Die Lennox-Falle - Roman
ergebener Anhänger unserer Bewegung - es gibt nur wenige unter
uns, die imstande gewesen wären, unser Tal zu finden, aufzubauen und zu leiten -, das waren seine ganz großen Stärken. Im ärztlichen Sinne hingegen war er, ist er, ein höchst intelligenter Psychopath, die Art von Person, die eine Bewegung wie die unsere braucht, ganz besonders im Anfangsstadium. Später werden sie natürlich ersetzt. Das war der Irrtum des Dritten Reiches; sie glaubten an ihre falschen Titel, lebten sie aus und setzten sich über die echten Generäle hinweg, die den Krieg vielleicht gewonnen hätten, wenn sie zum rechten Zeitpunkt die Invasion Englands gestartet hätten. Wir werden derartige Fehler nicht machen.«
»Und was tun wir jetzt?«
»Wir haben arrangiert, daß Schnabe heute nacht in seiner Zelle erschossen wird. Der Attentäter wird eine Schalldämpferpistole benutzen. Das ist nicht schwierig, es gibt genügend Arbeitslose, selbst in der Welt des Verbrechens. Es muß geschehen, ehe sein Verhör beginnt, ganz besonders, bevor man Amytal einsetzt.«
»Und Marktroda?«
»Gehört jetzt dir. Was uns Sorge macht, was unserem Führer in Bonn Sorge macht, ist Ihr computerisierter Roboter in Paris. Wann, um Himmels willen, wird er sterben?«
»Ein Tag noch, höchstens drei. Viel länger steht er das nicht durch.«
»Gut.«
»Entschuldige, Hans, aber es ist durchaus möglich, daß es buchstäblich zu einer Explosion in seinem Hinterkopf kommt.«
»Wo dein Implantat untergebracht ist?«
»Ja.«
»Dann müssen wir ihn finden, ehe es dazu kommt. Wenn die einen Roboter entdecken, werden sie glauben, daß es Tausende davon gibt!«
»Das habe ich meiner Frau auch gesagt.«
»Und was meint Greta dazu?«
»Sie ist ganz meiner Ansicht«, erwiderte Kröger, während seine Frau aufstand und heftig den Kopf schüttelte. »Ich muß nach Paris fliegen und mich dort mit unseren Leuten treffen. Zuerst mit den Blitzkriegern; die haben irgend etwas nicht verstanden. Und dann mit unserem Mann in der amerikanischen Botschaft
; wir müssen uns Klarheit über das verschaffen, was er über die Antineos weiß. Und schließlich mit unserem Mann im Deuxième Bureau. Der fängt an zu wackeln.«
»Sei mit Moreau vorsichtig. Er ist einer von uns, aber er ist auch Franzose. Wir wissen wirklich nicht, auf welcher Seite er steht.«
12
D rew Lennox, der jetzt zu seinem Bruder Harry geworden war, wartete im Schatten des Trocadéro hinter der Statue von König Heinrich dem Unschuldigen und hielt ein Nachtsichtglas an die Augen gepreßt. Fast hundert Meter entfernt auf der anderen Seite des Platzes warfen die Statuen von Ludwig XIV. und Napoleon I. tiefe Schatten. Er befand sich an dem mit Karin de Vries verabredeten Treffpunkt, wo ausgewählte vertrauliche Papiere aus dem Büro seines »toten Bruders« an ihn geliefert werden sollten. Es war fast dreiundzwanzig Uhr, und Drew Lennox war froh, daß es eine Vollmondnacht war.
Zwei Männer stiegen aus einer schwarzen Limousine, die am Randstein zum Halten gekommen war. Sie trugen dunkle Straßenanzüge und gingen jetzt jeder mit einem Aktenkoffer in der Hand, in dem sich vermutlich die Papiere befanden, die er aus dem Schreibtisch seines »Bruders« angefordert hatte, auf den Treffpunkt zu. Sie waren Neonazis, denn von Karin de Vries war keine Codemitteilung gekommen. Ihr Telefon in der Botschaft war also angezapft.
Drew mischte sich unter die Passanten, von denen die meisten Touristen mit Kameras waren, deren Blitzlichter immer wieder aufflammten. Drew hatte die Revers seines Jacketts hochgeschlagen und sein Gesicht halb unter einer schwarzen Schildmütze verdeckt, während er sich von einer Gruppe zur nächsten voranarbeitete, bis er nur noch fünfzehn Meter vom Treffpunkt entfernt war. Er studierte die beiden Männer zwischen den zwei imposanten Statuen; sie waren ruhig und ebenso unbewegt wie die Monumente, bloß ihre Köpfe bewegten sich gelegentlich. Erschrocken stellte Lennox fest, daß er sich inmitten einer Gruppe japanischer Touristen befand, die alle viel kleiner waren als er. Aus der entgegengesetzten Richtung näherte sich jetzt eine Schar von Schaulustigen, bei denen es sich der Sprache nach zu schließen offenbar um Deutsche handelte. Aber vielleicht war das auch ein gutes Omen, dachte Drew, der die zwei falschen
Kuriere, die jetzt keine drei Meter mehr von ihm entfernt waren, nicht aus den Augen ließ. Der Augenblick zum Handeln war jetzt gekommen, aber Lennox wußte noch nicht so recht,
Weitere Kostenlose Bücher