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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chadwick Elizabeth
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Ranulf von
Chester gehörte.

A CHTES K APITEL
    Stöhnend
warf Renard den Federkiel auf die gestapelten Pergamente, die neben ihm
auf dem Tisch lagen, und rieb sich die Augen. Vor dem Kamin döste ein
Hund. Nun hob er den Kopf, sein Schwanz klopfte auf den Boden.
    Renard
schnippte mit den Fingern, streckte die Hand aus, und das Tier trottete
heran, um daran zu schnuppern. Er streichelte das dichte graue
Fell â€“ eine tröstliche Abwechslung von der schwierigen Aufgabe
herauszufinden, welcher Vasall der Grafenfamilie in welchem Umfang und
zu welchem Zeitpunkt militärische Dienste schuldete, oder den während
der Ernte unvermeidlichen Soldatenmangel auszugleichen. Letztere war so
gut wie unmöglich. Manche Lehnsmänner nahmen sich an Williams Methode
ein Beispiel und schickten ihre unfähigsten Leute nach Ravenstow.
    Dumpfe
Kopfschmerzen pochten hinter seiner Stirn. Es war Mitternacht, alle
außer Renard und dem Hund schliefen. Und bei Tagesanbruch mußte er
wieder aufstehen, um an der Spitze des Spähtrupps auszureiten. Später
konnte er diese Aufgabe einem vertrauenswürdigen Stellvertreter
übertragen. Aber vorerst mußte er seine Führungsposition im Kreis der
Männer festigen, die ihn nicht kannten oder immer noch für einen
leichtsinnigen Jungen hielten. Immerhin hatte er in seinem bisherigen
Leben nichts weiter getan, als auf Kosten des Grafen in fernen Ländern
das Christentum zu verfechten. Mit schönen Worten wollte er keine Zeit
vergeuden, Taten sprachen eine viel deutlichere Sprache, wenn sie ihn
auch ermüdeten.
    Er zauste noch einmal das Hundefell,
griff quer über den Tisch nach dem Krug und goß noch etwas von dem
belanglosen normannischen Wein in seinen Becher. Dann zog er seufzend
ein leeres Pergament zu sich heran und schrieb die Ergebnisse seiner
Berechnungen nieder, die Constable FitzBrien wohl kaum widerspruchslos
hinnehmen würde. Unstimmigkeiten und harte Verhandlungen waren
unvermeidlich. Wenigstens, überlegte Renard, wird meine Hochzeit mit
Eleanor allen Vasallen eine Gelegenheit bieten, ihre Meinungen
auszusprechen, sich neue zu bilden, ihre Pflicht und Schuldigkeit zu
tun.
    Der Hochzeitstag, der erste November, war bereits
festgelegt. Adam hatte seine Frau von Woolcot abgeholt, der Braut einen
Brief überreicht und deren Antwort nach Ravenstow gebracht â€“
diesmal ein kurzes, präzises Schreiben, das Eleanors Einverständnis mit
dem Termin zum Ausdruck brachte und Renard in der Heimat willkommen
hieß. Die Handschrift war ein bißchen zittrig, die Tinte da und dort
auf das Pergament getropft. Ob Freude, Nervosität oder Angst
dahintersteckten, wußte er nicht, und im Augenblick kümmerte es ihn
auch herzlich wenig, wie er sich eingestand.
    Die Stirn
in der Hand, stützte er den Ellbogen auf den Tisch und schrieb weiter.
Der Hund knurrte leise. »Still, Cabal!« befahl Renard und konzentrierte
sich mühsam. Ein Schatten glitt durch das Kerzenlicht. Verwirrt blickte
er auf.
    Â»Darf ich?« Ohne eine Antwort abzuwarten,
ergriff Olwen den Becher und nahm einen Schluck Wein. In hellen langen
Wellen fiel ihr Haar, vom Schlaf zerzaust, über das nur lose
zugebundene Nachthemd. Im Ausschnitt zeigten sich eine seidige Schulter
und ein sanft gewölbter Busenansatz. Sie setzte sich auf die Tischkante
und neigte sich vor, um ihm noch tiefere Einblicke zu bieten.
    Renard legte die Feder beiseite, schob das Tintenfaß vorsichtig aus Olwens Reichweite und musterte sie müde. »Was willst du?«
    Â»Kannst
du's nicht erraten?« Der Wein glänzte auf ihren Lippen, und sie leckte
darüber. Renard versuchte, sie so lange anzustarren, bis sie
wegschaute, doch das konnte er nicht. Er senkte die Augen, die sich
prompt auf ihre Brüste richteten. »Du gehst mir aus dem Weg«, klagte
sie.
    Â»Ich â€¦Â« Er räusperte sich und begann noch
einmal von vorn. »Ich war sehr beschäftigt. Und ich kann nicht so
einfach das Frauengemach betreten, wie du hierhergekommen bist. Diese
höfliche Rücksichtnahme bin ich meinen Eltern schuldig«, fügte er in
scharfem Ton hinzu. »Aber von solchen Dingen verstehst du wohl nichts.«
    Sie
warf ihm einen gelangweilten Katzenblick zu. »Nein«, bestätigte sie
gähnend und glitt vom Tisch, um sich neben ihn auf die Bank zu setzen.
»Aber von anderen Dingen verstehe ich sehr viel. Zum Beispiel weiß ich,
daß du vorgibst, mich nicht zu

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