Die Lennox-Falle - Roman
vor, daß Sie weiterhin
und bis das Gegenteil bewiesen ist, davon ausgehen, daß sie stimmen.«
»Wenn ich das richtig verstehe, sagen Sie, daß diese Leute alle so lange schuldig sind, bis ihre Unschuld erwiesen ist.«
»Wir führen hier keine juristische Diskussion, Sir, wir sprechen von der schlimmsten Seuche, die diese Welt je erlebt hat, und da nehme ich die Schwarze Pest nicht aus. Jetzt ist keine Zeit für juristische Spitzfindigkeiten. Wir müssen diesem Unheil jetzt ein Ende machen.«
»Und was ist mit den Namen, die wir haben?« fragte Courtland leise. »Den Namen von Männern und Frauen, die so hohes Ansehen genießen, daß niemand auch nur im entferntesten auf den Verdacht kommen könnte, daß sie ein Teil dieses Wahnsinns sind. Wie sollen wir das anstellen? Wie macht man das?«
»Mit Leuten wie mir, Mr. Ambassador. Männern und Frauen, die es gelernt haben, anderen die Maske abzureißen und zur Wahrheit vorzudringen.«
»Das klingt alles andere als erfreulich, Lennox. Wessen Wahrheit?«
» Die Wahrheit, Courtland!«
»Wie bitte?«
»Verzeihen Sie - Mr. Courtland, oder Mr. Ambassador. Die Zeit für diplomatische - oder moralische - Feinheiten ist jetzt vorbei! Wenn es nach denen gegangen wäre, läge ich jetzt von Kugeln zerfetzt irgendwo in einer Leichenhalle. Diese Mistkerle nehmen keine Rücksicht, sie kämpfen mit harten Bandagen.«
»Ich glaube, ich habe durchaus begriffen, was Sie hinter sich haben -«
»Versuchen Sie einmal, sich in meine Lage zu versetzen, Sir. Versuchen Sie sich auszumalen, daß Ihr Bett von einem Feuerstoß aus einer Maschinenpistole in Fetzen gerissen wird und Sie sich gegen die Wand pressen und sich fragen, ob die nächste Kugel vielleicht Sie trifft. Das hier ist ein Krieg - ein Krieg im Untergrund, das räume ich ein, aber trotzdem Krieg.«
»Wo würden Sie anfangen?«
»Ich weiß, wo ich anfangen würde, aber ich möchte zuerst Harrys Namensliste hier in Frankreich vor mir liegen haben,
während Moreau und ich uns um die andere Liste kümmern, die wir bereits haben.«
»Das Deuxième hat noch keine Vollmacht, gegen irgendwelche denkbaren französischen Kollaborateure vorzugehen.«
»Was?«
»Sie haben mich schon verstanden. Ich frage noch einmal. Wo würden Sie anfangen?«
»Mit dem Namen des Mannes, der das Auto gemietet hat, das unser berühmter, wenn auch ein wenig durchgedrehter Schauspieler nördlich des Pont Neuf identifiziert hat.«
»Hat Moreau Ihnen diesen Namen genannt?«
»Natürlich hat er das. Der Wagen an der Avenue Montaigne, den Bressard gerammt hat, war gestohlen. Er stammte aus Marseille. Aber den Mann mit dem Mietwagen haben wir, er wird heute nachmittag um vier an seinem Schreibtisch sitzen. Wir werden ihn zum Reden bringen, und wenn wir dazu seine Eier in einen Schraubstock klemmen müssen.«
»Sie können nicht mit Moreau arbeiten.«
»Was soll das jetzt wieder heißen? Warum nicht?«
»Weil Moreau auf Harrys Liste steht.«
7
A ls Drew sein Büro verließ und über die Wendeltreppe in die Eingangshalle der Botschaft und dann durch das bronzene Eingangsportal auf die Avenue Gabriel hinausging, war er immer noch wie benommen. Er bog nach rechts und ging auf die Brasserie zu, in der er und Karin de Vries sich zum Mittagessen verabredet hatten. Er war nicht nur benommen, er war auch wütend! Courtland hatte es abgelehnt, sich näher zu der verblüffenden Aussage zu äußern, daß Claude Moreau, Chef des Deuxième Bureau, auf »Harrys Liste« stand. Er ließ die erschütternde Erklärung einfach in der Luft hängen und tat Lennox’ Protest mit den Worten ab. »Sonst ist dazu nichts zu sagen. Lassen Sie sich Moreau gegenüber nichts anmerken, aber geben Sie ihm keinerlei Informationen. Rufen Sie mich morgen an und sagen Sie mir, was geschehen ist.« Dann hatte der Botschafter aufgelegt.
Moreau ein Neonazi? Das war etwa ebenso glaubwürdig, als wenn jemand behauptet hätte, De Gaulle habe im Zweiten Weltkrieg mit den Deutschen sympathisiert! Drew war nicht dumm und wußte sehr wohl um die Existenz von Maulwürfen und Doppelagenten, aber einen Mann wie Moreau ohne Überprüfung in eine solche Kategorie einzureihen, war einfach lächerlich.
» Monsieur! « rief ihn eine Stimme aus einem Wagen an; das Fahrzeug vom Deuxième hielt offensichtlich mit ihm Schritt. » Entrez, s’il vous plaît! «
»Ich gehe nur ein Stück zu Fuß«, rief Drew zurück und wich dabei ein paar Fußgängern aus, um näher an den Straßenrand zu kommen. »Wie
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