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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chadwick Elizabeth
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haltet, Mylord â€¦Â« Der Verwalter, von Guyons
erhobener Hand unterbrochen, folgte dem Blick seines Herrn zum
Torbogen. »Oh â€¦Â«
    Â»In der Tat â€“ oh«, murmelte
Guyon und befahl einer Dienerin, Olwen hereinzubitten und ihr ein
Frühstück aus der Küche zu holen.
    Mit den anmutigen,
wiegenden Schritten einer geübten Tänzerin ging Olwen zu den beiden
Männern und sank auf den Stuhl, den der Verwalter ihr hinstellte. Kühl
nickte er ihr zu.
    Guyon wußte hinter menschliche
Fassaden zu schauen und sah den raschen Pulsschlag an ihrem Hals, das
Zittern der Hände, ehe sie im Schoß ineinandergeschlungen wurden. Sie
trug dasselbe blaue Seidenkleid wie am Vorabend bei der Mahlzeit, und
es stand ihr großartig. Aber Seide war ein Stoff für den Hochsommer
oder wärmere Klimazonen, und Olwen mußte sich offenbar sehr
zusammennehmen, um nicht zu erschauern.
    Â»Ihr solltet
näher ans Feuer rücken, Kindchen«, riet Guyon und machte ihr Platz.
Nachdem die Dienstmagd das Frühstück serviert hatte, befahl er ihr,
einen Umhang zu bringen. Während Olwen zu essen begann, machte er
Konversation. »An unser Wetter werdet Ihr Euch erst noch gewöhnen
müssen.«
    Â»Das wird mir sicher gelingen, Mylord.« Ihre
enge Kehle, von Nervosität wie zugeschnürt, hinderte sie nicht daran,
mit gutem Appetit zu essen â€“ eine Fähigkeit, die sie sich während
des langjährigen Lebens von der Hand in den Mund angeeignet hatte.
    Guyon
strich sich übers Kinn und fragte sich, was er von ihr halten sollte.
Wie er wußte, sorgte sich Judith wegen des Einflusses, den das Mädchen
auf Renard ausübte. Sie überlegte, ob es besser wäre â€“ den Dingen
ihren Lauf zu lassen oder sich einzumischen. Eine schwierige
Entscheidung angesichts dieser geheimnisvollen Schönheit und eines
Sohnes, der sich in vierjähriger Abwesenheit vom jungen Burschen zum
Mann entwickelt hatte â€¦
    Â»Solange sie hier ist, muß
sie bei den anderen unverheirateten Frauen schlafen«, hatte Judith
grimmig erklärt, als sie am letzten Abend zu Bett gegangen waren.
»Renard wird gewisse Anstandsregeln befolgen â€“ und wenn ich ihn
festbinden oder bewußtlos schlagen muß!«
    Die Dienerin
kehrte mit einem Umhang aus kariertem Waliser Wollstoff zurück. Sie
reichte ihn Olwen, die ihn um ihre Schultern legte, ehe sie ihr
Frühstück beendete. Dann schaute sie sich in der großen Halle um. Guyon
bemerkte den suchenden Blick und erklärte: »Mein Sohn ist nicht hier.
Er ist bei Tagesanbruch mit einem Spähtrupp weggeritten.« Als sie den
Umhang fester um ihren Körper wickelte und die Lippen zusammenpreßte,
empfand er Mitleid. »Wir sollten wärmere Kleidung für Euch beschaffen.
Begleitet mich nach oben ins Nähzimmer, die Gräfin wird sehen, was wir
anzubieten haben.« Er beauftragte die Dienerin, Judith zu holen, und
stand auf.
    Sein Verwalter beobachtete ihn skeptisch.
Die Gräfin hatte ihren Gemahl vors Kaminfeuer verfrachtet. Sicher würde
sie sich ärgern, weil er jetzt wegging, und ungerechterweise dem
Mädchen die Schuld daran geben.
    Olwen folgte dem alten
Mann die gewundene Treppe hinauf. Neben einem Fenster blieb er stehen,
um Atem zu schöpfen, und obwohl er kaum sprechen konnte, gab er vor, er
wolle ihr die Aussicht zeigen. Sie blickte über die Äcker hinweg zum
dunklen Wald und den Waliser Bergen, die dahinter aufragten. Der Geruch
feuchter Steinmauern drang ihr in die Nase. Welch ein Unterschied zur
staubigen Hitze von Antiochien. »Dieses ganze Land gehört Euch?« fragte
sie nach einer Weile, denn sie wollte herausfinden, was Renard einmal
erben würde.
    Â»Die Berge sind manchmal walisisch,
manchmal normannisch«, erwiderte Guyon keuchend. »Derzeit sind sie
beides. Graf Ranulf von Chester besitzt den gesamten normannischen Teil
abgesehen von meinem Caermoel.« Er stützte einen Ellbogen auf das
steinerne Fenstersims und preßte den anderen Arm an die schmerzenden
Rippen. »Was Ihr nun seht, würde er sich auch gern aneignen. Deshalb
ist Renard mit dem Spähtrupp ausgeritten.«
    Â»Graf Ranulf von Chester?« wiederholte sie. »Ist das Euer Feind?«
    Er
schnaufte verächtlich. »Jeder, der ihm im Weg steht, ist sein Feind.
Wir vertrugen uns nie besonders gut mit ihm, lebten aber bisher
einigermaßen friedlich nebeneinander. Nun verleiht ihm der

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