Die Leopardin
hatte ein
neues Pferd erworben, weià mit schwarzen Flecken, wie Mehlpudding. Und
da sie das gerade erwähnte â sie hatte ein wundervolles Rezept
entdeckt, um Früchte für SüÃspeisen einzuwecken. Renard drehte das
Pergament um und starrte in wachsendem Widerstreben auf die zweite, eng
mit Trivialitäten beschriebene Seite, über die er stöhnend seinen Blick
gleiten lieÃ.
Erst beim letzten Drittel hielt er inne.
Die Schilderung eines Turniers, das Eleanor besucht hatte, und die
Liste der Teilnehmer las er etwas genauer.
»⦠Ranulf
de Gernons machte seine Sache recht gut. Aber ich mag ihn nicht. Er
starrt mich an, als wäre er ein Wolf und ich ein Schaf, das er
verschlingen will. Mit seinem Bruder William de Roumare, den ich
ebensowenig ausstehen kann, ist er oft zusammen. Angeblich wollen sie
ihre Ländereien vereinen, um eine ungebrochene Linie von Ost nach West
zu ziehen. Dein Vater meint, das wäre schlecht für Caermoel und
Woolcot, von Ravenstow gar nicht zu reden. Alle drei stehen den Plänen
der beiden Brüder im Weg. Der Schafwollertrag in diesem Jahr war
hervorragend. Ich habe zwei neue Böcke für die Woolcot-Herde
gekauft â¦Â«
Seufzend hob Renard den Kopf und kniff
sich in den Nasenrücken. Ranulf de Gernons. Graf von Chester und Herr
der ganzen Welt â wenn er das irgendwie erreichen könnte ⦠An
seiner Grenze lagen Eleanors Land und Caermoel, der nördliche Teil des
Gebiets, das dem Grafen von Ravenstow gehörte.
Blicklos
starrte Renard auf die Stadt hinab. Sollte es de Gernons gelingen,
Caermoel zu erobern, würde er sich Harrys kleines Anwesen in Oxley
mühelos aneignen, nach Woolcot vorrücken und schlieÃlich nach
Ravenstow, zum Zentrum der Grafschaft. »Nein«, flüsterte er in die
heiÃe, von Thymianduft erfüllte Luft. Gorvenal wandte sich zu ihm und
beobachtete ihn mit seinen groÃen, blanken Augen.
Renard
nahm zur Kenntnis, daà Eleanor den Brief als seine âºliebende, gehorsame
künftige Gemahlin⹠unterzeichnet hatte. Er legte ihn beiseite, streckte
sich im Gras aus, verschränkte die Hände unter dem Kopf, um
nachzudenken â und schlief ein.
Einige Stunden
später weckten ihn die Stimmen von Pilgern, die zur Grotte
emporstiegen, und Gorvenals schnaubende Nüstern in seinem Gesicht. Die
sinkende Sonne verwandelte den Orontes in einen Strom aus flüssigem
Gold. Renards Wangen brannten, da der Schatten längst weitergewandert
war â ein unverzeihlicher Leichtsinn, wenn man bedachte, wie lange
er schon in der Hitze des nördlichen Syriens lebte.
Er
ritt in die Stadt hinab und kehrte durch den Garteneingang zu seiner
Villa zurück. Sonnenstrahlen sickerten durch das Laub der
Zitronenbäume, die ersten Abendbrisen raschelten in den Zypressen und
wehten den Duft des Lavendels heran, der auf den Mauern wuchs. Der
Hengst steuerte sofort den Steinbrunnen an, um zu trinken. Renard stieg
ab und spritzte sich kaltes Wasser ins erhitzte Gesicht.
Plötzlich
spitzte das Pferd die Ohren und wandte den Kopf. Die Augen voller
Wasser, ahnte Renard nichts von der drohenden Gefahr, bis er die Klinge
an seinen Rippen spürte. Entsetzt hielt er die Luft an. In der Levante
galt heimtückischer Mord keineswegs als unübliche Todesart.
Die
Dolchspitze bohrte sich in seine Haut, aber ohne sie zu durchdringen,
und er atmete erleichtert auf. Langsam drehte er sich um.
»Dein
Glück, daà ich kein Haschischin bin«, sagte Olwen verächtlich und
senkte die Waffe. »Du solltest besser aufpassen. Da, das ist dein
Dolch.« Wortlos nahm er sein Eigentum entgegen, und sie fügte höhnisch
hinzu: »AuÃerdem hast du in der prallen Sonne gelegen.«
»Ich
bin eingeschlafen«, gestand er und tastete nach seiner Scheide, wo
Olwens Dolch steckte. Sie setzte sich auf den Brunnenrand, hielt eine
Hand ins Wasser und griff mit der anderen nach ihrer Sarazenerwaffe.
Nachdem Renard sich von seinem Schrecken erholt hatte, musterte er sie
kühl. »Du wolltest also diesen Austausch vornehmen. Verrätst du mir,
warum du sonst noch hier bist?«
Herausfordernd schüttelte sie ihre blonde Mähne. »Was glaubst du wohl?«
»Weil eine Viertelmark eine unwiderstehliche Summe ist? Oder erwartest du etwas anderes von mir?«
Sie begann, ihr Kleid am Ausschnitt zu öffnen und lächelte ihn an. »Vielleicht erwartest du etwas von
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