Die Lennox-Falle - Roman
sich darzustellen.«
»Ich wußte nicht, daß wir so viel Auswahlmöglichkeiten haben.«
»Die haben wir nicht, aber das wissen die beiden nicht. Lassen Sie sie heraufkommen, Stanley.«
Captain Christian Dietz hätte, abgesehen davon, daß er etwas klein geraten war, ein Plakat der Hitlerjugend zieren können. Blond, blauäugig und mit einer Figur, um die ihn jeder Olympiateilnehmer
beneidet hätte, sah man ihm den erfahrenen Einzelkämpfer auf den ersten Blick an. Lieutenant Gerald Anthony andererseits war ebenso muskulös, aber wesentlich größer und dunkelhaarig, ein gertenschlanker Mann, bei dem man unwillkürlich an eine Bullenpeitsche denken mußte, bereit, jeden Augenblick einen tödlichen Schlag zu führen. Doch in den Gesichtern der beiden, war keine Spur von Bösartigkeit zu erkennen. Ihre Augen blickten geradezu freundlich. Und um den Kontrast noch zu steigern, waren sie, wie Witkowski schon erwähnt hatte, im Grunde genommen schüchterne Männer, die nur zögernd von ihren Leistungen in der Vergangenheit oder den Belobigungen, die sie dafür erhalten hatten, berichteten.
»Wir waren einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort«, sagte Dietz, ohne das näher zu erklären.
»Man hatte uns hervorragend vorbereitet«, fügte Anthony hinzu. »Ohne die nachrichtendienstlichen Erkenntnisse hätten die Iraker uns am Spieß geröstet, das heißt, wenn sie je gelernt hätten, wie man in der Wüste Feuer macht.«
»Dann haben Sie also im Team gearbeitet?« fragte Drew.
»Unser Radiocode lautete Alpha-Delta.«
»Sie haben den Traupmann-Bericht gelesen«, fuhr Lennox fort. »Irgendwelche Vorschläge?«
»Ein Restaurant«, sagte Lieutenant Anthony.
»Der Fluß«, sagte Captain Dietz gleichzeitig. »Ich sage, wir warten in Nürnberg, folgen ihm nach Bonn und nutzen dort den Fluß.«
»Warum ein Restaurant?« fragte Karin zu Anthony gewandt.
»Dort kann man ohne Mühe ein Ablenkungsmanöver inszenieren -«
»Das habe ich auch gesagt«, fiel sie ihm ins Wort.
»… indem man irgendwo ein Feuer anzündet«, fuhr der Lieutenant fort, »oder indem man die Leibwächter identifiziert und entweder gewaltsam oder mit Hilfe von Beruhigungsmitteln, die man ihnen ins Essen oder in die Getränke tut, bewegungsunfähig macht. Ein Feuer scheint mir wirksamer. All die flambierten Gerichte - es sollte ein Kinderspiel sein, eine Sauce auszutauschen und schon ist das ganze Lokal von Flammen erfüllt, die
zwar nur von kurzer Dauer sind, aber alle hinreichend ablenken, während wir das Subjekt in unsere Gewalt bekommen.«
»Und der Fluß?« warf Witkowski ein.
»Man könnte die Gasdüsen an den Bootswänden abdichten - das wäre nicht das erste Mal, daß wir das tun. Saddam Husseins Streifen waren alle so ausgerüstet. Dann putzt man die Kameras mit Hochgeschwindigkeitsmunition weg, das wirkt wie ein Versagen des elektrischen Systems. Das Ganze muß als Unterwassereinsatz ablaufen, außerhalb der Kamerareichweite und bevor das Boot sich dem Ufer nähert. Dann steigt man an Bord und verschwindet.«
»Noch einmal zurück zu dem Restaurantvorschlag«, sagte Lennox. »Lieutenant, warum glauben Sie, daß die Aktion besser in einem Restaurant in Nürnberg stattfinden sollte als auf dem Fluß bei Bonn?«
»Zuallererst spart das Zeit, und im übrigen kann auf dem Fluß zuviel schiefgehen. Schlechte Sicht, eine übersehene Gasdüse oder eine Kamera, die wir verfehlen - auch nur eine. Der Helikopter ist mit starken Scheinwerfern ausgestattet, und das Motorboot ist leicht zu identifizieren. So wie ich die Situation verstanden habe, würde der Feind lieber in Kauf nehmen, daß das Subjekt getötet wird - mit einer Maschinengewehrgarbe oder einer Bombe -, als daß er lebend in unsere Hände fällt.«
»Ein wichtiger Punkt«, sagte der Colonel. »Und Sie, Captain, warum glauben Sie, daß ein Restaurant keine so gute Wahl ist?«
»Ebenfalls weil zuviel schiefgehen kann, Sir«, sagte Dietz. »Eine in Panik geratene Menschenmenge behindert gute Leibwächter überhaupt nicht. Sobald das Feuer ausbricht, werden die das Subjekt umringen - und die Leibwächter, die nicht an den unmittelbar benachbarten Tischen sitzen, können Sie unmöglich unter Schlafmittel setzen, selbst wenn Sie sie identifizieren können.«
»Sie teilen also die Meinung Ihres Kollegen nicht«, sagte Karin.
»Das ist nicht das erste Mal, Ma’am. Gewöhnlich einigen wir uns irgendwie.«
»Aber Sie sind sein Vorgesetzter«, sagte Witkowski.
»Wir achten nicht
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