«
»Alles, was man über Sie erzählt, stimmt, nicht wahr? Auch, daß Sie es gerne haben, wenn wir Außendienstleute Sie mit Vornamen ansprechen.«
»Das meiste, was man von mir erzählt, ist maßlos übertrieben«, sagte der Direktor von Consular Operations, »aber als ich da draußen war, wenn ich damals meinen Boß Bill oder George oder Stanford oder einfach Casey hätte nennen dürfen, dann wäre ich, denke ich, manchmal viel offener gewesen. Und das ist es, was ich von euch will. ›Mr. Director‹ ist da ein Hindernis.«
»Da haben Sie recht.«
»Ich weiß. Tun Sie also, was Sie tun müssen.«
Lennox verließ die Botschaft an der Avenue Gabriel und ging zu dem bereitstehenden gepanzerten Diplomatenfahrzeug, das ihn in seine Wohnung in der Rue du Bac bringen sollte. Es war ein Peugeot, dessen Rücksitze viel zu wenig Platz boten, so daß er es vorzog, sich vorne neben den Fahrer, einen Marine, zu setzen. »Kennen Sie die Adresse?« fragte er.
»Oh ja, Sir, sicher. Ganz gewiß.«
Drew sah kurz zu dem Mann hinüber; der Akzent war unverkennbar amerikanisch, aber die Formulierung erschien ihm irgendwie seltsam. Vielleicht kam das aber auch nur daher, daß er so müde war und sich das nur einbildete. Er schloß die Augen eine Weile und genoß die formlose Leere, die jetzt vor seinem inneren Auge wie auf einer Leinwand zu sehen war. Wenigstens einige Minuten lang waren seine Ängste in den Hintergrund getreten. Er brauchte die Entspannung, begrüßte sie. Dann spürte er plötzlich eine Bewegung, wurde in die Polster gedrückt. Er schlug die Augen auf; der Fahrer jagte über eine Brücke, als befinde er sich auf der Rennstrecke von Le Mans. »Hey, Sie«, sagte Lennox, »ich hab’s nicht eilig. Nehmen Sie den Fuß vom Gas, Kumpel.«
Sie jagten von der Brücke herunter, und der Marine lenkte den Wagen in eine dunkle, ihm nicht vertraute Straße. Und dann war es ihm plötzlich klar; diese Gegend hier hatte mit der Rue du Bac oder ihrer Umgebung nicht das Geringste gemeinsam. »Was zum Teufel machen Sie?« schrie Drew.
»Das ist eine Abkürzung, Sir.«
»Quatsch! Halten Sie an, verdammt!«
» Nein !« schrie der Mann in der Uniform der Marineinfanterie. »Sie fahren dorthin, wo ich Sie hinbringe, Kumpel!« Damit
riß er eine Automatik heraus und richtete die Waffe auf Lennox’ Brust. »Sie geben mir keine Befehle, ich gebe Ihnen Befehle!«
»Herrgott, Sie sind einer von denen. Verdammter Mistkerl, Sie sind einer von denen!«
»Sie werden noch andere kennenlernen, und dann ist Schluß mit Ihnen! Sieg Heil! «
»Stecken Sie sich Ihren Sieg in den Arsch«, sagte Drew leise und schob in den vorüberhuschenden Schatten die linke Hand zur Seite, während sein linker Fuß sich vorsichtig am Wagenboden entlangschob. »Wie wär’s mit einer Überraschung à la Blitzkrieg!« Damit trat Lennox heftig mit dem linken Fuß auf das Bremspedal und schmetterte gleichzeitig die linke Hand gegen den Ellbogen seines Entführers. Der Neonazi ließ die Waffe los; Drew packte sie und gab einen Schuß auf die rechte Kniescheibe des Fahrers ab, während der Wagen gegen eine Gebäudewand prallte.
»Pech gehabt!« sagte Lennox außer Atem, klinkte die Tür auf und packte den Mann an seinem Uniformrock. Er stieg aus dem Wagen, riß
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