Die Lennox-Falle - Roman
Woodward.«
»Wo dann?« wollte Courtland wissen.
»Ich meine das Paket von Agent Lennox, das in den frühen Morgenstunden ins Deuxième geliefert wurde, Sir.«
»Der protestantische Pfarrer?« fragte Karin.
»König ist ein Singvogel, ohne es zu wissen«, sagte Witkowski.
»Und was für ein Lied singt er?« Drew beugte sich in seinem Sessel nach vorne.
»Eine Arie, sie heißt ›Der Meistersinger Traupmann‹. Wir haben sie schon einmal gehört.«
»Der Chirurg aus Nürnberg?« fragte Lennox. »Der Nazibonze, den Sorenson ausgegraben hat, bei -« Er hielt inne und sah den Botschafter an.
»Ja, Drew«, sagte Courtland ruhig, »beim Vormund meiner Frau in Centralia, Illinois … Ich habe selbst mit Mr. Schneider gesprochen. Er ist heute ein alter Mann mit vielen schmerzlichen Erinnerungen, und ich bin überzeugt, daß er die Wahrheit sagt.«
»Was Traupmann angeht, ganz sicher«, sagte der Colonel. »Moreau hat Traupmanns ehemalige Frau vor wenigen Tagen in München aufgesucht. Sie hat alles bestätigt.«
»Das ist mir ebenfalls bekannt.« Der Botschafter nickte langsam. »Traupmann hatte wesentlichen Anteil an der Durchführung der Operation Sonnenkinder.«
»Was hat Claude von dem protestantischen Geistlichen über Traupmann erfahren?« fragte Karin.
»Im Grunde genommen, daß König und andere seinesgleichen in den oberen Rängen der Bewegung vor ihm Angst haben, und sich alle bemühen, ihm bei jeder Gelegenheit gefällig zu sein. Moreau wußte schon vorher, daß Traupmann eine wichtige Rolle spielt, aber jetzt glaubt er, daß seine Bedeutung noch viel höher einzustufen ist. Er ist der Ansicht, daß Traupmann besonderen
Einfluß auf die neue Nazibewegung hat, daß er sie alle im Griff hat.«
»Wir wissen, daß es einen neuen Führer gibt«, sagte Witkowski, »wir haben nur nicht die leiseste Ahnung, wer er ist.«
»Aber wenn dieser neue Hitler -«
»An dem Punkt muß ich Sie aufhalten, Karin«, unterbrach sie Daniel Courtland und stand plötzlich unter Schmerzen aus seinem Sessel hinter dem Schreibtisch auf.
»Es tut mir leid, Mr. Ambassador -«
»Nein, nein, meine Liebe, ich muß mich entschuldigen, aber ich habe Anweisung von meiner Regierung.«
»Was soll das, zum Teufel?«
»Ruhig Blut, Drew. Ganz ruhig«, befahl Courtland. »Es wird Sie vielleicht interessieren, daß ich mit Wesley Sorenson telefoniert habe, der für den Augenblick die Vollmacht für gewisse verdeckte Aktivitäten bekommen hat. Ich habe Anweisung, mich an weiteren Gesprächen über dieses Thema nicht zu beteiligen und solche Gespräche auch nicht mit anzuhören. Aber Sie, Agent Lennox, sollen ihn, sobald ich den Raum verlassen habe, über dieses Telefon anrufen und hören, was er zu sagen hat … Wenn Sie mich jetzt entschuldigen wollen, ich werde mich in die Bibliothek begeben, wo es eine gut bestückte Bar gibt. Falls Sie später das Bedürfnis zu einer harmlosen Plauderei mit mir haben, sind Sie mir herzlich willkommen.« Der Botschafter hinkte zur Tür, ging hinaus und schloß sie hinter sich.
Drew sprang ans Telefon. Er saß noch nicht ganz richtig, als er bereits anfing, Knöpfe zu drücken. »Wes, ich bin’s. Was soll das Theater?«
»Hat Botschafter Daniel Rutherford Courtland das Zimmer verlassen?«
»Yeah, klar, was gibt’s?«
»Für den Fall, daß dieses Gespräch bekannt werden sollte, übernehme ich, Wesley Theodore Sorenson, Direktor von Consular Operations, die volle Verantwortung für diese Maßnahme. Ich beziehe mich dabei auf Artikel 73 der Statuten für geheimdienstliche Aktivitäten in bezug auf einseitige individuelle Entscheidungen im Einsatz -«
»Hey, verdammt noch mal, das ist doch mein Text!«
»Mund halten!«
»Was soll das, Wes?«
»Stellen Sie sich ein Team zusammen, fliegen Sie nach Nürnberg und schnappen Sie sich Dr. Hans Traupmann. Kidnappen Sie den Mistkerl und bringen Sie ihn nach Paris.«
34
R obert Durbane saß an dem Schreibtisch in seinem Büro neben der abgesicherten Fernmeldezentrale. Er machte sich Sorgen. Es war mehr als ein bloßes Gefühl, denn Gefühle waren abstrakt und konnten sich auf alles mögliche gründen, angefangen bei Magenverstimmungen bis zu einem morgendlichen Streit mit der Ehefrau. Sein Magen bereitete jedoch keinerlei Probleme, und die Frau, mit der er jetzt vierundzwanzig Jahre lang verheiratet war, war immer noch seine beste Freundin. Ihr letzter Streit hatte sich um die Heirat ihrer Tochter mit einem Rockmusiker gedreht. Sie war dafür gewesen; er
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