Die Lennox-Falle - Roman
ihm auf einer Bank döste.
»Kennen Sie ihn?« flüsterte Dietz Adrienne in französischer Sprache ins Ohr.
» Non, monsieur . Er ist neu. Ich habe ihn zwar schon gesehen, aber das ist alles.«
»Wissen Sie, ob er Deutscher oder Franzose ist?«
»Ganz bestimmt Deutscher. Fast alle Wachen sind Deutsche, aber viele sprechen Französisch, die Gebildeteren zumindest.«
»Ich werde jetzt etwas tun, was Sie wahrscheinlich erschrecken wird, aber ich möchte, daß Sie ganz ruhig und gelassen bleiben, haben Sie verstanden?«
»Was werden Sie tun?«
»Es wird ein großes, helles Feuer geben, aber es wird nicht lange dauern. Das war die Idee des Colonel.«
»Le colonel?«
»Der Große, der Deutsch spricht.«
»Oh, oui! Und was ist das?«
»Das nennt sich Blendgranate«, sagte Dietz und holte ein kleines Papprohr aus seiner rechten Tasche und zündete die Zündschnur hinter vorgehaltener Hand mit einem Streichholz an. Er spähte um das Treppengeländer herum, wartete kurz, dabei die Zündschnur scharf im Auge behaltend, und warf die Blendgranate dann an der Wache vorbei die schmale Treppe hinauf. Der Neonazi zuckte zusammen, als er hörte, wie etwas an ihm vorbeiflog und auf den Boden fiel; ehe er richtig begriffen hatte, was vor sich ging, gab es eine Explosion und einen grellen, weißen Flammenschein, der ihn blendete. Er stieß einen Schrei aus, und der Posten hinter ihm fuhr in die Höhe; er zeichnete sich deutlich vor den grellen Flammen ab. In seiner Panik gab er ein paar Schüsse aus seiner Automatik ab, die ins Treppenhaus peitschten.
Adrienne stieß einen Schmerzensschrei aus; sie war am Bein getroffen worden. Dietz zog sie zurück, während Monlucs Adjutant, den Agent Zwei immer noch festhielt, aufstöhnte und dann verstummte. Der Kopf fiel ihm nach vorne; eine Kugel hatte ihn in den Schädel getroffen. Dietz schob seine Waffe um das Treppengeländer herum und jagte einen Feuerstoß nach oben. Die zweite Wache wurde herumgerissen, drehte sich um die eigene Achse und fiel schließlich auf die Leuchtbombe. Überall quoll schwarzer Rauch, als Dietz das junge Mädchen an den Beinen packte, sie sich über die Schultern legte und die Treppe hinaufeilte.
»Bringen Sie diesen Mistkerl rauf!« befahl er agent Zwei in französischer Sprache.
» Il est mort, mon capitaine. «
»Seine Zukunft ist mir scheißegal, ich will bloß seine Hand, und die ist hoffentlich noch nicht kalt.«
Sie rannten nach links, Dietz mit Adrienne über der Schulter, der Franzose den Nazi neben sich herschleifend. Wenige Sekunden später hatten sie die bogenförmige Öffnung in der Mauer erreicht. Lennox, Witkowski und Nummer Eins erwarteten sie bereits. Dietz ließ das Mädchen vorsichtig zu Boden; es war bewußtlos.
»Ziemlich häßlich«, sagte der Colonel, nachdem er sich die Wunde angesehen hatte, »aber die Blutung ist nur schwach.« Er riß seine Würgeschlinge aus dem Gürtel und legte dem Mädchen eine provisorische Adernpresse an. »Das sollte eine Weile halten.«
Eins und Zwei hatten inzwischen den toten Nazi dicht neben einer schwach beleuchteten Vertiefung an die Wand gedrückt. Dabei handelte es sich vermutlich um den elektronischen Scanner, in den man die Hand einschieben mußte. Wenn der Handabdruck einem gespeicherten Muster entsprach, würde sich die dicke Stahltür vermutlich öffnen. Falls der Abdruck nicht paßte, würde in den mächtigen Gewölben dahinter ein Alarm ausgelöst werden.
»Fertig, Monsieur?« fragte Zwei und griff nach der leblosen rechten Hand des Neonazis.
»Augenblick!« sagte Lennox. »Was ist, wenn er Linkshänder ist?«
»Was?«
»Die Photozellen würden den Abdruck nicht anerkennen, und dann wird der Alarm ausgelöst. So funktionieren diese Dinger.«
»Wir können ihn aber schlecht wecken und fragen, Monsieur.«
»Diese Zigarettenspitze - er hatte sie in der linken Hand … sehen wir in seinen Taschen nach.« Sie durchsuchten die Taschen des Toten. »Münzen und Geldspange - linke Hosentasche«, fuhr Drew fort, »Zigaretten linke Jackentasche; zwei Kugelschreiber, rechte Innentasche der Jacke, und das ist ein maßgefertigter Anzug, keiner von der Stange.«
»Ich verstehe nicht -«
»Linkshänder greifen nach rechts in die Tasche, um einen Stift herauszuholen, so wie ein Rechtshänder wie ich nach links greift. Das ist einfacher so.«
»Und Ihre Entscheidung, Monsieur?«
»Ich muß mich auf mein Gefühl verlassen«, sagte Lennox und atmete tief durch. »Ziehen Sie ihn auf die andere
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