Die Lennox-Falle - Roman
Man hat mir gesagt, wo ich hin muß. Übrigens, ich muß morgen wieder abreisen, gleich bei Tagesanbruch. Ich nehme an, Sie wissen das.«
»Ja, das ist mir bekannt. Die Windverhältnisse sind dann am günstigsten.«
»Schlimmer könnten sie nicht sein.« Der Doktor kletterte aus dem Seitenwagen, und der Pilot brauste davon, während sein Passagier auf die Tür zuging, zu der darüber angebrachten Kamera aufblickte, und den runden, schwarzen Knopf auf der rechten Seite drückte.
Eine halbe Minute später öffnete ein etwa vierzigjähriger Mann in weißer Krankenhauskleidung die Tür. »Hans Traupmann, schön dich wiederzusehen«, sagte er begeistert. »Seit deinem Vortrag in Nürnberg sind schon einige Jahre vergangen. Willkommen!«
»Vielen Dank. Ich wollte, man könnte auf weniger beschwerliche Weise hierher kommen.«
»Den Weg über den Berg würdest du sicherlich noch anstrengender finden. Er ist endlos, und die Schneedecke wird alle paar hundert Meter höher. Geheimhaltung hat ihren Preis. Komm, trink einen Schnaps, entspann dich ein paar Minuten, und wir unterhalten uns ein wenig. Dann wirst du sehen, was wir hier für Fortschritte gemacht haben. Ich kann dir sagen, es ist atemberaubend!«
»Wir können uns ja unterhalten, während ich beobachte«, erwiderte der Besucher. »Ich habe ein längeres Gespräch mit von
Schnabe, nicht gerade eine erfreuliche Aussicht - und ich möchte, so schnell ich kann, möglichst viel erfahren. Er wird mich nach meiner Meinung fragen und mich verantwortlich machen.«
»Warum darf ich nicht an dem Gespräch teilnehmen?« fragte der jüngere Arzt ein wenig gereizt, während die beiden im Vorraum der Klinik Platz nahmen.
»Er meint, du seist zu schnell begeistert, Gerhard. Er bewundert deinen Enthusiasmus zwar, vertraut ihm aber nicht.«
»Mein Gott, wer versteht denn von dem Prozeß mehr als ich? Ich habe ihn schließlich entwickelt! Bei allem Respekt, Hans, das ist mein Spezialbereich, nicht deiner.«
»Das weiß ich, und das weißt du, aber unser General ist kein Mediziner und versteht das nicht. Ich bin Neurochirurg und habe mir einen gewissen Ruf für Schädeloperationen erworben, deshalb stützt er sich auf diesen Ruf und nicht auf die eigentliche Erfahrung. Du mußt mich also überzeugen … Wie ich den mir zugänglichen Informationen entnehme, ist es nach deiner Ansicht theoretisch möglich, den Denkprozeß ohne Drogen oder Hypnose zu verändern - eine Theorie, die mich ein wenig an Science-Fiction erinnert, aber das waren schließlich Herz- und Lebertransplantationen vor gar nicht so vielen Jahren auch. Wie geschieht es denn tatsächlich?«
»Du hast deine Frage eigentlich schon selbst beantwortet.« Gerhard Kröger lachte, und seine Augen funkelten freudig. »Du brauchst nur das ›trans‹ wegzustreichen und statt dessen ›im‹ einzufügen.«
»Implantation?«
»Du implantierst doch Stahlplatten, oder nicht?«
»Natürlich, zum Schutz.«
»Das habe ich auch gemacht … Du hast schon Lobotomien durchgeführt, oder?«
»Natürlich. Um elektrischen Druck zu mildern.«
»Das war gerade das nächste Zauberwort, Hans. ›Elektrisch‹ wie in elektrische Impulse, die elektromagnetischen Impulse des Gehirns. Ich nehme einfach eine Mikrokalibrierung vor und zapfe diese Impulse mit einem Objekt an, das im Vergleich zu einer Stahlplatte geradezu mikroskopisch klein ist, so klein,
daß es auf einer Röntgenaufnahme nur als Schatten erscheinen würde.«
»Und was ist das für ein Objekt?«
»Ein Computerchip, der exakt auf die elektrischen Impulse des Gehirns des jeweiligen Individuums abgestimmt ist.«
»Ein was …?«
»In wenigen Jahren wird psychologische Indoktrinierung der Vergangenheit angehören. Gehirnwäsche wird dann ein alter Hut sein!«
»Wie bitte?«
»Im Laufe der letzten neunundzwanzig Monate habe ich mit zweiunddreißig Patienten experimentiert - sie operiert - häufig fünf von ihnen in jeweils verschiedenen Entwicklungsstadien -«
»Das hat man mir auch gesagt«, unterbrach ihn Traupmann. »Patienten, die man euch zur Verfügung gestellt hat aus Gefängnissen und allen möglichen anderen Institutionen.«
»Sorgfältig ausgewählt, Hans, alle männlichen Geschlechts und mit überdurchschnittlicher Intelligenz und Bildung. Soweit es sich um Gefängnisinsassen handelte, hatte man sie wegen Straftaten wie Unterschlagung oder Dokumentenfälschung und dergleichen verurteilt. Also Verbrechen, die Sachverstand und Scharfsinn erforderten, nicht etwa
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